Blutprodukte dokumentieren
PKA-Fortbildung

Das gilt für die Dokumentation von Blutprodukten

Blutprodukte – da schrillen vielen Apothekenmitarbeitern gleich die Ohren. Denn für sie gilt besondere Sorgfalt bei der Dokumentation. In dieser Fortbildung lernen Sie, was genau Blutprodukte sind und wie es mit der Bürokratie richtig klappt.

7 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. September 2023

7 Minuten

Mögliche Gefahren durch Blutprodukte

Leider befinden sich im menschlichen Blut nicht nur gewünschte wertvolle Bestandteile wie die erwähnten Antikörper, sondern manchmal auch krankmachende Erreger oder Toxine (Giftstoffe). Zwar werden vor der Verarbeitung des Blutes und Verabreichung der Blutzubereitungen gründliche Tests auf etwaige Erreger, Giftstoffe oder andere Verunreinigungen durchgeführt, aber trotzdem können diese nicht zu 100 Prozent ausgeschlossen werden.

Besonders problematisch sind auch solche Erreger, die uns allen heute noch gar nicht bekannt sind. Denn wenn wir die Erreger noch nicht kennen, können wir Blutprodukte auch nicht auf sie untersuchen. Zu den bereits bestehenden, aber noch unbekannten Erregern werden zusätzlich neue Erreger dazukommen. Dabei werden Zoonosen in Zukunft eine noch größere Rolle als bisher spielen. Zoonosen sind Krankheiten durch Erreger, die aus dem Tierreich auf den Menschen übergesprungen sind. Ursachen sind die Klimaerwärmung und das Näherrücken der tierischen und menschlichen Lebensräume.

Was Sie bei Blutprodukten dokumentieren

Um Blutprodukte besser zurückverfolgen zu können und so zum Beispiel Ansteckungswege aufzuspüren, gelten für Blutprodukte besonders ausführliche Dokumentationsvorschriften. Damit es im Falle eines Falles schnell geht und alle Mitarbeiter sich zurechtfinden, müssen die Unterlagen in zeitlicher Reihenfolge geordnet, also chronologisch sortiert sein.

Sie als PKA dokumentieren beim Erwerb des Blutprodukts Folgendes:

  • die Bezeichnung des Arzneimittels
  • die Chargenbezeichnung des Arzneimittels
  • die Menge des Arzneimittels
  • das Datum des Erwerbs
  • Name oder Firma und Anschrift des Lieferanten

Bei der Abgabe ist von Ihnen Folgendes zu dokumentieren:

  • die Bezeichnung des Arzneimittels
  • die Chargenbezeichnung des Arzneimittels
  • die Menge des Arzneimittels
  • das Datum der Abgabe
  • Name und Anschrift des verschreibenden Arztes
  • Name oder Firma und Anschrift des Lieferanten
  • Name, Vorname, Geburtsdatum und Adresse des Patienten (falls es sich um Praxisbedarf handelt, wird hier stattdessen der Name und die Anschrift des Arztes notiert) 

Aus der Vergangenheit gelernt

Noch strengere Auflagen gibt es für Arzneimittel zur Therapie von Blutgerinnungsstörungen bei Hämophilie, auch Bluterkrankheit genannt. Es handelt sich um eine Erbkrankheit, bei der das Blut nicht richtig gerinnt. Das betrifft aber nicht nur sichtbare Wunden nach Verletzungen, sondern es kann auch durch kleinste Stöße zu lebensgefährlichen inneren Blutungen ohne sichtbare Wunden kommen.

Im Alltag der Betroffenen betrifft dies vor allem die vielen Gelenke des Körpers, was wiederum zu Entzündungen in den betroffenen Gelenken führen kann, die mit starken Schmerzen und Bewegungsbeeinträchtigungen einhergehen. Ohne Therapie ist sowohl die Lebensqualität als auch die Lebenserwartung der betroffenen Patienten stark eingeschränkt. Alltägliche Dinge wie Fahrradfahren sind so kaum möglich.

Deshalb war die Euphorie groß, als in den 1980er Jahren die fehlenden Gerinnungsfaktoren aus menschlichem Blut gewonnen wurden und den Betroffenen intravenös substituiert werden konnten. Die damals noch stark beeinträchtigten Menschen konnten ab diesem Zeitpunkt plötzlich ein fast normales Leben führen.

Doch nach wenigen Jahren kam ein krasser Schock. Viele Menschen, die Blutprodukte erhalten hatten, erkrankten sehr schwer und starben. Erst nach und nach wurde klar, dass dafür das über das Blut übertragbare HI-Virus (HIV) und dadurch die damals immer tödlich verlaufende Krankheit Aids (Acquired Immun Deficiency Syndrome) verantwortlich war. Als diese Tatsache langsam bekannt wurde, konnten aber viele Betroffene nicht mehr rechtzeitig informiert werden, da die Dokumentation noch nicht auf dem heutigen Stand war.

Hämophilie: Transfusionsgesetz

Um solchen Szenarien in Zukunft so gut wie nur irgendwie möglich vorzubeugen, wurde 1998 das erste Transfusionsgesetz (TFG) eingeführt, das heute für eine 30-jährige Aufbewahrungsfrist aller Unterlagen in diesem Bereich sorgt, auch wenn inzwischen fast alle Hämophilie-Präparate gentechnisch hergestellt werden.

Für Sie bedeutet es, dass Sie zusätzlich zu den oben genannten Punkten bei Arzneimitteln zur Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie dem verschreibenden Arzt nach der Abgabe folgende Angaben melden müssen:

  • die Bezeichnung des Arzneimittels
  • die Chargenbezeichnung und die Menge des Arzneimittels
  • das Datum der Abgabe
  • Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort des Patienten

Durch die lange Aufbewahrung der Dokumentation können Infektionen von heute noch unbekannten Krankheiten zurückverfolgt werden.

Sind Blutegel Blutprodukte?

Medizinische Blutegel sind hingegen rezeptfreie, apothekenpflichtige Fertigarzneimittel. Da sie nicht aus Blut hergestellt sind, gilt für sie auch nicht die Dokumentationspflicht, denn sie kommen erst später während der Therapie mit dem Blut der menschlichen oder tierischen Patienten (in diesem Fall meistens Hunde oder Pferde) in Kontakt. Aufgezogen werden sie in Blutegelfarmen, in denen sie aus Kokons schlüpfen und sich innerhalb eines Monats in definierten Nährmedien zu fertigen Blutegeln entwickeln.

Bei diesen Farmen können Sie die Blutegel in Mengen ab circa 10 Stück für Ihre Ärzte, Therapeuten oder auch Einzelkunden bestellen. Es gibt sie in zwei bis drei verschiedenen Größen, für die die Hersteller allerdings nur bedingt garantieren, denn auf dem Postweg können die Tiere noch etwas wachsen. Geliefert wird von den Farmen in der Regel nur nach Vorkasse, weshalb auch Sie zumindest eine Anzahlung von Ihren Kunden verlangen sollten.

In der Geschichte der Medizin gibt es diese Therapien schon seit mehreren tausenden Jahren in vielen Regionen der Welt. Der Einsatz war zeitweise dermaßen beliebt, dass die Tiere vom Aussterben bedroht waren und nun deshalb in einigen Ländern wie Frankreich, Deutschland und der Schweiz unter Naturschutz stehen. Deshalb dürfen sie nicht in der Natur gesammelt werden.

Als Indikationsgebiete gelten heute

  • Venenschwäche,
  • Thromboseprophylaxe und
  • Schmerzlinderung bei Arthrose. 

Während diese Indikationen umstritten sind und von den Patienten als IGeL-Leistungen selbst bezahlt werden, gilt der Einsatz in der plastischen Chirurgie als evidenzbasiert.

Früher wurde die Wirkung hauptsächlich auf den Blutentzug („Aderlass“) zurückgeführt. Inzwischen werden der Bissreiz und im Speichel der Blutegel vorhandenen Stoffe wie das gerinnungshemmende Hirudin oder das gerinnungs- und entzündungshemmende Eglin C für die Wirkung verantwortlich gemacht. Skeptiker halten allerdings den Placeboeffekt für hauptverantwortlich für die beschriebenen Therapieerfolge.

Nachdem die Blutegel eingetroffen sind, sollten Sie Ihren Kunden empfehlen, dass diese sich vor dem therapeutischen Einsatz für etwa zwei bis drei Tage erholen und an die neuen Temperatur- und Lichtverhältnisse anpassen können, bevor sie angewendet werden.

Um Krankheitsübertragungen auszuschließen, sollte jeder Blutegel nur einmal verwendet werden. Nach der Anwendung werden die Tiere deshalb entweder direkt getötet oder in speziellen „Rentnerteichen“ aufbewahrt.


Die Autorin versichert, dass keine Interessenkonflikte im Sinne von finanziellen oder persönlichen Beziehungen zu Dritten bestehen, die von den Inhalten dieser Fortbildung positiv oder negativ betroffen sein könnten.

Hier finden Sie die komplette PKA-Fortbildung der Ausgabe 07/2023 als PDF-Download.

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