Deutscher Apothekertag

SPAHN WILL DISKUTIEREN

Für die meisten Apotheker war der diesjährige Deutsche Apothekertag in München eine eher ernüchternde Veranstaltung, da sich Gesundheitsminister Spahn zur Zukunft der Branche weitgehend unkonkret geäußert hatte.

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Für PTA hatte er allerdings gute Nachrichten im Gepäck. So kündigte der Minister an, „in den kommenden ein bis zwei Jahren den PTA-Beruf zu überarbeiten.“ Nach seinen Beobachtungen liegt der Schwerpunkt des Berufsstandes auf Beratung und Information, weniger auf der Herstellung. „Vielleicht haben wir hier Anknüpfungspunkte,“ räsonierte Spahn.

Schulgeld wird abgeschafft Ganz sicher war sich der Minister jedoch bei der Frage des Schulgeldes: Nach den Pflegekräften und Heilmittelerbringern sind nun auch die PTA an der Reihe, kein Schulgeld mehr zahlen zu müssen. „Es kann nicht sein, dass bei händeringend gesuchten Fachkräfteberufen die Botschaft ist: Ihr müsst noch Geld mitbringen“, versprach Spahn. Mit Ausnahme dieser konkreten Ankündigung blieb der Minister jedoch im Vagen und vertröstete die Apotheker darauf, „dass das nächste halbe Jahr sehr stark von Fragen zur Arzneimittelversorgung“ geprägt sein wird. Hinter dieser Aussage verbarg sich für viele Apotheker eine große Enttäuschung: Sie hatten gehofft, dass sich der CDU-Politiker zum Rx-Versandhandelsverbot äußeren würde

Kein direktes Wort zum Rx-Versandhandelsverbot Zur allgemeinen Verwunderung fiel dieses Stichwort auch nicht in der Grundsatzrede von ABDA Präsident Friedemann Schmidt. Er konzentrierte sich vielmehr darauf, den „Fetisch der Ökonomisierung im Gesundheitswesen“ anzuprangern. Auch wies er darauf hin, dass im vergangenen Jahr „mehr als 300 Apothekenbetriebsstätten unwiederbringlich verloren gegangen“ sind, obwohl die Bevölkerung bedingt durch die Zuwanderung deutlich gewachsen sei. „In der EU-Apothekenversorgungsstatistik sind wir weiter zurückgefallen und erreichen jetzt langsam, aber sicher das untere Drittel.“

GKV als Ärgernis Im Zusammenhang mit der Ökonomisierung im Gesundheitswesen griff der ABDA-Präsident insbesondere den Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) an. Vom GKV-Spitzenverband sei man „ganz besonders genervt“. Schmidt warf dem Verband vor, dass er sich auf dem Höhepunkt der Valsartan-Krise nicht hinter die Apotheker gestellt habe. Aus seiner Sicht hätte der Spitzenverband den Versicherten die zweite Zuzahlung erlassen sollen.

Stattdessen mussten Apotheker – und hier sollte man hinzufügen: auch PTA – sich mit den zu Recht verärgerten Patienten auseinandersetzen müssen. Schmidt fasste das Ärgernis treffend zusammen: „Während wir alle damit beschäftigt sind, das Vertrauen der Patienten in ihre Arzneimitteltherapie zu retten, schlägt der angebliche Interessenvertreter eben diesen Patienten öffentlich vor, vielen von uns den Laden zuzumachen. Dieses Verhalten ist an Frechheit eigentlich nicht zu überbieten.“

Hohe Erwartungen an die Politik An die Adresse der Politik gerichtet, fand Schmidt deutliche Worte. Er habe die Hoffnung, dass die Politik aus den Krisen dieses Sommers – Stichworte sind hier die Valsartan-Verunreinigung, die Lunapharm-Affäre sowie die Verurteilung des Botropper Zytostatika-Apothekers – gelernt habe, dass im Gesundheitswesen „Sicherheit immer vor Bequemlichkeit und manchmal auch vor Sparsamkeit gehen muss“. Außerdem erwarte man, „dass ausländische Apotheken, Großhandels- und Versandunternehmen, die sich an der deutschen Arzneimittelversorgung beteiligen wollen, sich auch an die deutschen Preisvorschriften und Sicherheits- und Qualitätsanforderungen halten müssen“.

Gleichzeitig betonte Schmidt, dass die Einhaltung dieser Rahmenbedingungen auch „mit der gleichen Intensität überwacht, durchgesetzt und Verstöße ebenso bestraft werden“, wie das auch für deutsche Apotheken gelte. Schließlich sei ein Recht, das nicht überwacht und durchgesetzt werde, kein Recht, sondern lediglich „eine Absichtserklärung!“. Nachdem der Standespolitiker am Schluss seiner Rede noch einmal deutlich machte, dass man „keine ökonomische Klugscheißerei, sondern klare und verlässliche Rahmenbedingungen“ bräuchte, brandete Applaus im Saal auf.

Wie geht es weiter? Auch wenn ABDA-Präsident Schmidt den Apothekertag mit einem Hinweis auf kommende Veränderungen beendete, scheint wenigstens in einer Sache Klarheit zu herrschen: „Es wird keine Lockerung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes geben, solange ich Gesundheitsminister bin“, versprach Jens Spahn. Und noch ein Satz vom Minister erfreute Apothekerherzen: „Das rote Apotheken-A ist ein Stück Heimat, das gilt nicht nur für das Land, sondern auch für Stadteile.“ Außerdem beteuerte er, dass er die Apotheke vor Ort „stark oder sogar noch stärker“ machen wolle.

Natürlich beschreiben auch Allgemeinplätze das Verhältnis des jungen Ministers gegenüber den Apothekern. Aber beim allerdrängendsten Problem, der Umsetzung des Rx-Versandhandelsverbots war es dann mit Sympathiebekundungen vorbei. Nachdem er sinngemäß wiederholt hatte, was schon bekannt war: „Wir wollen uns das im Koalitionsvertrag versprochene Rx-Versandverbot genau anschauen,“ reagierte das Publikum leicht genervt. Spahn konterte die Gefühlsregung sofort: „Da können Sie stöhnen, aber wir müssen europarechtliche Themen in den Blick nehmen.“ Später begründete er seine zögerliche Haltung so: „Ich sage nicht, wir verbieten das und dann passiert es nicht.“

Klarheit in einem halben Jahr Generell will der Gesundheitspolitiker die Apotheker in seine Überlegungen hinsichtlich Reformvorhaben in Gesprächsrunden mit einbinden. Dabei machte er aber klar, dass diese Gespräche nicht bis ins „Nirwana“ geführt werden sollten, sondern es seine Absicht sei, in einem halben Jahr „Ergebnisse zu liefern“. Die Themen, mit denen sich der Minister auseinandersetzen will, betreffen sowohl in struktureller als auch finanzieller Hinsicht den Nacht- und Notdienst, die Arzneimitteltherapiesicherheit sowie die Honorarverhandlungen.

In Bezug auf das Honorargutachten wies er nur trocken darauf hin, dass dieses nun einmal „auf dem Tisch im Bundestag“ läge. Außerdem fragte sich Spahn, ob man in Apotheken bereit sei, Pflegebedürftige zu begleiten und noch mehr Verantwortung in Sachen Prävention zu übernehmen? Ein weiteres Thema ist aus seiner Sicht eine neue Definition des Botendienstes. Im Gespräch mit den Apothekern soll außerdem geklärt werden, ob Pharmazeuten Impfungen übernehmen wollten oder nicht. Ein Anliegen scheint den Minister besonders intensiv umzutreiben: Die Telepharmazie und die elektronische Gesundheitsakte. So wies er darauf hin, dass er spätestens 2020 bis 2021 für jeden Versicherten eine „elektronische Patientenakte haben will“, bei der das E-Rezept ein „entscheidender Bestandteil“ sein werde. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/18 ab Seite 80.

Claus Ritzi, Pharmajournalist (wdv)

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