Heilpflanzen

WEIHRAUCH – EIN FAST VERGESSENES HEILMITTEL

Bislang existiert bei uns kein zugelassenes Arzneimittel mit Weihrauch. Auch als Droge ist das Harz nicht gebräuchlich. Dennoch herrscht großes medizinisches Interesse an ihm.

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Das Weihrauchharz, Olibanum, ist ein nach dem Einschneiden von Stämmen und dicken Ästen aus Pflanzen der Gattung Boswellia austretendes milchsaftähnliches Gummiharz, das an der Luft zu durchscheinenden, gelblich bis rötlich braun gefärbten, unregelmäßigen Stücken erstarrt.

Weihrauch ist nicht gleich Weihrauch Es werden verschiedene Boswelliaarten aus der Familie der Burseraceae für die Harzgewinnung verwendet. Beim somalischen Weihrauch Boswellia sacra handelt es sich um kleine gedrungene, obstbaumähnliche Pflanzen, deren Heimat in Somalia, Ägypten und Südarabien liegt. Der indische Weihrauch Boswellia serrata Roxb. ex Colebr. stammt aus den trockenen Bergregionen Nordostindiens und wird sechs bis zehn Meter hoch.

Während Boswellia sacra aufgrund seiner langsam verbrennenden Eigenschaften vorwiegend zum zeremoniellen Räuchern gebräuchlich ist, haben insbesondere Weihrauchextrakte aus der indischen Art medizinisches Interesse gefunden. Als Salai Guggal verfügen sie bereits über eine tausendjährige Tradition in der indischen Volksmedizin Ayurveda und werden dort auch noch heute zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen eingesetzt.

Historischer Überblick Weihrauch war schon vor vielen Jahrtausenden nicht nur in Indien, sondern auch in anderen Kulturen bekannt und galt als überaus wertvoll. Sein Rauch, der sich beim Verbrennen des Harzes entwickelt, wurde bei Kulthandlungen der Ägypter oder Römer geschätzt. Noch heute wird Weihrauch als heiliges Räucherwerk (von althochdeutsch Wihrouch, zu wihen = heiligen, weihen) in der katholischen und orthodoxen Liturgie als ein Zeichen der Verehrung Gottes und zur Verdeutlichung des Gebets an Gott verwendet.

Daneben hat sich eine heilkundliche Anwendung etabliert. Die alten Ägypter nutzen den „Schweiß der Götter“, wie sie Weihrauch nannten, zur Aromatisierung der Luft oder für Salben zur Wundbehandlung. Griechische Ärzte kannten ihn als Mittel zum Reinigen und Verkleben von Wunden, wofür ihn auch Hildegard von Bingen gebrauchte. Zudem setzte sie ihn bei Verdauungsproblemen und Erkrankungen der Atemwege ein. Später fand das Harz äußerliche und innerliche Anwendung hauptsächlich zur Linderung rheumatischer Erkrankungen.

Bis 1953 war Weihrauch im Deutschen Arzneibuch monografiert, geriet dann aber aufgrund fehlender wissenschaftlicher Daten in Vergessenheit und wurde auch nicht von der Kommission E des ehemaligen Bundesgesundheitsamtes bearbeitet. Inzwischen ist das Interesse für das Gummiharz aufgrund seiner großen Bedeutung in der indischen Ayurvedamedizin sowie erfolgsversprechender jüngerer Studien wieder erwacht und wurde als Olibanum indicum (Indischer Weihrauch) ins aktuelle Europäische Arzneibuch aufgenommen.

TIPP
Die entzündungshemmende Wirkung macht man sich in Kosmetika auf Weihrauchbasis zur Pflege der juckenden und schuppenden Haut von Patienten mit einem atopischen Ekzem oder Psoriasis zunutze.

Entzündungshemmende Wirkung Indischer Weihrauch enthält Schleimstoffe, ätherische Öle sowie ein Harz, das zur Hälfte aus Boswelliasäuren besteht. Dies sind pentazyklische Triterpene, die als wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe gelten. In zahlreichen Tierexperimenten und klinischen Studien konnten die Boswelliasäuren in ausreichend hohen Dosierungen über verschiedene Angriffspunkte Entzündungsreaktionen beeinflussen, indem sie entzündungsfördernde Enzymsysteme wie die 5-Lipoxygenase, Cyclooxygenase, kappa-B-Kinasen, Leukozytenelastase, C-3-Konvertase, Topisomerase oder humanes Cathepsin G hemmen. So konnten positive Effekte bei entzündlichen Erkrankungen wie Arthritis, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Asthma oder Hirntumoren gezeigt werden. Auch existieren Forschungsansätze zur Verwendung topischer Zubereitungen bei Psoriasis.

Kein Phytopharmakon für die Selbstmedikation Da die Studien aufgrund der geringen Teilnehmerzahlen für eine arzneimittelrechtliche Zulassung nicht ausreichen, konnte in Deutschland bislang kein Arzneimittel mit Weihrauch zugelassen werden. Lediglich der rezeptpflichtige Import des indischen Präparates Sallaki unter dem Namen H15 ist möglich.

Obwohl aber weihrauchhaltige Nahrungsergänzungsmittel ohne Rezept bei uns erhältlich sind, warnen Experten vor ihrer Verwendung in der Selbstmedikation. Unterschiedliche Extrakte aus verschiedenen Weihraucharten ohne Standardisierung auf den Wirkstoffgehalt stehen zur Auswahl, deren Qualität nicht immer als gesichert gilt.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 12/11 ab Seite 26.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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