Ist ein Antibiotikum angezeigt, ist es unbedingt nötig, sich an die Einnahmehinweise zu halten, um Resistenzen zu vermeiden. © simonidadjordjevic / iStock / Getty Images Plus

Aktionswoche | Antibiotikaresistenzen

„UNSERE ZEIT MIT ANTIBIOTIKA LÄUFT AUS“

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt mit eindeutigen Worten. Es ist Zeit zu handeln. Im Rahmen der jährlichen World Antibiotic Awareness Week wollte die Organisation noch einmal explizit auf die Folgen übermäßigen Antibiotika-Gebrauchs hinweisen.

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Die erschreckend große Zahl von über 33 000 Todesfällen pro Jahr aufgrund von Antibiotikaresistenzen schockierte bereits vergangene Woche. Sie geht aus Hochrechnungen hervor, die Wissenschaftler im Auftrag des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) durchgeführt und veröffentlicht haben. 90 Menschen versterben demnach innerhalb der EU täglich an den Folgen einer Infektion mit multiresistenten Erregern – das sind mehr als alle Todesopfer von Tuberkulose, HIV/AIDS und Influenza zusammen. Interessanterweise hatte bereits Alexander Fleming, Entdecker des Penicillins, vor Resistenzen gewarnt. Denn es ist ein einfaches biologisches Phänomen: Werden Bakterien angegriffen, entwickeln sie Verteidigungsstrategien, um ihr Überleben zu sichern – und diese Fähigkeiten geben sie natürlich gerne an Artgenossen weiter. Anlässlich seiner Nobelpreisverleihung erklärte Fleming 1945: „Die Zeit wird kommen, in der Penicillin von jedermann in Geschäften gekauft werden kann. Dadurch besteht die Gefahr, dass der Unwissende das Penicillin in zu niedrigen Dosen verwendet. Indem er die Mikroben nun nicht-tödlichen Mengen aussetzt, macht er sie resistent.“ Nun sind Antibiotika zumindest in den meisten Ländern verschreibungspflichtig, das schützt aber nicht in jedem Fall vor Fehlgebrauch. In vielen Fällen sind Antibiotika unsere einzigen zur Verfügung stehenden Waffen, aber dazu müssen sie auch wirken.

Verlieren diese Waffen an Wirkung haben „Superbugs“, also Keime, gegen die nichts mehr hilft, gut lachen. Prognosen zufolge könnten zwischen den Jahren 2015 und 2050 in Europa, Nord-Amerika und Australien bis zu 2,4 Millionen Menschen durch sie getötet werden – wenn nicht mehr getan wird, schreibt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrem Report: „Stemming the Superbug Tide. Just a Few Dollars more.“ Dabei könnten drei von vier Todesfälle verhindert werden, wenn simple Hygienemaßnahmen gewissenhafter eingehalten und Antibiotika behutsamer angewendet werden. Der Report rechnet weiter: Ein Investment von rund zwei US-Dollar pro Person könnte eine milliardenschwere Belastung für die Gesundheitssysteme verhindern.

Doch was kann jeder einzelne von uns dagegen tun? Dafür hat die WHO ein Faktenblatt erstellt. In „Informationen für alle Bürger“ wird unter anderem geraten, nie Antibiotika ohne ärztliche Verordnung anzuwenden (zum Beispiel durch den Kauf in Urlaubsländern, wo dies legal möglich ist) oder bei jedem Infekt ein Antibiotikum beim Arzt zu verlangen. Der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) beruhigt indessen zwar mit einer verstärkten Forschung im Bereich der Antiinfektiva (neben fünf Stoffen im aktuellen Zulassungsverfahren, befinden sich derzeit weitere 19 antibakterielle Substanzen in den letzten Studienphasen), doch nicht jede therapeutische Lücke kann dadurch geschlossen werden. Sogenannte Reserveantibiotika, also solche, die nur im Resistenzfall zum Einsatz kommen, können Missstände bestimmt kurzfristig überbrücken. Doch auch Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des vfa, sagt: „Äußerst wichtig ist, mit den vorhandenen Antibiotika verantwortungsvoll umzugehen. Denn für kein Geld der Welt lassen sich so schnell neue Antibiotika entwickeln, wie die Vorhandenen durch fahrlässigen Gebrauch und daraus resultierende Resistenzbildung unwirksam werden können.“

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: www.pharma-fakten.de

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