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Nahrungsergänzungsmittel bei Diabetes

WUNDERMITTEL ODER WAHRER HELFER?

Zimt für gute Blutzuckerwerte, B-Vitamine bei Nervenschäden und Ballaststoffe für eine optimale Stoffwechsellage – in den letzten Jahren hat sich im Hinblick auf Empfehlungen für Diabetiker einiges getan.

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Die Epidemie schreitet weiter voran: 95 Prozent der rund sieben Millionen Diabetiker hierzulande haben einen Typ-2-Diabetes, zugespitzt gerne als Lifestyle-Diabetes bezeichnet. Hochrechnungen zufolge wird die Anzahl der Neuerkrankungen in den nächsten zwanzig Jahren um rund 50 Prozent steigen. Schon heute werden zwölf Prozent der Gesundheitsausgaben für die Behandlung der Stoffwechselerkrankung aufgewendet. Kein Wunder, dass daraus eine Industrie gewachsen ist, die mit speziellen Zusatzmitteln verspricht, Blutzuckerwerte zu verbessern und das Risiko für Folgeerkrankungen zu reduzieren. Verschiedene Studien und Untersuchungen belegen, dass bestimmte Monopräparate je nach Therapie eine sinnvolle Ergänzung sein können. Im Beratungsgespräch sollte nach Beschwerden, eventuellen Nährstoffmängeln und eingenommenen Arzneimitteln gefragt werden.

Zimt und Bittermelone verbessern Blutzuckerwerte? Es gibt eine Vielzahl von Heilsversprechen, wie bestimmte Nahrungsergänzungsmittel gegen Diabetes helfen sollen. Am weitesten verbreitet ist die vermeintlich blutzuckersenkende Wirkung von Zimt. Allerdings ist diese Wirkungsweise wissenschaftlich derzeit nicht eindeutig belegt. Zuviel Zimt kann sogar zu Leberschäden führen, heißt es von Seiten der Deutschen Diabetes Hilfe. Deshalb empfehlen Experten, Zimtpräparate nicht zu verwenden. Viel sinnvoller ist es sein Essen mit dem Gewürz zu veredeln. Im Trend liegen auch Präparate mit Bittermelone (Momordica charantia).

Dazu erklärte Prof. Dr. Thomas Skurk von der technischen Universität München auf dem Diabetes Kongress in Berlin: „Diese tropische Pflanze aus der Familie der Kürbisgewächse ist seit Jahrhunderten im asiatischen Raum fester Bestandteil als Lebens- und Heilmittel. In Tiermodellen zeigte sich tatsächlich eine Blutzuckersenkung – auch gegenüber Metformin. Ob dies auch beim Mensch der Fall ist, muss durch weitere Studien in der Zukunft untersucht werden“. Auch Magnesium wird bei Diabetes diskutiert. Hier gibt es Hinweise, dass Magnesiumsupplemente einen moderaten Einfluss auf den Blutzuckerspiegel haben können.

Chrom – Baustein im Zuckerstoffwechsel Vom Spurenelement Chrom wird angenommen, dass es notwendig ist, um einen geregelten Kohlenhydrat-, Protein- und Lipidstoffwechsel aufrecht zu erhalten. Ein vermehrter Chrom-Verlust stellt sich wahrscheinlich bei einseitiger Ernährung mit raffinierten, zuckerreichen Lebensmitteln ein. Die Studienlage dazu ist aber nicht einheitlich. Allerdings mehren sich die Hinweise, dass Chrom (III) den Glukosestoffwechsel positiv beeinflussen kann.

„Derzeit ist das toxikologische Potenzial von Chrom (III) noch nicht eindeutig geklärt. Ferner ist die Methodik zur Chrom-Bestimmung nicht standardisiert. Deshalb gibt es keine einheitlichen Angaben dazu, ob und wie viele Menschen hierzulande an einem Chrom-Mangel leiden“, erklärte Professor Skurk in Berlin. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Erwachsenen eine tägliche Aufnahme von 30 bis 100 Mikrogramm. „Eine generelle Empfehlung zu einer erhöhten Chrom-Einnahme wird deshalb nicht allgemein empfohlen“, erklärt Medizinprofessor Skurk. Besonders chromhaltige Lebensmittel sind Getreide, Nüsse, Zwiebeln und Hühnereier.

Wichtig und nötig: Vitamin D Die wichtige Rolle dieses fettlöslichen Vitamins wird immer klarer. Bei Diabetes kann eine Supplementierung wichtige Vorteile bieten. So kamen chinesische Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung, insbesondere bei älteren Personen, vor diabetesbedingten Nervenschäden schützen kann. Auch eine Gruppe von britischen Experten interessierte sich für die Wirkung des Vitamins bei Diabetes. Ihr Ergebnis zeigte, dass eine suboptimale Versorgung schmerzhafte Nervenschädigungen bei Menschen mit Typ-2-Diabetes begünstigen kann. Die Supplementierung von Vitamin D, insbesondere in der dunkleren Jahreszeit, kann bei Diabetikern empfehlenswert sein. Im Hinblick auf Neuropathien, von denen statistisch gesehen jeder dritte Diabetiker betroffen ist, wird auch ein Mangel an Vitamin-B1 diskutiert.

Ursache für einen Mangel an diesem B-Vitamin kann eine erhöhte renale Ausscheidung sein. Vitamin B1 spielt eine wichtige Rolle für die Funktion der Nerven und des Glucosestoffwechsels. Deshalb kann ein Mangel Neuropathien verursachen oder verstärken. Bevor jedoch ein Präparat zum Einsatz kommt, empfehlen Sie die Überprüfung des Vitamin-B1 Spiegels beim Hausarzt. Raten Sie ebenfalls Metformin-Patienten zu einer regelmäßigen, etwa jährlichen Überprüfung ihres Vitamin-B12-Spiegels – zumindest wenn sie dauerhaft Metformin einnehmen. Asiatische Wissenschaftler bestätigten in einer aktuellen Studie den Zusammenhang zwischen der dauerhaften Anwendung des Antidiabetikums und einem Vitamin-B12-Mangel, sowie neurologischen Auffälligkeiten.

Ballaststoffe – bessere Stoffwechselwerte In einem sind sich Wissenschaftler und Ernährungsexperten einig: Supplemente auf Basis von Ballaststoffen bieten eine sinnvolle Ergänzung zur täglichen Ernährung. Insbesondere dann, wenn sich auf den Tellern der Kunden tendenziell eher Fertigprodukte und Fast-Food finden. Lösliche Ballaststoffe wie Guar, Pektin, Beta-Glukan und Flohsamenschalen scheinen hier den unlöslichen Faserstoffen überlegen zu sein. Weisen Sie dabei in jedem Kundengespräch darauf hin, dass dazu mindestens anderthalb bis zwei Liter kalorienfreie Flüssigkeit über den Tag verteilt getrunken werden muss. So haben Ballaststoffe die Möglichkeit, im Darm zu quellen ohne zu Verstopfungen zu führen. Ein positiver Nebeneffekt: Auch die Mikrobiota wird dadurch beeinflusst. Unsere kleinen Untermieter, ihre Beschaffenheit und positiven Eigenschaften auf unsere Gesundheit, sind aktuell ebenfalls Bestandteil zahlreicher Studien in der Diabetes-Forschung.

Individuell entscheiden Besprechen Sie mit Ihrem Kunden ob und wie lange bereits Präparate supplementiert werden. Hat sich seitdem die diabetische Stoffwechsellage verbessert? Wenn ja, gab es weitere Faktoren, die dazu geführt haben könnten? Beispielsweise mehr Bewegung, eine Gewichtsabnahme oder Änderung der Diabetesmedikation, die für bessere Blutzuckerwerte mit verantwortlich sein können? Bei guter Verträglichkeit können auch mehrere Präparate versucht oder ein Absetzversuch gestartet werden, sollte sich nichts an hohen Blutzuckerwerten ändern. Bevor Vitamine und Mineralien jedoch ungebremst und wahllos eingenommen werden, empfehlen Sie die Überprüfung der jeweiligen Blutparameter beim Hausarzt.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Nahrungsergänzungsmittel, Vitamine und Mineralstoffe der PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 40.

Kirsten Metternich von Wolff, Freie Journalistin

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