Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten
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Lebensmittel-Intoleranzen: verstehen, beachten, beraten

Lactose, Fructose, Gluten und Histamin aus Nahrungsmitteln machen immer mehr Menschen zu schaffen. Hier lernen Sie, warum das so ist, worauf Betroffene achten sollten und wie Sie ihnen helfen. 

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Fructoseintoleranz – Zu viel Fruchtzucker

auf eine Unverträglichkeit auf Fruchtzucker (Fructose) hin. Ursache ist ein unzureichend funktionierendes Transporterprotein (GLUT-5), sodass der Dünndarm weniger Fructose aufnimmt. Die nicht verdauten Zuckermoleküle gelangen anschließend in den Dickdarm, wo Bakterien sie verstoffwechseln. Das geht mit Blähungen, Durchfall und Bauchschmerzen einher. Zudem kann das Darmmikrobiom sich verändern, was einen Mangel an Folsäure, Zink oder der Aminosäure Tryptophan nach sich ziehen kann.

Bei etwa der Hälfte der Betroffenen hat diese Resorptionsstörung keine Auswirkungen, was als Fructosemalabsorption bezeichnet wird. Bei der anderen Hälfte ist die Unverträglichkeit symptomatisch, wofür der Begriff intestinale Fructoseintoleranz steht.

Schätzungsweise 20 bis 30 Prozent der deutschen Bevölkerung sind betroffen. Bei einem Teil ist die Unverträglichkeit angeboren (primäre Fructosemalabsorption), bei den anderen wird sie im Laufe des Lebens durch Erkrankungen ausgelöst, die die Darmschleimhaut schädigen und damit die Transporteraktivität beeinträchtigen (sekundäre Fructosemalabsorption).

Davon abzugrenzen ist die hereditäre Fructoseintoleranz. Bei dieser sehr seltenen angeborenen Stoffwechselerkrankung wird die Fructose zwar aufgenommen, aber durch einen Enzym-Defekt nicht abgebaut. Betroffene dieser Enzymstörung müssen ein Leben lang auf Fructose verzichten, da sonst nicht nur Verdauungsstörungen, sondern auch Wachstumsstörungen und schwere Nieren- und Leberschäden folgen.

Wie viel Fructose ist verträglich?

Liegt ein Transporterdefekt vor, sind Beschwerden bei schon geringeren Mengen an Fructose möglich. Bereits zwei große Äpfel oder zwei Gläser Fruchtsaft, was etwa 25 Gramm Fruchtzucker entspricht, können dann gastrointestinale Symptome auslösen. Doch selbst Gesunde sind nur fähig, eine gewisse Menge an Fructose aufzunehmen, da die Absorption des Monosaccharids selbst bei funktionierendem GLUT-5 begrenzt ist. In der Regel sind dies 35 bis 40 Gramm pro Stunde. 

Da heutzutage Fructose jedoch vielen Lebensmitteln zugesetzt wird, haben sogar häufig Personen, die normalerweise Fruchtzucker vertragen, Verdauungsbeschwerden. Der Zucker findet sich nicht nur in Produkten, wo man ihn vermutet, wie etwa in Säften, Softgetränken, Limonaden oder Süßigkeiten. Fructose versteckt sich häufig in den als „zuckerreduziert“ oder „zuckerfrei“ deklarierten Lebensmitteln. Da sich diese Begriffe nur auf Haushaltszucker (Saccharose) beziehen, ist das Vorhandensein anderer Zucker und somit auch das von Fructose möglich. 

Fructose findet sich nicht nur in Produkten, wo man sie vermutet, wie etwa in Säften, Softgetränken, Limonaden oder Süßigkeiten. Fruchtzucker versteckt sich auch häufig in den als „zuckerreduziert“ oder „zuckerfrei“ deklarierten Lebensmitteln.

Die Nahrungsmittelindustrie setzt verstärkt auf den Fruchtzucker, da er 1,7- mal süßer als Saccharose ist. Zudem sorgt das Monosaccharid beim Backen für Volumen und verhindert bei Tiefkühlware eine unerwünschte Kristallbildung. Daher sollte beim Kauf von Fertigware immer ein Blick auf die Zutatenliste erfolgen – möglich sind die Bezeichnungen

  • Fructose,
  • Fruchtzucker,
  • Glucose-Fructose-Sirup oder Fructose-Glucose-Sirup,
  • Honig,
  • Inulin,
  • Isoglucose,
  • Maissirup (High fructose corn syrup) oder
  • Invertzucker.

Personen mit einer Unverträglichkeit auf Fructose müssen fructosehaltige Nahrung nicht vollständig meiden. Bei einem kompletten Verzicht sinkt zudem die natürliche Toleranzschwelle weiter ab, sodass der Betroffene auf immer geringere Fructosemengen reagiert. Und bei einer stark eingeschränkten Lebensmittelauswahl besteht die Gefahr eines Nährstoffmangels.

Vielmehr gilt es, eine individuell verträgliche Menge zu ermitteln. Dafür reduziert der Betroffene zunächst seinen Konsum an Lebensmitteln mit Fruchtzucker. Sobald er beschwerdefrei ist, kann er die Zufuhrmenge wieder nach und nach erhöhen. Eine Ernährungsberatung kann bei der Ernährungsumstellung wertvolle Tipps geben.

Günstig sind beispielsweise kleine fruchtzuckerhaltige Portionen. Besonders empfehlenswert ist es, sie nach einer größeren Mahlzeit zu verzehren. Durch die verlängerte Darmpassagezeit wird die Fructose langsamer resorbiert und somit verträglicher. Ebenso lässt sich mit fett- und proteinreichen Lebensmitteln die Verträglichkeit steigern.

Eine Empfehlung lautet, fructosehaltige Lebensmittel mit Traubenzucker (Glucose) zu kombinieren, da dann der Fruchtzucker besser aufgenommen werden kann. Aus diesem Grunde sind auch einige Obstsorten besser als andere verträglich, da sie natürlicherweise ein ausgewogenes Verhältnis von Fructose und Glucose enthalten (z. B. Brombeeren, Himbeeren, Papaya, Honigmelone, Zitrusfrüchte). 

Hingegen sind Trockenfrüchte für Betroffene einer Fructosemalabsorption generell schlechter verträglich, da sich der Fruchtzuckergehalt beim Trocknen der Früchte erhöht. Daher sind Weintrauben beispielsweise verträglicher als Rosinen.

Präparate mit dem Enzym Xylose- oder Glucose-Isomerase können fructosehaltige Kost bekömmlicher machen. Sie wandeln im Dünndarm aus dem Speisebrei Fructose in Glucose um, die leichter resorbierbar ist. 

Achtung: Bei Fructose-Intoleranz auch Zuckeraustauschstoffe meiden

Betroffene mit einer Fruchtzucker-Unverträglichkeit vertragen häufig auch kein Sorbit (E 420). Aber auch eine alleinige Sorbit-Intoleranz, bei der Fructose keine Probleme bereitet, ist möglich. Sorbit ist ein Zuckeralkohol, der häufig als Zuckeraustauschstoff in Light- oder Diabetiker-Produkten und in Zahnpflegekaugummis eingesetzt wird. Da Sorbit im Dünndarm über denselben Transporter wie Fructose aufgenommen wird, verschlechtert er zusätzlich die ohnehin eingeschränkte Aktivität des Transporterproteins GLUT-5 und somit die Fructoseaufnahme. 

Sorbit fungiert auch als Feuchthaltemittel in zahlreichen Zahnpasten, aber beim Zähneputzen werden nur sehr geringe Mengen aufgenommen. Hingegen kann der Verzehr sorbitreicher Obstsorten zum Problem werden (z. B. Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen). Weitere Zuckeralkohole, die die Aufnahme von Fructose vermindern, sind

  • Mannit (E 421),
  • Xylit (E 967),
  • Maltit (E 965),
  • Laktit (E 966) und
  • Isomalt (E 953). 

Folgeerkrankungen

Ein hoher Fruchtzuckerverzehr kann neben gastrointestinalen Beschwerden noch verschiedene gesundheitliche Probleme nach sich ziehen, die letztendlich im Symptomkomplex des Metabolischen Syndroms münden.

  • Größere Mengen Fructose bereiten beispielsweise einer Gewichtszunahme und damit Adipositas den Weg, da beim Verzehr dieses Zuckers das Sättigungsgefühl ausbleibt. 
  • Aber auch die Gefahr einer Fettleber und einer Fettstoffwechselstörung (Hyperlipidämie) ist groß, denn die Leber wandelt Fructose in Fett um.
  • Zudem hat Fructose einen negativen Einfluss auf den Harnsäurespiegel (Hyperurikämie), weil bei seiner Verstoffwechslung der Abbau von Purinen gefördert wird. 
  • Zugleich gilt eine Hyperurikämie als Risikofaktor für Bluthochdruck (Hypertonie), da ein zu hoher Harnsäurespiegel mit einem Mangel an dem gefäßerweiternden Botenstoff Stickstoffmonoxid einhergeht. Dadurch werden die Blutgefäße weniger elastisch, sodass der Blutdruck in die Höhe geht.
  • Schließlich führt der Mangel an Stickstoffmonoxid noch zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel, was eine Insulinresistenz sowie eine Hyperinsulinämie begünstigt. 

Verdacht Lactose-, Fructose- oder Sorbitintoleranz – wie funktioniert die Diagnose?

  1. Atemtest: Bei einem oralen Belastungstest (Wasserstoffatemtest) trinkt der Patient in Wasser gelöste Lactose, Fructose oder Sorbit. Anschließend wird der Wasserstoffgehalt in der Atemluft gemessen. Liegt eine Intoleranz vor, werden die Substanzen nicht ausreichend im Dünndarm resorbiert. In der Folge setzen die Dickdarmbakterien daraus Wasserstoff frei, der ins Blut diffundiert und über die Lunge abgeatmet wird. Liegt die Wasserstoffkonzentration in der Atemluft über einer gewissen Schwelle, diagnostiziert der Arzt eine entsprechende Intoleranz. 
  2. Ernährungstagebuch und Auslassversuch: Zudem ist ein Ernährungstagebuch äußerst sinnvoll. Darin protokolliert der Betroffene über einen längeren Zeitraum alle verzehrten Lebensmittel und seine Symptome. Anschließend lässt er den Zucker beziehungsweise den Zuckeralkohol weg, den er als Auslöser seiner Beschwerden vermutet (Karenzphase). Sind alle Symptome verschwunden, führt er Lebensmittel, die den mutmaßlich unverträglichen Zucker enthalten, wieder allmählich ein (Testphase). Kommen die alten Probleme zurück, geht man von einer entsprechenden Intoleranz aus.
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