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Interview

„UNSER KAPITAL SIND DIE MITARBEITER“

Eric Ducournau ist seit 2013 CEO von Pierre Fabre Dermo-Cosmétique. Wir hatten die Gelegenheit, ihn in Berlin persönlich zu treffen und Interessantes über das Unternehmen und den Menschen, der es leitet, zu erfahren.

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Monsieur Ducournau, wie ist das Unternehmen Pierre Fabre entstanden? Gegründet wurde die Firma 1962 von Pierre Fabre, einem Apotheker aus Südwestfrankreich – wo die Firma auch heute noch ihren Hauptsitz hat. Damals gab es noch keine spezielle Pflege für die unterschiedlichen Hautzustände, wie zum Beispiel trockene oder zu Akne neigende Haut. Kosmetik kaufte man meistens in der Parfümerie. Pierre Fabre erkannte diesen Mangel und entwickelte zunächst in seiner Apotheke eigene Produkte, die zwischen Kosmetik und Arzneimittel standen. Sein Konzept bewies sich als erfolgreich, besonders unter Dermatologen. Er entwickelte weitere Produkte unter verschiedenen Marken wie etwa EAU THERMALE Avène. Von ihm stammt auch der Begriff „Dermo-Kosmetik“. Darunter versteht man heute wie damals eine Kosmetik, die besonders hohe Ansprüche hinsichtlich Wirksamkeit und Verträglichkeit erfüllt und auch zur Vorbeugung und unterstützenden Pflege von Hautkrankheiten eingesetzt werden kann.

Die Firma Pierre Fabre gehört zu einer als gemeinnützig anerkannten Stiftung. Was heißt das genau? Eine Stiftung muss in Frankreich konkrete Ziele festlegen, die dann auch von der Regierung überprüft werden. Für die Stiftung von Pierre Fabre sind dies humanitäre Ziele. Eines ist, die Arzneimittelversorgung weltweit zu verbessern. In den meisten Entwicklungsländern, vor allem in Afrika und Südost- Asien, ist die Versorgung mangelhaft und oft sind nur gefälschte Arzneimittel zu bekommen. In Deutschland oder Frankreich gibt es staatlich anerkannte Kontrolleure, die die Arzneimittelherstellung und -auslieferung überprüfen. In Afrika gibt es das nicht. Deswegen bildet die Stiftung zum Beispiel Apotheker aus, die diese Funktion dann übernehmen. Ein weiteres Ziel ist die Erforschung und Behandlung seltener dermatologischer, aber auch anderer Krankheiten, die nicht so sehr im allgemeinen Interesse stehen, wie beispielsweise Noma. Noma oder gangränöse Stomatitis ist eine durch Mangelernährung und schlechte hygienische Bedingungen begünstigte bakterielle Infektion der Mundschleimhaut. Unbehandelt zerfrisst sie Gewebe und Knochen im Gesicht. Sie tritt vor allem bei Kindern in armen afrikanischen Ländern auf.

Wirkt sich der humanistische Anspruch auch auf die Mitarbeiter aus? Schon Pierre Fabre war der Meinung, unser Kapital sind die Mitarbeiter. Wir schätzen eigenständig denkende und motivierte Mitarbeiter und unterstützen sie beim Erreichen ihrer Ziele. Wir ermöglichen ihnen zum Beispiel internationale Karrieren. Frauen bekleiden viele Führungspositionen und wir fördern ihren Aufstieg bei Pierre Fabre. Es ist ein Vorteil, zu einer Stiftung zu gehören, da viele junge Menschen Wert darauf legen, für sozialverantwortliche Unternehmen tätig zu sein.

Wie wichtig ist der deutsche Markt für Sie? Obwohl unsere Produkte erst seit 1997 in deutschen Apotheken erhältlich sind, ist Deutschland inzwischen eines der fünf wichtigsten Länder für uns. Das liegt daran, dass die Vertriebsstruktur ideal ist. Wir sehen unsere Produkte zwischen Medizin und Kosmetik. Wir bieten Wirksamkeit und Verträglichkeit. Das erwartet man nicht bei Produkten aus dem Supermarkt, in der Apotheke kann man das aber erwarten. Und nur dort, wo es Apotheken gibt, kann auch eine kompetente Beratung stattfinden. Wir brauchen für unsere Produkte fach- kundiges Personal, das Hautzustände erkennen und kompetent beraten kann. Auf diese Struktur trifft man nicht in jedem Land. In Amerika zum Beispiel gibt es nur Drugstores, dort findet man keine Fachkompetenz. Deutschland ist allerdings auch ein sehr stark umkämpfter Markt. Es gibt starke deutsche Marken, der Wettbewerb ist hoch. Aber das macht es gerade interessant.

Wo sehen Sie die Marken von Pierre Fabre in zehn Jahren? Es gibt zwei neue Herausforderungen, denen wir uns stellen wollen: Unser Leben verändert sich, wir reisen mehr, der Klimawandel, die Umweltverschmutzung – das alles nimmt Einfluss auf unsere Haut. Das heißt, wir müssen unsere Produkte an die sich verändernden Bedingungen anpassen. Und jedes Land hat andere Bedingungen. Das ist das eine Ziel. Das andere hat etwas mit dem Konsumverhalten der Menschen zu tun. Früher waren wir einfach eine französische dermo-kosmetische Firma, da genügte der französische Glamour. Inzwischen reicht das nicht mehr. Man kann heute rund um die Uhr an jedem Tag alles Mögliche online einkaufen. Durch das Internet müssen wir den Weg zum Kunden neu finden und neu definieren, ohne uns dabei zu weit von unserem Geschäftsmodell zu entfernen. Dermatologen und Apotheker sollen weiterhin beraten. Und wir halten an den Apotheken als Vertriebspartner fest, weil unsere Produkte deren Kompetenz brauchen. Nur dort kann die Anwendung unserer Produkte entsprechend überwacht werden. Die zweite große Herausforderung wird also sein, die Verbraucherbindung in Zeiten von digitalem Kaufverhalten neu zu erfinden.

VITA
Eric Ducournau studierte Jura in Bordeaux (Frankreich) und begann seine berufliche Karriere 1990 als stellvertretender Kabinettsdirektor des Bürgermeisters von Chalon-sur-Saône. Im Jahr 2000 wechselte er zu Pierre Fabre, wo er zunächst als Stabschef und später in anderen Positionen tätig war. Seit 2013 ist Ducournau Präsident und Geschäftsführer von Pierre Fabre Dermo-Cosmétique. Pierre Fabre Dermo- Cosmétique ist der weltweit zweitgrößte Dermo- Kosmetik-Hersteller. Im Jahr 2015 erwirtschaftete das im Südwesten Frankreichs ansässige Unternehmen einen Umsatz von 1,4 Milliarden Euro. Pierre Fabre verfügt über Niederlassungen in 43 Ländern und vertreibt seine Produkte in über 130 Ländern. Weltweit sind mehr als 7800 Mitarbeiter beschäftigt.

Was sind die entscheidenden Vorteile von Pierre Fabre gegenüber anderen Kosmetik-Produkten? Bei uns durchlaufen alle Produkte klinische Untersuchungen – fast wie Arzneimittel. Auch bei neuen Marken, wie zum Beispiel A-DERMA, können Sie sicher sein, dass die Produkte ausgiebig untersucht wurden und ihre Verträglichkeit nicht erst bei der Anwendung am Kunden unter Beweis stellen. Das ist in der Kosmetikbranche sonst nicht üblich. Da werden meist nur einfache Tests gemacht. Ein weiterer wichtiger Punkt, der für Pierre Fabre spricht, ist unser nachhaltiges Engagement. Wir verwenden viele pflanzliche Inhaltsstoffe und bauen die Pflanzen auch selbst an. Nehmen Sie den Hafer, der für die A-DERMA-Produkte verwendet wird. Wir pflanzen ihn selbst und nutzen die nicht verarbeiteten Teile zur Energiegewinnung. Oder die Avène Quelle – das Thermalwasser wird in allen Avène Produkten verwendet. Da liegt uns natürlich der Schutz der ganzen Region, in der die Quelle entspringt, am Herzen. Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind uns sehr wichtig.

Haben Sie selbst einen familiären Bezug zur Pharmazie? Keinen direkten – es gibt bei uns keine Apotheker in der Familie. Aber ich habe in meiner ersten Position im Unternehmen eng mit Pierre Fabre selbst zusammengearbeitet. Von ihm habe ich eine gewisse pharmazeutische Ausbildung erhalten. Manchmal musste ich ihn daran erinnern, dass ich kein Apotheker bin.

Wie schaffen Sie es, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bringen? Ich versuche, möglichst viel meiner Freizeit mit meiner Frau und meinen beiden Töchtern zu verbringen. Freitagabends dürfen sich meine Töchter einen Film aussuchen, den schauen wir dann alle gemeinsam an und essen dabei Sushi. Das ist zur Tradition geworden. Und wenn ich am Wochenende arbeiten muss, dann mache ich das ganz früh morgens oder ganz spät abends. Von unterwegs schicke ich meinen Töchtern jeden Tag ein Foto – manchmal fotografiere ich eine Sehenswürdigkeit und wir machen ein Quiz draus. So sind sie immer ein bisschen dabei. Ich möchte nicht, dass sie eines Tages sagen, ich gehöre nicht mehr zur Familie.

Nennen Sie mir drei Grün- de, warum unsere LeserInnen Produkte von Pierre Fabre empfehlen können. Erstens sind unsere Produkte wirksam und sicher. Für die Auswahl des passenden Produktes und die richtige Anwendung sorgen die Apotheken. Ein zweiter wichtiger Grund ist unsere Loyalität zur Apotheke. Wir verkaufen in Europa nicht direkt übers Internet. Wir sind eng verbunden mit der Apotheke und das bleibt auch so. Drittens haben wir in vielen Ländern Akademien, zum Beispiel in Berlin, wo wir Apothekenmitarbeiter ausbilden. Eben- falls nicht zu vergessen sind unsere nachhaltigen Ziele und humanitären Werte. ■

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHE 06/17 ab Seite 94.

Das Interview führte Sabine Breuer

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