Den Keim F. nucleatum kannte man bisher nur als Auslöser der Parodontose. Neue Studien deuten auch auf eine Symbiose mit Darmkrebszellen hin. © Andriy Bezuglov /123rf.com

Mikrobiologie | Darmkrebs

SYMBIOSE ZWISCHEN PARODONTOSE-BAKTERIUM UND DARMKREBSZELLEN ENTDECKT

Den in der Mundhöhle beheimateten Keim Fusobacterium nucleatum (F.nucleatum) kennt man bereits als Auslöser von Parodontose, einer Entzündung von Zahnfleisch und Zahnhälsen, die oft zum Zahnverlust führen kann. US-amerikanische Forscher haben nun eine Beziehung zwischen dem Vorkommen des Bakteriums im Darm und dort anzutreffenden Darmkrebszellen aufgedeckt.

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Weiter auseinander könnten zwei Strukturen eigentlich nicht vorkommen: einmal am Anfang und Ende des Gastrointestinaltraktes. Trotzdem kommunizieren sie anscheinend miteinander. Denn bei Darmkrebspatienten findet man in den Tumorzellen gehäuft das Bakterium F. nucleatum. Anfangs war nicht ganz klar, ob der Keim lediglich die Wachstumsbedingungen in der Tumorzelle nutzt, ähnlich einem opportunen Befall, oder ob es sich um eine symbiotische Beziehung handelt, bei der beide Parteien etwas davon haben. Tatsächlich führt eine Behandlung mit dem antibiotischen Wirkstoff Metronidazol sowohl zu einem Rückgang der Bakterienbesiedlung als auch zu einer Verkleinerung der Tumorzellen. Liegt vielleicht eine ähnliche Beziehung vor wie zwischen der Besiedelung durch Helicobacter pylori und der Entstehung von Magenkrebs? Die US-amerikanischen Forscher um Matthew Meyerson vom Dana-Farber-Cancer-Institute in Boston gingen dieser Frage nach.

Eine tumorwachstumsfördernde Wirkung können sich die Wissenschaftler vorstellen, die Auslösung von Darmkrebs durch F. nucleatum eher nicht, auch wenn das Bakterium die Krebszellen sogar bei einer Metastasierung begleitet. Denn die Arbeitsgruppe fand bei ihren Untersuchungen sowohl im Primärtumor als auch in den Lebermetastasen von Darmkrebspatienten Kolonien von F. nucleatum. Waren die Ausgangstumoren nicht besiedelt, fehlte der Keim auch in den Lebermetastasen. Die Innigkeit dieser Beziehung konnten die Forscher auch durch Transplantationsversuche zeigen, bei denen sie besiedelte, menschliche Tumorzellen auf immunsupprimierte Mäuse übertrugen und dann von diesem auf weitere Tiere weiterreichten. Das Bakterium ließ sich bei diesem Versuch sogar noch in der vierten Generation nachweisen.

Die therapeutischen Ansätze, auch das Tumorwachstum mit Metronidazol, also durch eine Bekämpfung von F. nucleatum zu verlangsamen, gelangen zwar, ein Rückgang der entarteten Zellen konnte allerdings nicht gezeigt werden. Inwieweit Metronidazol daher zum Einsatz in der Therapie des kolorektalen Karzinoms geeignet ist, der häufig erst in einem späten Stadium entdeckt wird, bleibt fraglich.

Farina Haase, Volontärin

Quelle: Ärzteblatt

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