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Unfruchtbarkeit – Teil 2

WENN MANN NICHT KANN

Verminderte Spermienqualität, blockierte Samenwege, Infektionen, Stress & Co. – Sterilität kann sehr unterschiedliche Ursachen haben. Eine exakte Diagnostik ist erforderlich, damit der Kinderwunsch dennoch in Erfüllung gehen kann.

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Viele Paare mit Kinderwunsch kennen es aus leidvoller Erfahrung: Monat für Monat wird fleißig „geübt“, aber trotzdem will sich einfach keine Schwangerschaft einstellen. Dann beginnt die oft langwierige Forschung nach den Ursachen. Bei etwa einem Drittel aller Paare liegt es ausschließlich am Mann, bei einem weiteren Drittel an beiden Partnern, wenn der Kinderwunsch unerfüllt bleibt.

Dass Männer mit verminderter Fruchtbarkeit zu kämpfen haben, ist also keine Seltenheit. Doch für Betroffene ist das kein Trost. Keine Kinder zeugen zu können, nagt bei vielen Männern am Selbstwertgefühl, belastet die Psyche, nicht selten auch die Beziehung. Darüber zu sprechen fällt meist schwer.

Doch viele Fruchtbarkeitsstörungen können ursächlich behoben werden, zum Beispiel durch Medikamente oder einen operativen Eingriff. Ist dies nicht möglich, können in vielen Fällen die therapeutischen Optionen der Reproduktionsmedizin helfen, beispielsweise die Intrauterine Insemination . Bei dieser Methode werden die Spermien von der Samenflüssigkeit getrennt, im Labor aufbereitet und dann zum Zeitpunkt des Eisprungs direkt in die Gebärmutter der Frau eingebracht. Die IUI kommt in Betracht, wenn die männlichen Spermien Ursache der verminderten Fruchtbarkeit sind. Und das ist vergleichsweise häufig der Fall.

Zu wenig, zu langsam, zu schwach Normalerweise enthält ein Milliliter Ejakulat mindestens 20 Millionen Spermien. Sind weniger als ein Drittel der Spermien normal geformt und zeigen über die Hälfte eine eingeschränkte Beweglichkeit, heißt die Diagnose: verminderte Spermienqualität. Und die ist ein deutlicher Hinweis auf Zeugungsunfähigkeit. Möglich auch, dass dem unerfüllten Kinderwunsch eine verminderte Spermienproduktion zugrunde liegt – im Ejakulat befinden sich dann nicht genug vitale Samenzellen.

Wie es um Anzahl und Qualität der Spermien bestellt ist, kann mittels einer Samenanalyse zuverlässig festgestellt werden. Sie ist die wichtigste Fruchtbarkeitsuntersuchung beim Mann. Für die Untersuchung wird das meist durch Masturbation gewonnene Ejakulat in einem sterilen Probenbehältnis gesammelt und im Labor unter dem Mikroskop beurteilt: Menge, Beweglichkeit, Morphologie und Vitalität der Samenzellen werden dabei überprüft.

Vasektomie: Unfruchtbar auf Wunsch
Manch ein Mann, der definitiv keine Kinder zeugen möchte, entscheidet sich für eine Sterilisation (Vasektomie). Dabei werden die Samenleiter meist unter örtlicher Betäubung durchtrennt, sodass der Spermientransport unterbrochen wird. Auf Erektionsfähigkeit und Ejakulation hat der Eingriff keine Auswirkungen. Wichtig zu wissen ist, dass die Operation auf Wunsch zwar rückgängig gemacht werden kann, die Rückoperation aber keine Garantie für eine erneute Zeugungsfähigkeit ist.

Warum Spermien bei vielen Männern nicht in ausreichender Qualität oder Quantität vorhanden sind, kann ganz unterschiedliche Ursachen haben, die oft jedoch nicht eindeutig ermittelt werden können. Durchaus möglich, dass zu viel Nikotin oder Alkohol, Umweltgifte wie Schwermetalle oder Pflanzenschutzmittel, Durchblutungsstörungen oder dauerhafte Überhitzung beziehungsweise Unterkühlung der Hoden, beispielsweise am Arbeitsplatz, Einfluss auf die Spermien haben.

Auch Arzneimittel, insbesondere Chemotherapeutika, können sich negativ auf die Spermienqualität auswirken. Manchmal liegen einer gestörten Spermienproduktion auch angeborene oder erworbene Erkrankungen zugrunde, etwa ein nicht rechtzeitig behobener Hodenhochstand, Krampfadern im Hoden oder eine Mumpserkrankung nach der Pubertät.

Mumpsviren können nicht nur die Ohrspeicheldrüse befallen, sondern auch eine Hodenentzündung hervorrufen. Mediziner sprechen dann von Mumpsorchitis. Dadurch kann es zu einer Beeinträchtigung der Bildung oder der Beweglichkeit der Samenzellen kommen. Denkbare Ursachen von Zeugungsunfähigkeit sind auch Chromosomenanomalien, etwa das Klinefelter-Syndrom, bei dem der Mann ein zusätzliches X-Chromosom besitzt. Charakteristisch für diese Anomalie des Erbmaterials ist das völlige Fehlen von Samenzellen oder eine geringe Spermienzahl.

Kein Weg ans Ziel Doch selbst wenn ausreichend vitale Spermien gebildet werden, ist das noch kein Garant für uneingeschränkte Zeugungsfähigkeit. Denn durchaus möglich, dass die aktiven Spermien nicht ordnungsgemäß ins Ejakulat gelangen. Zur Erinnerung: Die Samenzellen werden in den Samenkanälchen der Hoden gebildet und gelangen von dort in die Nebenhoden. Hier reifen die Spermien aus und verweilen vor Ort in einer Art Speicher. Während der Ejakulation gelangen die reifen Spermien aus den Nebenhoden durch den Samenleiter in die Harnröhre und von hier aus nach außen.

Störungen auf diesem Transportweg können Ursachen männlicher Unfruchtbarkeit sein. Sind etwa die Samenleiter blockiert, ist ein Durchkommen unmöglich. Zu solchen Blockaden kann es etwa nach Verletzungen (z. B. Leistenbruch) oder Operationen kommen, aber auch durch infektiöse Geschlechtskrankheiten (z. B. Chlamydieninfektionen) und Entzündungen. Bei manchen Männern fehlt der Samenleiter von Geburt an, Folge ist eine gravierende Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit, da die Spermien quasi in den Hoden steckenbleiben.

Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe weiterer Ursachen für Zeugungsunfähigkeit, auch Stress und psychische Probleme können eine Rolle spielen. Relativ selten ist eine immunologisch bedingte Unfruchtbarkeit, bei der das männliche Immunsystem die eigenen Spermien als „feindlich“ einstuft und Antikörper dagegen bildet. So büßen die Samenzellen ihre Funktionsfähigkeit ein.

Potenzschwach oder unfruchtbar? Nicht verwechselt werden darf männliche Unfruchtbarkeit mit einer Potenzschwäche, der erektilen Dysfunktion. Gemeint ist damit die Unfähigkeit des Mannes, eine Erektion zu bekommen oder so lange aufrecht zu erhalten, dass es für den Geschlechtsverkehr reicht. Männer, die unter einer Potenzschwäche leiden, können durchaus zeugungsfähig sein. Indirekt kann die Erektionsschwäche den Kinderwunsch natürlich dadurch vereiteln, dass kein Geschlechtsverkehr möglich ist.

Gut zu wissen: Eine erektile Dysfunktion sollte immer Anlass für einen Arztbesuch sein. Zum einen, weil sich hinter der Störung eine ernsthafte Erkrankung verbergen kann, zum Beispiel eine Arteriosklerose. Zum anderen, weil Potenzstörungen heute gut behandelt werden können.

Zurück zur Unfruchtbarkeit: Auch hier ist eine erfolgreiche Behandlung weitaus häufiger möglich, als manch ein frustrierter Mann vermutet. So können Infektionen eventuell mit Antibiotika behandelt, Krampfadern am Hoden entfernt und strukturelle Anomalien, die den Fluss der Samenzellen beeinträchtigen, operativ korrigiert werden. Bei verminderter Samenqualität ist die Intrauterine Insemination eine denkbare therapeutische Option. Bringt all das nicht den gewünschten Erfolg, können Paare über eine künstliche Befruchtung „im Reagenzglas“ nachdenken. Auch hier kommen unterschiedliche Verfahren zum Einsatz.

Den ersten Teil der Unfruchtbarkeits-Reihe finden Sie hier.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/13 ab Seite 76.

Andrea Neuen-Biesold, Freie Journalistin

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