Zwei Männer.© grinvalds / iStock / Getty Images

Diabetes Life

AUF IN EIN NEUES ZEITALTER

Für Menschen mit Typ-2-Diabetes gab es noch nie mehr Möglichkeiten effektiv und langfristig abzunehmen als heute. Das spiegelt sich auch in den erweiterten Empfehlungen der neuen Leitlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) wider.

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Menschen mit Diabetes können heutzutage alles essen. Was verlockend klingt, überfordert Betroffene meist. Denn so einfach, wie sich das anhört, ist es dann im Einzelfall doch nicht. Viele Personen mit Typ-2- und auch mit Typ-1-Diabetes tragen zu viel Körpergewicht durchs Leben. Besonders Ihre Kundinnen und Kunden mit Typ-2-Diabetes profitieren davon, wenn sie gesund und langfristig Gewicht verlieren.

Und hier liegt der Hase im Pfeffer: Abnehmen ist keine Sache, die mal so eben nebenbei gemacht wird, wie es durch Social Media oder blumige Versprechen von Crash-Diäten oft kommuniziert wird. Abnehmen ist Arbeit, ein großes und langwieriges Projekt. Je besser Menschen mit Prä- oder Typ-2-Diabetes über Themen wie Lebensstil und Ernährung informiert sind und je mehr Unterstützung sie erhalten, desto erfolgreicher werden sie ihre Ess- und Bewegungsgewohnheiten umstellen.

Aktiv werden Schon bevor es zum Ausbruch eines Typ-2-Diabetes kommt, lässt sich einiges tun um gegenzusteuern. Wenn Kundinnen und Kunden deutliche Anzeichen eines sich entwickelnden Diabetes haben, empfehlen Sie eine intensive Lebensstilintervention mit viel Bewegung. Dies kann die Blutzuckerwerte langfristig verbessern und die Krankheit sogar verhindern, belegt eine Prädiabetes-Lebensstil-Interventionsstudie (PLIS) des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD). Zur Änderung des Lebensstils gehören gesünder essen und trinken, regelmäßige Bewegung und Alltagsaktivitäten.

Dies sind die wichtigsten Maßnahmen zur Vorbeugung eines Typ 2-Diabetes. Nicht nur bei einem frisch diagnostizierten oder Prädiabetes spielt eine bewusste Lebensmittelauswahl, ballaststoffreiches Essen und Bewegung eine zentrale Rolle. Auch alle anderen Menschen mit Typ-2-Diabetes profitieren davon. So können viele Diabetiker aktiv zu besseren Blutzucker- und auch Blutdruckwerten beitragen. Und das wiederum hilft dabei, im besten Fall sogar auf Diabetesmedikamente zu verzichten. Auch das Thema Gewichtsreduktion spielt eine Rolle. Ob und wie das im Einzelfall aussehen kann, sollte immer mit den Diabetes-behandelnden Ärzten geklärt werden. Fakt ist jedoch, dass Abnehmen meist eine gesunde und lohnende Sache ist.

Neue Praxisleitlinien Doch wie lässt sich nun am besten abnehmen? Kürzlich hat die DDG ihre Praxisempfehlungen zur Ernährung von Menschen mit Typ-2-Diabetes überarbeitet. Dabei heißt es: Wer an Adipositas leidet, kann durch eine Gewichtsabnahme von mindestens 15 Kilogramm einen gestörten Zuckerstoffwechsel wieder normalisieren.

Professorin Diana Rubin, Vorsitzende des Ausschuss Ernährung bei der DDG, erklärt dazu: „Die DiRECT-Studie aus England zeigt, dass 86 Prozent der Personen, die tatsächlich eine Gewichtsreduktion von mindestens 15 Kilogramm erreicht haben, eine Diabetesremission erfuhren.“ Voraussetzung für das Zurückdrängen der Erkrankung war eine Erkrankungsdauer von maximal sechs Jahren. Doch auch wer schon länger an Typ-2-Diabetes erkrankt ist, profitiert von einer Gewichtsreduktion.

Viele Wege führen nach Rom Neu ist, dass die DDG neben einer Low-Fat- nun auch eine Low-Carb-Ernährung empfiehlt. Getreu dem Motto „viele Wege führen nach Rom“ gehören außerdem Formula-Diäten sowie Intervallfasten zu den neuen Empfehlungen. Oberstes Ziel ist es mittlerweile, das jeweilige Konzept individuell auf die einzelne Person zuzuschneiden, damit es auf Dauer praktisch umgesetzt werden kann. Auch die individualisierte Ernährungsberatung, zum Beispiel per Mail oder Telefon, sollte nach Ansicht der DDG intensiver genutzt werden.

Für das Diabetesmanagement sind mediterrane, vegetarische und vegane Ernährungsformen möglich. Menschen mit Typ-2-Diabetes sollten auf eine ausgewogene Ernährung und angemessene Portionsgrößen achten und möglichst unverarbeitete Lebensmittel essen. Ballaststoffreiches wie Vollkornprodukte, Gemüse, Hülsenfrüchte und zuckerarmes Obst sind besonders empfehlenswert. Von großen Portionen mit stärkereichem Gemüse wie Kartoffeln oder Reis wird eher abgeraten. Süßstoffe in üblichen Mengen und ein niedriger Alkoholkonsum sind unbedenklich.

Genaue Verzehrmengen für Kohlenhydrate, Fett und Eiweiß sind nicht mehr zwingend notwendig, vorausgesetzt die genannten Empfehlungen werden befolgt. Auch die Empfehlung, bei eingeschränkter Nierenfunktion weniger Eiweiß zu essen, ist laut DDG überholt. Positiv wirkt sich regelmäßige körperliche Aktivität aus, auch mit geringer Intensität. „Schnelles Spazierengehen nach dem Essen hilft definitiv beim Abnehmen“, betont Rubin. Und bei allen Maßnahmen darf auch die Freude am Essen nicht verlorengehen.

Praxistipps

+ Kalorienzählen ist nicht nötig, vorausgesetzt, die Mahlzeiten bestehen überwiegend aus Gemüse, Salat, Hülsenfrüchten, weißem Fleisch, Fisch sowie wenig oder keinen Fertigprodukten und Süßigkeiten.
+ Täglich ein Spaziergang und Alltagsbewegung sollten fester Therapiebestandteil sein.
+ Eine Schulung rund um das Thema Essen und Trinken bei Typ-2-Diabetes ist sinnvoll, damit Betroffene im Alltag besser zurechtkommen.
+ Ballaststoffreiche Mahlzeiten mit viel Gemüse, Salat und wasserreichen Früchten wie Beeren sind empfehlenswert.
+ Stärkereiche Lebensmittel wie Kartoffeln, Reis, Nudeln gilt es beim Abnehmen nur in kleinen Mengen zu essen.
+ Formula-Produkte können das Abnehmen unterstützen und sollten speziellen Anforderungen entsprechen.

Passend: Formula-Produkte Nicht nur in der Influencer- und Fitnesswelt sind Eiweißshakes und -riegel mittlerweile State of the Art. Nun empfiehlt sie auch die DDG-Leitlinie ganz offiziell zum gesunden Abnehmen, vorausgesetzt, sie entsprechen den medizinischen Anforderungen an Formula-Diäten. Die Deutsche Adipositas Gesellschaft (DAG) empfiehlt in ihren Leitlinien Produkte mit einem Kaloriengehalt von 800 bis 1200 Kilokalorien täglich. Shakes und Suppen werden dabei mit Wasser, fettarmer Milch oder fettarmen, zuckerfreien veganen Alternativen wie ungesüßten Soja-, Mandel- oder Kokosdrinks angerührt.

(Kokosdrinks sind nicht zu verwechseln mit Kokosmilch, die fettreicher ist.) Passende Formula-Produkte für Typ-2-Diabetiker müssen den Anforderungen des Paragrafen 14a der Diätverordnung entsprechen: Sie enthalten dann mindestens 50 Gramm (g) Eiweiß, 90 g Kohlenhydrate, 7 g essenzielle Fettsäuren und 10 bis 30 g Ballaststoffe bei einer Tagesration von maximal 1200 Kilokalorien. Im Hinblick auf Vitamine und Mineralstoffe sind in der Diätverordnung Mindestmengen festgelegt, die solche Produkte erfüllen müssen.

In Ihrem Sortiment gibt es bestimmt eine gute Auswahl geeigneter Formula-Mahlzeiten für Ihre Diabetikerinnen und Diabetiker. Je nach Therapie und ärztlicher Rücksprache können alle Mahlzeiten für einen zeitlich definierten Rahmen ausgetauscht werden. Auf Dauer hat sich ihr Einsatz im Austausch gegen eine oder zwei Mahlzeiten oder als Intervallmaßnahme bewährt.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 03/2022 ab Seite 52.

Kirsten Metternich von Wolff, freie Journalistin

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