Zwei Frauen unterhalten sich per Video-Chat.
Kontakte sollte man auch während der Pandemie pflegen. © Drazen Zigic / iStock / Getty Images Plus

Psychologie | Verhaltenstipps

CORONA-LOCKDOWN: „ES IST EIN ENDLICHER PROZESS UND KEIN DAUERZUSTAND“

Die Corona-Pandemie bringt viele von uns an ihre Grenzen. Der zweite Lockdown erinnert an den ersten im Frühjahr: Für den einen war er die Vorhölle mitsamt existenzieller Verunsicherung, für andere das reinste Entschleunigungsparadies. Psychologen geben Tipps für den Umgang mit der erzwungenen Alltagsbeschränkung.

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Deutschland erlebt gerade ein Déjà-vu. Nur, dass es sich um keine Erinnerungstäuschung handelt: Das, was in den kommenden Wochen und Monaten auf uns zukommen mag, ist uns bereits vertraut. Freizeiteinrichtungen und Gastronomie sind geschlossen, Feiern mit vielen Leuten ist nicht mehr angesagt – und davon sind auch Hochzeiten und Großmutters 90. Geburtstag betroffen.

Die soziale Isolation macht manchen Menschen besonders zu schaffen: Sie triggert Ängste und depressive Verstimmungen. „Die vergangenen Monate waren für die Menschen bereits sehr erschöpfend. Die bekannte und vertraute Normalität lässt länger auf sich warten als zu Anfang gedacht. Gleichzeitig hat die Erholungspause im Sommer nicht lange angehalten. Das zehrt an den Kräften“, sagt der Psychologe und Bestsellerautor Stephan Grünewald.

Ziemlich hart sei auch, dass sich die allermeisten Menschen in den vergangenen Monaten vernünftig verhalten hätten – und nun das Gefühl haben, bestraft zu werden. „Sie verhalten sich ähnlich, wie sie sich im Sommer verhalten haben“, sagt Grünewald. „Allerdings herrschen aktuell andere Bedingungen: Die Kälte arbeitet dem Virus in die Hände, Erfolgserlebnisse bleiben aus.“

Die einen finden den Lockdown gut, weil er ihnen im Homeoffice Entschleunigung des Arbeitsalltags bietet. Die anderen leiden unter Hausunterricht und räumlicher Enge. Wie schafft man es, angesichts der steigenden Fallzahlen und den damit verbundenen Einschränkungen den Mut nicht zu verlieren und optimistisch zu bleiben? Und vielleicht dem erneuten Stillstand des gesellschaftlichen Lebens vielleicht sogar etwas Gutes abzugewinnen?

Das sei zum einen die Frage der Haltung, resümiert Bastian Willenborg, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie: „Machen Sie sich bewusst, dass es auch wieder anders wird. Es ist ein Virus und die Wissenschaft ist dabei, Impfungen und Therapien zu entwickeln. Auch wenn wir nicht wissen, wie lange es dauert: Es ist ein endlicher Prozess und kein Dauerzustand.“ Statt sich immerzu selbst daran zu erinnern, was alles nicht geht, sollte man sich darauf fokussieren, was noch funktioniert.

Ein Lockdown bedeutet keinen Kontrollverlust. Man hat dadurch nicht sein Leben verloren – wer das glaubt, bietet Verschwörungstheorien ein Klima, in dem sie gedeihen können.

Willenborg hat einige ganz konkrete Vorschläge, um den November-Lockdown gut zu überstehen: „Machen Sie Sport! Strukturieren Sie Ihren Alltag! Pflegen Sie Kontakte!“ Man könne auch das gute alte Telefon dazu nutzen, zusätzlich zu Videocalls und Sozialen Medien. Dabei können Sie sich auf geschickte Weise selbst kontrollieren: „Erzählen Sie anderen von Ihren Plänen im Lockdown – und bitten Sie Freunde, Familie oder Bekannte Sie an Ihre Ziele zu erinnern.“

Wer all diese Vorschläge befolgt, hat gute Chancen, mit positivem Gefühl durch den Lockdown zu kommen – der ganz bestimmt in absehbarer Zeit enden wird.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: Focus online

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