Giftpflanzen
WENIGE GRAMM WIRKEN TÖDLICH
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Der Blaue Eisenhut aus der Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae) gilt als die giftigste Pflanze Europas. Die Wildform wächst bevorzugt in gebirgigen, kühlen Gegenden, vor allem in den Mittelgebirgen und Alpen. Als kultivierte Zierpflanze ist der Blaue Eisenhut inzwischen häufig in Gärten anzutreffen. Die mehrjährige Staude entspringt aus einer rübenartigen Wurzel und erreicht eine stattliche Höhe von bis zu 150 Zentimeter. Ihre dunkelgrünen Blätter sind handförmig fünf- bis siebenfach geteilt und auf der Unterseite silbrig.
Blaues Gift Die dunkelblauen Blüten, deren Blütezeit sich von Juni bis Oktober erstreckt, sitzen in einer dichten, endständigen Traube. Da das äußere Blütenblatt einem Helm gleicht, bekam die Pflanze den Namen Eisenhut. Eine andere sehr geläufige Bezeichnung ist Sturmhut. Der Gattungsname Aconitum leitet sich aus dem griechischen Wort en akoneios = auf schroffem Felsen wachsend ab und verweist auf den Standort der Pflanze. Der Artname napellus ist eine Verkleinerungsform von lateinisch nappus = die Rübe und beschreibt das Aussehen der Wurzel. Volkstümliche Synonyme wie Gifthut, Giftkraut oder Wolfgift machen auf die Toxizität des Hahnenfußgewächses aufmerksam.
Gesamte Pflanze giftig Die Toxizität des Blauen Eisenhuts ist auf das enthaltene Aconitin zurückzuführen. Dieses Alkaloid ist in allen Pflanzenteilen enthalten, besonders viel befindet sich in der Wurzel. Für das reine Aconitin beträgt die letale Dosis 3 bis 6 Milligramm. Daher können selbst für einen Erwachsenen schon wenige Gramm tödlich sein. Dabei ist nicht nur die orale Aufnahme gefährlich. Das Gift wird sogar von der unverletzten Haut aufgenommen, sodass selbst das Pflücken der Pflanze oder das Spielen mit den Blüten zu Vergiftungserscheinungen führen kann.
Tödliche Verwechselungen Aber nicht nur Kinder vergiften sich mit der Pflanze. Die Giftnotzentralen berichten von Intoxikationen bei Erwachsenen durch Verwechslungen mit anderen essbaren Pflanzen. Beispielsweise vertauschen ungeübte Kräutersammler die Wurzeln des Eisenhuts mit Sellerie- und Meerrettichwurzeln. Auch sind sich die oberirdischen Teile von Petersilie und Blauem Eisenhut ähnlich.
Schnell wirksames Gift Aconitin hat zunächst erregende, später lähmende Effekte, wobei der Betroffene die ganze Zeit bei vollem Bewusstsein unter stärksten Schmerzen leidet. Bereits nach 10 bis 20 Minuten beginnt am ganzen Körper ein Brennen und Kribbeln. Wenig später folgen Schweißausbrüche und Frösteln begleitend zu Erbrechen und kolikartigen Durchfällen. Schließlich kommen Lähmungserscheinungen und ein pelziges Gefühl hinzu.
Bei schweren Vergiftungen kann der Tod schon nach kurzer Zeit (ca. eine Stunde) durch Atemstillstand oder Herzversagen eintreten. Im Vergiftungsfall gehören Erbrechenlassen und eine Magenspülung zu den ersten Maßnahmen, zudem wird medizinische Kohle gegeben. Ein spezifisches Antidot steht nicht zur Verfügung.
Giftmorde und Hexenkult Die starke Giftigkeit der Eisenhutarten war schon im Altertum bekannt. In verschiedenen Kulturen wurden mit Eisenhut vergiftete Pfeile für die Jagd benutzt oder Tiere mit Wurzeln der Pflanze gespicktem Fleisch getötet. Darüber hinaus war der Blaue Eisenhut damals als Gift geschätzt, mit dem man unliebsame Widersacher aus dem Weg räumte. Sowohl im alten Rom als auch im antiken Griechenland waren Giftmorde an der Tagesordnung, für die man bevorzugt Extrakte des Eisenhutes einsetzte.
Ein bekanntes Giftmordopfer war beispielsweise der römische Kaiser Claudius. Im Mittelalter war die Pflanze beliebter Bestandteil von Hexensalben. Ihre Anwendung versetzte in Rauschzustände, in denen das Gefühl des Gestaltwandels und des Fliegenkönnens erlebbar werden sollte. Dabei war das vom Aconitin ausgelöste Hautkribbeln ein gewünschter Effekt, der das Wachsen von Federn vorgaukelte.
Nur in der Homöopathie eine Bedeutung In der Naturheilkunde wurde früher der Wurzelstock und das zu Beginn der Blütezeit gesammelte Kraut gegen Nervenschmerzen, rheumatische Erkrankungen, Entzündungen des Herzbeutels und Rippenfellerkrankungen verwendet. Da es aber aufgrund der engen therapeutischen Breite in der Vergangenheit häufig zu Vergiftungen gekommen ist, sind die Droge und die früher gebräuchlichen Zubereitungen wie Extrakte und Tinktur heute obsolet und damit aus dem Arzneischatz der Schulmedizin verschwunden. Lediglich in der Homöopathie kommt der Blaue Eisenhut weiterhin zum Einsatz. Er ist als Aconitum ein beliebtes Mittel bei grippalen Infekten, schmerzhaften Nervenerkrankungen und Herzstörungen.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 03/13 ab Seite 92.
Gode Meyer-Chlond