Paragraphen-Symbol und Schriftzug „Berufspolitik“© djedzura / iStock / Getty Images Plus
Michael van den Heuvel (ADEXA) erklärt, was zur Arbeitszeit gehört und wie sie erfasst wird.

Berufspolitik

WAS GEHÖRT ZUR ARBEITSZEIT UND WIE WIRD SIE ERFASST?

Mehrere höchstrichterliche Urteile schreiben vor, dass Chefin oder Chef die Arbeitszeit zu erfassen haben. Nur wie? Und was zählt eigentlich alles dazu? Ein arbeitsrechtlicher Streifzug.

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„Mein Arbeitgeber erwartet, dass ich schon vor Öffnung der Apotheke, sprich vor Beginn meiner Arbeitszeit vor Ort bin und alles vorbereite. Auch nach Schließung fallen immer noch Arbeiten an. Was wird auf die Arbeitszeit angerechnet?“ Diese Frage hören Rechtsanwältinnen bei der gewerkschaftlichen Rechtsberatung oft. 

Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist die Sachlage klar: Tätigkeiten wie das Hochfahren der Computer, das Herausstellen beziehungsweise das Hereinräumen von Aufstellern, der Kassenabschluss und vieles mehr gehören zu den normalen Arbeitsleistungen. Ob sie vor, während oder nach den Öffnungszeiten einer Apotheke anfallen, ist dabei unerheblich. Schnell summieren sich vermeintlich kurze Tätigkeiten auf eine Stunde pro Woche oder mehr. Wer alles dokumentiert, ist auf der sicheren Seite.

Zeiterfassung zum Schutz vor Überarbeitung

Ein Blick auf den rechtlichen Rahmen: Im September 2022 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt, dass Chefinnen und Chefs die Arbeitszeit von Angestellten zu erfassen haben. Die Richter argumentieren mit § 3 des Arbeitsschutzgesetzes. Demnach sind Arbeitgebende verpflichtet, für eine geeignete Organisation zum Schutz der Gesundheit und zur Sicherheit der Mitarbeitenden zu sorgen. 

Die Aufgabe, Zeiten zu erfassen, dürfe jedoch auf die Angestellten übertragen werden, heißt es im Urteil. Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, entsprechende Regelungen zu erlassen. Vorgaben zur Auswahl und zur Ausgestaltung von Systemen gab es weder vom EuGH noch vom BAG.

Bei Verstößen drohen Arbeitgebenden Bußgelder

Bei Redaktionsschluss lag zumindest einen Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Neufassung des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG-E) vor. Darin werden Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs näher ausgeführt. 

Nach § 16 Abs. 2 ArbZG-E wird „der Arbeitgeber verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufzuzeichnen“. Zwar haben Chefin oder Chef nach wie vor die Möglichkeit, die Zeiterfassung zu delegieren. Sie bleiben aber für die ordnungsgemäße Aufzeichnung verantwortlich. Bei Verstößen drohen ihnen nach § 20 ArbZG Bußgelder von bis zu 30 000 Euro.

In Übergangsfrist Arbeitszeit selbst dokumentieren

Mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes ist wohl noch im Jahr 2023 zu rechnen. Gelten soll die Pflicht grundsätzlich am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Quartals. Die Übergangsfrist beträgt ein Jahr. Diese Zeit haben Arbeitgebende zur Umstellung ihrer Systeme, falls noch nicht geschehen. Betrieben mit weniger als 250 Mitarbeitenden bleiben zwei Jahre Zeit, bei unter 50 Angestellten sind es fünf Jahre. Auf die elektronische Form gänzlich verzichten können Firmen mit weniger als zehn Arbeitnehmenden, sprich einige Apotheken. 

ADEXA rät: Lassen Sie während der Übergangszeit – oder auch danach, falls noch keine Aufzeichnungspflicht greift – schriftliche Unterlagen zur Arbeitszeit, die Sie selbst anlegen, regelmäßig von der Apothekenleitung abzeichnen. 

Sie sind uns wichtig!
Stellt sich in Ihrem Arbeitsalltag gerade eine Frage, die Sie ADEXA stellen möchten? Dann schreiben Sie uns – wir greifen das Thema auf. ADEXA berät und unterstützt ihre Mitglieder bei Problemen am Arbeitsplatz. Informieren Sie sich auch unter www.adexa-online.de.

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