Ein verärgerter Kunde vor einer ratlosen Apothekenangestellten
Die Worte "nicht lieferbar" führten bestimmt schon in vielen Apotheken zu Diskussionen. © xalanx / iStock / Getty Images Plus

Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz | Zügige Umsetzung

BEI LIEFERENGPÄSSEN SOLL FLOTT AUSGETAUSCHT WERDEN KÖNNEN

Es hört sich paradiesisch an: Apothekern soll künftig bei Lieferengpässen von Medikamenten mehr oder weniger freie Hand zum Austausch gegeben werden. Gut klingt auch der folgende Satz des entsprechenden Änderungsantrages: „Die Mehrkosten sollten nicht vom Versicherten, sondern von der Krankenkasse getragen werden.“

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Anscheinend hat man jetzt auch in Berlin die Nase voll, genauso wie das pharmazeutische Personal der Apotheken: „Medikament nicht lieferbar“ war allzu oft auf dem Computerbildschirm zu lesen. Was folgte, war stets ein Hangeln entlang der Austauschregeln – häufig waren nämlich auch die folgenden Rabattarzneimittel nicht lieferbar, übrig blieb nur das Original – mit teilweise saftigen Zuzahlungen des Kunden.

Kern des aktuellen, aber noch nicht ressortabgestimmten Änderungsantrages zum Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz (FKG): Apotheker sollen künftig nicht lieferfähige Verordnungen nach „angemessener Frist“ mit verfügbaren wirkungsgleichen Arzneimitteln austauschen dürfen. Nicht nur die bisher vorgesehene 24-Stunden-Regel fällt weg, auch die rigiden Austauschregeln des Rahmenvertrages entfallen. Eventuelle Mehrkosten beim Arzneimittelaustausch müssen die Kassen tragen. Denn man formuliert nicht nur klar und eindeutig, sondern auch mit Konsequenzen bei Zuwiderhandlung. „Die Vertragspartner des Rahmenvertrages haben eine bedarfsgerechte Versorgung mit rabattierten Arzneimitteln sicherzustellen.“ - Die Apotheken würden daher berechtigt, umgehend ein anderes wirkstoffgleiches, aber auch nicht rabattiertes Arzneimittel abzugeben. Keine 24-Stunden-Frist, keine Abfrage bei zwei Großhändlern, auch keine Abgaberangfolge. PTA und Apotheker dürften darüber jubeln. Allerdings sollen der Deutsche Apothekerverband DAV und der GKV-Spitzenverband im Rahmenvertrag noch die Details zur unmittelbaren Abgabe und deren Abrechnung festlegen.

Damit ist auch der „gesetzliche Preisanker“ als nicht zielführend vom Tisch. Denn es ist ja im Einzelfall die Abgabe auch eines teureren Arzneimittels zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung möglich. Anscheinend soll die Umsetzung zügig erfolgen, denn schon jetzt ist festgelegt, dass der GKV-Spitzenverband dem Bundesgsundheitsministerium 18 Monate nach Inkrafttreten der Regelung insbesondere über die finanziellen Auswirkungen berichten soll. Johannes Bauernfeind, Chef der AOK Baden-Württemberg, äußerte sich bereits gegenüber der PZ negativ über die Kostenverteilung. Seiner Meinung nach müssten die verantwortlichen Pharmahersteller die Mehrkosten übernehmen, nicht die Solidargemeinschaft.

Zwei weitere Punkte im FKG sind bemerkenswert: Zum einen könnte künftig auf eine Packungsbeilage in deutscher Sprache verzichtet werden, „um eine Versorgung der Bevölkerung zu ermöglichen“ (bei Impfstoffen ist dies bereits vereinbart). Außerdem plant man über das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Kontingentierung „für Arzneimittel mit versorgungskritischen Wirkstoffen bereits im Vorfeld eines drohendes Lieferengpasses“. Dazu darf das BfArM Hersteller und Großhändler nach den verfügbaren Beständen abfragen. Diese sind dann nach dem Gesetz zur wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet – wenn sie es nicht tun, müssen sie Bußgelder zahlen.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quellen:
apotheke adhoc
Pharmazeutische Zeitung

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