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Beckenboden

TRAGENDE FUNKTION

Er leistet wichtige Funktionen gewissermaßen im Verborgenen. Man sieht ihn nicht, man spürt ihn nicht und bewegt ihn nicht bewusst – manche wissen gar nicht um seine Existenz.

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Der Beckenboden ist eine mehrschichtige, von Sehnen und Faszien durchzogene, zwischen den knöchernen Strukturen des Beckens gespannte Muskelbindegewebsplatte, die das Becken nach unten abschließt. Das dichte Geflecht aus Quer- und Längssträngen umschließt Harnröhre und Enddarm (Rektum) sowie bei der Frau die Scheide (Vagina). Einige der Muskeln können willentlich angespannt werden, andere nicht.

Die Struktur hält die Bauch- und Beckenorgane in der richtigen Position, stabilisiert sie und unterstützt die Verschlussmechanismen von Darm und Blase. Genauso wichtig wie diese Haltearbeit und die Anspannung ist seine Fähigkeit, zu entspannen - etwa bei Stuhlgang und Wasserlassen sowie bei der Frau beim Geschlechtsverkehr und natürlich während der Geburt. Auch auf das Sexualleben hat ein kräftiger Beckenboden einen positiven Einfluss.

Nachlassende Stützfunktion … Im Laufe des Lebens kann die Beckenbodenmuskulatur erschlaffen, beispielsweise durch schwere körperliche Arbeit (schweres Heben) oder bei Adipositas. Auch häufige Episoden von erhöhtem Druck im Bauchraum wie zum Beispiel durch chronischen Husten oder starkes Pressen beim Stuhlgang können die Haltestruktur überlasten. Ein anlagebedingt schwaches Bindegewebe begünstigt eine Schwächung der Strukturen.

Besonders oft sind Frauen betroffen: Hormonelle Veränderungen im Alter und in der Schwangerschaft sowie Geburten in rascher Folge, die Geburt sehr schwerer Kinder oder von Mehrlingen aber auch Geburtsverletzungen setzen dem Gewebe zu. Dennoch sind Beckenbodenprobleme keine reine „Frauensache“: Auch Männer, die sich einer Prostataoperation unterziehen mussten, werden oft inkontinent.

 … und die Folgen Sind die Haltestrukturen geschwächt, können sich Organe nach unten verlagern, eine so genannte Senkung (Descensus) von Gebärmutter oder Scheide. Dabei gibt es verschiedene Stufen: Ist die Veränderung weiter fortgeschritten, kann es dazu kommen, dass sich Teile der Organe unterschiedlich weit in die Scheide vorwölben. Je nachdem, ob es sich um einen Vorfall (Prolaps) der Gebärmutter, Blase oder des Mastdarms handelt, spricht man von einem Uterusprolaps, einer Zystozele oder Rektozele. Auch die Scheide selbst kann sich bei Frauen, denen die Gebärmutter entfernt wurde, senken. Solche „Übertritte“ der Organe ereignen sich entweder nur bei bestimmten Situationen, etw

Weitere Therapieoptionen
Eine konservative Methode sind Pessare – Hilfsmittel unterschiedlicher Form und Größe –, die in die Scheide eingesetzt werden; damit kann die Position von Harnröhre und Blase korrigiert werden. Sie müssen individuell angepasst und regelmäßig gewechselt werden. Ultima Ratio ist schließlich die Operation. Hier gibt es inzwischen eine große Anzahl minimal-invasiver Verfahren. Jedoch können auch diese, wenn auch selten, schwere Komplikationen nach sich ziehen. Raten Sie daher Ihren Kundinnen, wirklich alle Möglichkeiten auszuschöpfen und sich gut über Alternativen zu informieren.

a beim Pressen oder schwerer Arbeit, oder sie bleiben im schwersten Fall auch in Ruhe bestehen. Ein Anzeichen für einen geschwächten Beckenboden kann zum Beispiel der gelegentliche Verlust von Urintröpfchen sein. Auch ziehende oder diffuse Schmerzen oder ein Druck- oder Fremdkörpergefühl im Unterleib können auf einschlägige Probleme hinweisen, ebenso Probleme mit dem Stuhlgang oder beim Geschlechtsverkehr.

Oft zeigt sich die Schwäche des Stützapparats in Form verschiedener Blasenbeschwerden wie Blasenentleerungsstörungen, Blasenentzündungen oder Harnwegsinfektionen. Häufig entwickelt sich – nicht nur bei älteren Frauen – ein unwillkürlicher Urinverlust (Belastungs- oder Stressinkontinenz). Zu Beginn gehen oft nur ein paar Tropfen ab, bei Anlässen wie beim Heben, Tragen, Springen, Lachen, Niesen oder Husten. Diese Aktivitäten erhöhen den Druck im Bauchraum - und damit auch auf die Blase. Ab einer gewissen Schwächung kann der Blasen-Verschlussapparat diesem Druck nicht mehr standhalten. Je nach Schweregrad kann sich die Symptomatik auch ausweiten.

 Das Training Mit gezielten Übungen kann man die Beckenbodenmuskulatur kräftigen und straffen und so auch den Blasen-Schließmuskel stärken. Je früher im Leben mit dem Beckenbodentraining begonnen wird, umso leichter fällt es – und umso besser lässt sich den Problemen vorbeugen. Wer sich in seinem ganzen Leben nicht um diese Muskeln gekümmert hat, dem bereitet es allerdings große Schwierigkeiten, sie überhaupt wahrzunehmen.

Erklären Sie Ihrem Kunden, dass man mit falschem Üben den Beckenboden sogar ungünstig belasten kann. Zu Beginn sollte daher am besten unter Anleitung eines Physiotherapeuten/ einer Physiotherapeutin geübt werden, der/die möglichst eine Spezialausbildung für Beckenbodentherapie besitzt. Unterstützen kann ein Biofeedbackgerät: Damit lässt sich die Betätigung der Muskulatur nachprüfen und der Grad der Anspannung erfassen.

Zusätzlich sollten im Rahmen einer Therapie immer auch die richtige Atemtechnik, ggf. Toilettentraining und Stuhlregulierung sowie Einüben der richtigen Bewegung im Alltag erfolgen. Wenn durch richtige Gymnastik am Ende Bauch-, Rücken- und Beckenbodenmuskulatur besser zusammenarbeiten, kann dies auch die Körperhaltung verbessern; manchmal erfährt man Linderung von Rückenschmerzen. Es werden auch kleine Gewichte angeboten, die in die Vagina eingeführt werden und dort gehalten werden sollen (Vaginalkonen). In der Einschätzung dieser Hilfsmittel gehen allerdings die Meinungen der Experten auseinander.

Weitere Optionen Auch hormonhaltige Vaginalcreme oder -zäpfchen können helfen. Estrogenmangel führt nämlich zu einem abnehmenden Kollagengehalt des Gewebes, wodurch – zusammen mit einer schlechteren Durchblutung – die Inkontinenz begünstigt wird. Eine mittelschwere bis schwere Belastungsinkontinenz kann auch mit einem Serotonin-Noradrenalin- Wiederaufnahmehemmer (SSNRI; Duloxetin) behandelt werden.

Diese Medikation sollte wegen der häufigen Nebenwirkungen (gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit; Schwindel, etc.) einschleichend begonnen werden. In vielen Städten gibt es Beckenbodenzentren, an denen Urologen, Gynäkologen, Proktologen und Neurologen sowie Physiotherapeuten und Hebammen je nach Fall zusammenarbeiten.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 03/14 ab Seite 106.

Waldtraud Paukstadt, Dipl. Biologin

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