Eine kleine, unscheinbare Pflanze. Mit anscheinend großer Wirkung. © CHAIWATPHOTOS / iStock / Getty Images Plus

Wirkstoffforschung | Legal high

THC: ANSCHEINEND NICHT NUR IN CANNABIS

Im Internet finden sich zahlreiche Vorschläge, was alles mit angeblich berauschender Wirkung konsumiert werden könne. Forscher stolperten dabei über das Lebermoos und testeten prompt sein Potenzial als Wirkstoff.

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Das in Cannabis enthaltene Cannabidiol (CBD), sowie das für die Rauschwirkung verantwortliche Tetrahydrocannabinol (THC) werden bereits therapeutisch eingesetzt, um das Leid von Patienten mit Schmerzen, Krämpfen oder Übelkeit zu lindern. Immer besser wird die Wechselwirkung der Substanzen mit seinen Rezeptoren verstanden und das Forschungsgebiet erfreut sich aktuell einiger Beliebtheit. 1994 entdeckten Wissenschaftler in Japan dann ein natürliches Cannabinoid in Lebermoos, das eine hohe strukturelle Ähnlichkeit zu THC aufweist: Perrottetinen.
Das scheint mittlerweile auch in der „Szene“ angekommen zu sein, das Moos wird im Internet als „Legal high“ angepriesen. Dabei entdeckten auch Andrea Chicca von der Universität Bern und seine Kollegen die Pflanze und ihre Wirkung wieder.

Wie genau das Perrottetinen aber auf molekularer Ebene wirkt, ist bisher noch kaum erforscht. In welchem Umfang könnte die Substanz therapeutisch genutzt werden? Und ganz aktuell: Worin könnten die möglichen Gefahren bei einer Nutzung als Rauschdroge liegen? Das Forscherteam nahm den Stoff also genauer unter die Lupe und synthetisierte das Molekül kurzerhand für weitere Forschungszwecke.

Mit Versuchen am Nervensystems von Labormäusen konnten die Forscher zeigen, dass Perrottetinen ebenso wie THC leicht die Blut-Hirn-Schranke passieren kann und im ZNS spezielle Cannabinoid-Rezeptoren aktiviert. Psychoaktive Wirkungen sind also keine Illusion, sondern molekular nachweisbar. Die Versuchstiere, die den Lebermoos-Stoff injiziert bekamen, zeigten für Cannabis-Konsum typische Anzeichen: Eine geringere Schmerzempfindlichkeit, verlangsamte Bewegungen und eine erniedrigte Körpertemperatur. Doch auch Unterschiede konnten festgestellt werden. „Die Substanzen haben zum einen einen etwas schwächeren psychoaktiven Effekt, zum anderen können sie Entzündungsprozessen im Gehirn besser entgegenwirken“, berichtet Chiccas Kollege Jürg Gertsch.

Die pharmakologischen Untersuchungen der Forscher zeigten, dass Perrottetinen die Ausschüttung von Prostaglandinen im Gehirn reduziert. Die Pflanze scheint also therapeutisches Potenzial zu besitzen. So wirke es zwar weniger stark, sei aber effektiv genug, bei gleichzeitig reduzierten Nebenwirkungen, erklären die Forscher. Weitere Studien sind allerdings noch nötig bevor das unscheinbare Lebermoos zum wirksamen Therapeutikum aufsteigen könnte.

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: www.wissenschaft.de

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