Ösophagusmodell © Mohammed Haneefa Nizamudeen / iStock / Getty Images
© Mohammed Haneefa Nizamudeen / iStock / Getty Images

Ösophaguskarzinom

VORSTUFE ERKENNEN, KREBS VERHINDERN

Viele Patienten mit bösartigen Speiseröhrentumoren befinden sich zum Zeitpunkt der Diagnostik bereits in einem fortgeschrittenen Tumorstadium. In diesen Fällen ist die Prognose ungünstig.

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Die Innenwand der Speiseröhre ist mit einer Schleimhaut ausgekleidet, wobei die flachen Zellen die oberste Schicht, das Plattenepithel, bilden. Auf der Schleimhaut befinden sich Drüsenzellen, die ein Sekret produzieren, um die Speiseröhre feucht zu halten und den Schluckvorgang zu erleichtern. Da die Speiseröhre ein sehr elastischer Hohlmuskel ist, spüren Betroffene die Geschwüre anfangs nicht, sodass die Speiseröhrenkrebs-Erkrankung oftmals über einen langen Zeitraum unbemerkt verläuft.

Achtung Krebsvorstufe Unter einem Barrett-Ösophagus versteht man eine funktionelle Umwandlung des Speiseröhrenepithels, das als Komplikation der Refluxkrankheit auftritt: Das Plattenepithel der unteren Speiseröhre wandelt sich in ein ungesundes, sogenanntes Zylinderepithel um. Man spricht vom Zustand der Präkanzerose, da sich daraus ein Adenokarzinom entwickeln kann. Daher ist beim Nachweis eines Barrett-Ösophagus eine regelmäßige endoskopische Kontrolle notwendig, um bei Veränderungen reagieren zu können. Man differenziert zwischen dem kurzsegmentigen (bis drei Zentimeter) und langsegmentigen (über drei Zentimeter) Barrett-Ösophagus. Ösophagus-Karzinome manifestieren sich entweder als Adeno- oder als Plattenepithelkarzinome und kommen vorwiegend bei Männern über 60 Jahren vor.

Adenokarzinome gehen aus der Barrett-Schleimhaut der unteren Speiseröhre oder aus Drüsenzellen im Bereich des Mageneingangs hervor. Deshalb tritt die Veränderung normalerweise am Über- gang von der Speiseröhre zum Magen auf. Adenokarzinome haben in den letzten Jahren stark zugenommen, Risikofaktoren sind Übergewicht und Rauchen. Plattenzellkarzinome bilden sich aus den flachen Epithelzellen der Schleimhaut, die im gesamten Bereich der Speiseröhre vorkommen. Sie erscheinen aufgrund von Noxen (wie Nikotin, Alkohol oder Nitrosaminen) und sind meist im mittleren Drittel der Speiseröhre lokalisiert. Die Symptome machen sich, wie häufig bei Tumorerkrankungen, erst in einem fortgeschrittenen Stadium bemerkbar. Betroffene klagen über Schluckstörungen, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Erbrechen (von Blut), Heiserkeit, Husten und Schmerzen.

Untersuchungen bringen Klarheit Die Diagnostik erfolgt über eine Magenspiegelung, bei der auch die Speiseröhre mit untersucht wird. Besteht der Verdacht auf ein Plattenepithelkarzinom kommt das Verfahren der Chromoendoskopie zum Einsatz, bei dem Farbstoffe auf die Schleimhaut der Speiseröhre gelangen, sodass man gesundes und auffälliges Gewebe besser differenzieren kann. Mit Hilfe der Sonografie können Leber und Lymphknoten auf Veränderungen geprüft werden. Eine endoskopische Sonografie liefert Aufschluss darüber, ob der Tumor bereits tiefere Schichten der Speiseröhre befallen hat. Wurde die Diagnose „Speiseröhrenkrebs“ gestellt, entscheidet der Arzt anhand der Tumorart und der Ausbreitung des Karzinoms, welche Behandlungsmethoden in Betracht kommen.

Im Rahmen einer Operation entfernt er das Tumorgewebe, um die Krankheit möglichst vollständig zu heilen. Im Anfangsstadium kann der Chirurg den Tumor eventuell unter Erhalt der Speiseröhre endoskopisch beseitigen. In den meisten Fällen besteht jedoch die Notwendigkeit, die Speiseröhre teilweise oder vollständig zu entfernen. Damit sich das entartete Gewebe nicht über die Lymphbahnen ausbreitet, entnimmt der Arzt die den Tumor umgebenden Lymphknoten. In fortgeschrittenen Stadien leiden Personen mit Ösophagus-​Karzinom unter sehr starken Schmerzen, daher kommt der medikamentösen Schmerztherapie eine enorme Bedeutung zu. Antikörper wie der Wirkstoff Trastuzumab werden bei Adenokarzinomen mit positivem HER2-Status eingesetzt. Sie binden an den epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor HER2 auf der Oberfläche der Krebszellen, die dadurch im Wachstum gehemmt werden.

Früherkennung rettet Leben In den letzten Jahren wurde das Barrett-Karzinom noch als prognostisch sehr ungünstig bewertet, mittlerweile stellt es eine Krebsart dar, die man bereits im Frühstadium diagnostizieren und in vielen Fällen heilen kann. Der Wandel ist auf die Einführung der hochauflösenden Videoendoskopie und Endosonografie zurückzuführen, da es durch die Methoden möglich ist, Tumore rechtzeitig zu erkennen, einzuschätzen und zu behandeln. Bei einer Frühdiagnose beträgt die Fünf-Jahres-Überlebensrate 65 bis 70 Prozent. Da die Erkrankung aufgrund mangelnder Symptome aber häufig erst spät entdeckt wird, gelten die Überlebenschancen bei einem Ösophagus-Karzinom insgesamt immer noch als schlecht. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate liegt bei später Diagnose bei weniger als zehn Prozent.

Prophylaktische Maßnahmen Eine entscheidende Rolle bei der Prävention eines Barrett-Ösophagus ist die Vermeidung einer gastroösophagealen Refluxkrankheit. Es lohnt sich zu jedem Zeitpunkt, das Alkoholtrinken und Rauchen auf- zugeben. Teeliebhaber sollten beim Genuss der Heißgetränke darauf achten, dass die Trink-Temperatur unter 60 Grad Celsius (°C) liegt. In einer Studie errechneten Wissenschaftler aus einer Trinktemperatur von über 60 °C in Kombination mit einer Trinkmenge von über 700 Milliliter Tee täglich einen Anstieg des Krebsrisikos um etwa 90 Prozent.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/19 ab Seite 84.

Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie und Fachjournalistin

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