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Lungenhochdruck

ZU HOHER DRUCK

Abgeschlagen, kurzatmig und häufig der Ohnmacht nahe? Das könnte auf eine pulmonale Hypertonie hinweisen, eine lebensbedrohliche Krankheit, die häufig erst sehr spät erkannt wird.

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Bei der pulmonalen arteriellen Hypertonie , die umgangssprachlich auch „Lungenhochdruck“ genannt wird, ist der Blutdruck im Lungenkreislauf, dem „kleinen Blutkreislauf“, erhöht. Er beträgt bei gesunden Menschen etwa 15 mm Hg, ist also wesentlich geringer als der Blutdruck des großen Kreislaufs (80 bis 120 mm Hg). Steigt der Blutdruck in der Lunge dauerhaft auf über 25 mm Hg, ist eine PAH gegeben.

Überlastetes Herz Die rechte Herzkammer ist dafür zuständig, sauerstoffarmes Blut in die Lungen zu pumpen. Dort findet der Gasaustausch statt, und das nun sauerstoffreiche Blut gelangt aus der Lunge über das lin-ke Herz und den großen Blutkreislauf in den Körper zurück. Sind die Lungenarterien verengt, muss sich die rechte Herzkammer stärker zusammenziehen, um das Blut gegen den größeren Widerstand hindurchpumpen zu können. Auf Dauer wird sie dadurch überlastet, sodass die Herzmuskeln immer schwächer werden, bis es zum Rechtsherzversagen kommt.

Meist Folgeerkrankung Wer unter Lungenhochdruck leidet, ist meist wenig belastbar und kurzatmig, zuerst bei Anstrengung, später auch in Ruhe. Es kann aufgrund der erhöhten Rechtsherzleistung zu Herzrasen oder Herzstolpern kommen. Plötzliche Ohnmachten, eine Blaufärbung der äußeren Extremitäten oder geschwollene Beine sind Anzeichen, dass die PAH bereits weit fortgeschritten ist.

Das Problem bei der Diagnose liegt darin, dass der Hochdruck meist keine eigenständige Erkrankung ist, sondern eher die Folge einer anderen Grunderkrankung mit ähnlichen Symptomen. Viele Ärzte haben auch keine Erfahrung mit dieser seltenen Krankheit, was ebenfalls dazu beiträgt, dass sie oft erst spät diagnostiziert wird, was die Prognose negativ beeinflusst.

»Steigt der Blutdruck in der Lunge dauerhaft auf über 25 mm Hg, ist eine PAH gegeben.«

Häufigste Ursache der PAH ist eine Linksherzschwäche. Dadurch staut sich das Blut im Lungenkreislauf zurück, was zu einem Umbau der Lungenarterien führt, die sich verdicken und verengen. Aber auch eine obstruktive Lungenerkrankung wie COPD, eine HIV-Infektion oder eine Bindegewebskrankheit kann eine PAH auslösen. Um diese sekundäre Form des Lungenhochdrucks zu bekämpfen, versucht man, die ihr jeweils zugrunde liegende Erkrankung zu therapieren.

Wenn man die Ursache nicht kennt Bei der primären oder idiopathischen PAH kennt man die Ursachen zurzeit noch nicht. Diskutiert werden eine Gen-Mutation, aber auch eine Dysbalance von Botenstoffen, die die Flexibilität der Blutgefäße beeinflusst. Der primäre Lungenhochdruck ist nicht heilbar, man kann lediglich die Symptome lindern. Wenn keine Medikation hilft, ist eine Lungentransplantation der letzte Ausweg.

Bildgebende Verfahren erster Schritt Liegt ein Verdacht auf PAH vor, wird der Arzt zunächst mit einem Herzultraschall, der Dopplersonografie, die Funktionsfähigkeit des Rechtsherzens untersuchen. Hierbei werden auch die Blutflussgeschwindigkeiten im Herz gemessen, was ersten Aufschluss über den Lungendruck gibt. Außerdem wird der Brustkorb geröntgt, wodurch Schädigungen an Herz und Lunge gezeigt werden können.

Um weitere Auffälligkeiten am Herzen zu erkennen, wird zudem ein EKG durchgeführt. Ein Lungenfunktionstest sowie eine Blutgasanalyse können zeigen, ob die Lunge genug Sauerstoff bekommt. Zeigen sich in diesen Diagnoseverfahren Auffälligkeiten, ist der nächste Schritt ein Rechtsherz-Katheter, der minimal-invasiv, meist über eine Armvene, bis zum rechten Herz geschoben wird. Dort kann der in den Lungenarterien herrschende Druck direkt gemessen werden.

Früher sicheres Todesurteil Die pulmonale Hypertonie ist zwar bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bekannt, in den Fokus der Forschung rückte sie jedoch erst in den 1960er Jahren, als, bedingt durch die Einnahme des Appetitzüglers Aminorex, viele Fälle von PAH auftraten. Der Arzneistoff wurde 1968 vom Markt genommen, doch hat der Fall die Forschung nach Therapien für die idiopathische PAH nachhaltig angestoßen.

Früher versuchte man lediglich, die Atemnot als schwerwiegendstes Symptom zu lindern, indem man Sauerstoffmasken verwendete. In den 1970er Jahren kamen mit den Kalziumkanalblockern erstmals Medikamente auf den Markt, die den Druck in den Lungenarterien senken konnten. Sie werden auch heute noch verwendet, wirken aber nur bei etwa jedem zehnten Betroffenen. Erst zwanzig Jahre später kamen mit Prostazyklinen und Endothelinrezeptor-Antagonisten Wirkstoffe auf den Markt, die auch bei den restlichen Patienten die Lungengefäße erweitern und dadurch die Lebensdauer erheblich verlängern können.

Erstaunliche Erfolge bei PAH erzielen seit 2005 auch Medikamente, die eigentlich zur Behebung der Potenzschwäche entwickelt wurden. Denn PDE-5-Hemmer wie Sildenafil oder Tadalafil verbessern nicht nur die Blutversorgung im Penis – sie erweitern auch die Lungengefäße sehr effektiv.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/15 ab Seite 158.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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