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Reizblase

STÄNDIGER HARNDRANG

Eine überaktive Blase kann die Lebensqualität der Betroffen enorm beeinträchtigen – Konzertbesuche, Spaziergänge oder längere Fahrten können für sie eine Qual werden – immer auf der Suche nach der nächsten Toilette.

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Das andauernde Druckgefühl auf die Blase veranlasst, ständig nach einer Toilette Ausschau zu halten. Auch der Schlaf wird durch den Drang in der Blase gestört. Experten sprechen von einer Reizblase, wenn Patienten häufiger als acht Mal täglich zur Toilette gehen. Es ist umstritten, ob es sich bei der Problematik um ein eigenständiges Krankheitsbild handelt. Man vermutet eher einen Symptomkomplex, der mit Störungen der Blasenentleerung einhergeht. Bei dieser funktionellen Einschränkung ist kein organpathologischer Befund nachweisbar. Die Symptome können denen einer Blasenentzündung ähneln, obwohl keine bakterielle Infektion vorliegt.

Anatomie und Funktion der Blase Die Harnblase ist ein muskuläres Hohlorgan, das der Urinspeicherung dient. Sie liegt im vorderen Bereich des kleinen Beckens. Man unterscheidet anatomisch Blasenkörper, -grund und -hals. Im Blasengrund münden die beiden Harnleiter. Der Blasenhals geht nach vorne hin in die Harnröhre über. Der Urin wird über die Harnleiter in die Blase gebracht. Ihr Fassungsvermögen liegt zwischen 500 und 800 Millilitern.

Wenn sie bereits etwa zur Hälfte gefüllt ist, wird über so genannte Dehnungsrezeptoren eine Wandspannung registriert. Diese Information wird über das Rückenmark zum Gehirn weitergeleitet, sodass der Harndrang wahrgenommen wird. Die Entleerung wird durch die Schließmuskel kontrolliert. Der innere wird reflexartig über das Rückenmark gesteuert und zieht sich entsprechend der Blasenfüllung zusammen.

Hingegen wird der äußere Schließmuskel willentlich gesteuert und spielt dann eine Rolle, wenn eine Entleerung trotz Harndrang verhindert werden muss. Auch die Beckenbodenmuskulatur hat Einfluss auf die Kontinenz. Bei der Entleerung kontrahiert der Blasenmuskel. Gleichzeitig öffnen sich der innere und der äußere Schließmuskel. Die Beckenbodenmuskulatur sinkt ab und der Harn wird ausgeschieden.

Symptome und Diagnose Im Vordergrund bei einer Reizblase stehen der ständige Harndrang und das häufige Wasserlassen. Die ausgeschiedenen Urinmengen sind dabei minimal und der Harn hat eine helle Farbe. Betroffene suchen in extremen Fällen bis zu 30 Mal täglich die Toilette auf. Unter Umständen gehen geringe Urinmengen unkontrolliert ab.

Manchmal kommen krampfartige Schmerzen im Unterbauch dazu. Beschwerden beim Wasserlassen treten eher selten auf. Egal, ob es sich um eine schwach oder stark ausgeprägte Form handelt, die Reizblase wird von den Patienten als äußerst unangenehm erlebt.

Nicht selten tritt eine Reizblase nach einer Blasenentzündung in Erscheinung und besteht unter Umständen über Wochen. Im Rahmen der Diagnosestellung erhebt der Arzt zunächst die Anamnese der Patienten. Er prüft den Urin auf mögliche Infektionen. Weitere Untersuchungen werden von einem Urologen durchgeführt. Eine Ultraschalluntersuchung liefert Aufschluss über eventuelle Veränderungen der Blase und der ableitenden Harnwege.

Auch Harn- und Blasensteine können auf diese Weise entdeckt werden. Um einen Blasentumor als mögliche Ursache auszuschließen, kann eine Blasenspiegelung durchgeführt werden. Eine weitere Untersuchungsmethode ist die Blasendruckmessung. Hierbei wird das Fassungsvermögen des Hohlorgans festgestellt. Bei der Diagnose Reizblase handelt es sich um eine Ausschlussdiagnose. Dies bedeutet, dass die Diagnose dann gestellt wird, wenn keine greifbaren Ergebnisse aus den Untersuchungen hervorgehen.

WEITERE TIPPS
+ Nicht die Flüssigkeitszufuhr vernachlässigen, jedoch den Konsum von diuretischen Getränken einschränken.
+ Regelmäßiges Beckenbodentraining stärkt die Muskulatur und unterstützt die Blasenentleerung.
+ Zum Schutz der Blase können pflanzliche Präparate eingesetzt werden, die bei entzündlichenErkrankungen der ableitenden Harnwege zum Einsatz kommen.

Ursachen und Therapie Man unterscheidet zwischen primärer und sekundärer Reizblase. Bei Ersterer ist keine eindeutige Ursache erkennbar. Daher verläuft die Therapie hierbei symptomatisch. Bei der sekundären Reizblase hingegen sind die Ursachen bekannt.

Mögliche Auslöser sind Infektionen, psychosomatische Erkrankungen, Estrogenmangelzustände bei Frauen in der Menopause, Blasentumore, neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Blasensteine oder Medikamentennebenwirkungen zum Beispiel bei der Einnahme von Diuretika. Die sekundäre Reizblase wird immer kausal behandelt. So wird beispielsweise bei einer Infektion ein Antibiotikum verordnet, hingegen ist bei psychosomatischer Ursache eine Psychotherapie hilfreich.

Zur symptomatischen Behandlung gibt es verschiedene Möglichkeiten: Der Wirkmechanismus der Anticholinergika beruht auf einer Entspannung der glatten Muskulatur der Harnblase. Hierzu gehören Wirkstoffe wie Oxybutynin, Trospiumchlorid oder Tolterodin. Der Harndrang und die Häufigkeit der Blasenentleerung werden reduziert. Butylscopolaminiumbromid ist ein Spasmolytikum aus der Gruppe der Parasympatholytika. Es setzt die Kontraktionsbereitschaft des Blasenmuskels herab.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/12 ab Seite 110.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin (FJS)

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