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Neue Serie: Schlaf – Teil 2

SOOOO MÜDE

Unausgeschlafen ist jeder mal. Aber jeder zehnte Deutsche empfindet seinen Schlaf über längere Zeit als nicht erholsam und fühlt sich deshalb im beruflichen und sozialen Alltag beeinträchtigt.

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Normalerweise schlummern Erwachsene etwa sieben bis acht Stunden pro Nacht, Frauen tendenziell etwas länger als Männer. Dass man aufgrund von Sorgen über einen gewissen Zeitraum weniger gut schläft, kennt jeder. Dagegen können anhaltende Schlafstörungen vielfältige ernstzunehmende Gründe haben und sich auf unterschiedliche Weisen äußern.

Dementsprechend werden sie unterteilt in Insomnien , Schlafstörungen aufgrund von Atmungsstörungen (Beispiel: Schlaf-Apnoe-Syndrom), Hypersomnien mit zentralen Ursachen (Beispiel: Narkolepsie), Problemen aufgrund von Störungen des zirkadianen Schlaf-Wach-Rhythmus (Schichtarbeit, Jetlag), Parasomnien (Schlafwandeln & Co.) und Bewegungsstörungen im Schlaf (Beispiel: periodische Beinbewegungen, Restless Legs Syndrom).

Nicht erholsamer Schlaf In den medizinischen Standardwerken finden sich leicht abweichende Definitionen und Unterteilungen der Insomnie, die sich aber in grundlegenden Punkten einig sind: Prinzipiell handelt es sich dabei um nicht erholsamen Schlaf, ausgelöst durch Ein- und/oder Durschlafstörungen. Zum Problem werden sie spätestens dann, wenn sie über einen längeren Zeitraum andauern und so schwer sind, dass sie zu Einschränkungen während des Tags führen. Dann kommt es zu Konzentrationsstörungen, verminderter Leistungsfähigkeit, vermehrter Tagesmüdigkeit und Reizbarkeit.

Schlafstörungen nehmen mit dem Alter zu, Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Lässt sich keine organische Ursache der Schlafbeschwerden ermitteln, so spricht man von einer primären Insomnie. Sind sie auf eine andere Erkrankung zurückzuführen, von einer sekundären Insomnie.

Primäre Insomnien Die bekannteste Form ist die psychophysiologische Insomnie: Hier versuchen Betroffene mit großer Anstrengung einzuschlafen und befürchten, am nächsten Tag nicht leistungsfähig zu sein, falls dies nicht gelingt. Der Effekt ist das genaue Gegenteil: Sie finden erst recht nicht in den Schlaf. Manche Menschen sind zudem überzeugt, schlecht zu schlafen, obwohl dies objektiv nicht der Fall ist. Hier hilft vielfach eine Untersuchung im Schlaflabor, um Betroffenen das Gegenteil zu beweisen. Bei der seltenen idiopathischen Insomnie können Betroffene von Kindheit an nicht ausreichend schlafen. Möglicherweise liegt hier eine Störung des Systems zugrunde, das den Schlaf- Wach-Rhythmus reguliert.

SCHLAFHYGIENE
Viele Schlafprobleme lassen sich durch eine Änderung des Verhaltens in den Griff bekommen:
+ Auf regelmäßige Einschlaf- und Aufwachzeiten achten – auch am Wochenende
+ Das Bett nur zum Schlafen nutzen und nur ins Bett gehen, wenn man wirklich müde ist
+ Optimal ist ein gut gelüftetes Schlafzimmer mit einer Temperatur von maximal 18 °C
+ Wachmachende Getränke wie Kaffee oder Tee sowie schwere Malzeiten am Nachmittag und Abend vermeiden
+ Keine anstrengenden körperlichen Tätigkeiten oder Sport am Abend – statt dessen lieber einen Spaziergang an der frischen Luft
+ Alkoholkonsum vermeiden oder zumindest einschränken – er hilft zwar möglicherweise beim Einschlafen, stört aber die Schlafarchitektur während der Nacht
+ Möglichst nicht am Tag schlafen

Häufig führen ungünstige Gewohnheiten zu Schlafstörungen. Zwar können manche Menschen auch nach einem Abendessen bestehend aus Braten mit Klößen, begleitet von einigen Gläsern Wein, noch gut schlafen. Grundsätzlich sind aber weder schwere Malzeiten noch Alkohol förderlich für den Schlaf. Wer also eher Probleme hat, sollte über einige Wochen eine konsequente „Schlafhygiene“ befolgen. Damit lassen sich viele Schlafbeschwerden bessern oder sogar beheben.

Sekundäre Insomnien Viele neurologische Erkrankungen beinflussen den Schlaf, beispielsweise neurodegenerative Krankheiten wie Morbus Parkinson oder Demenzen sowie entzündliche Erkrankungen des zentralen Nervensystems wie Multiple Sklerose. Menschen mit Epilepsie schlafen ebenfalls häufig schlecht. Zudem können Schmerzen den Schlaf beeinträchtigen. Unter den psychiatrischen Erkrankungen ist die Depression diejenige, von der am besten bekannt ist, dass ein enger Zusammenhang mit Schlafstörungen besteht. Schließlich können zahlreiche Medikamente als Nebenwirkung den Schlaf negativ beeinflussen.

Mit Bedacht einsetzen Benzodiazepine sind die am weitesten verbreiteten Hypnotika. Kurzfristig eingesetzt (weniger als vier Wochen) zeigen sie eine gute Wirksamkeit. Sie verstärken die dämpfende Wirkung des körpereigenen Neurotransmitters GABA (Gamma-Amino- Buttersäure) und fördern so das Ein- sowie Durchschlafen. Außerdem wirken sie sedativ, anxiolytisch und antikonvulsiv. Zu den bekanntesten gehören Diazepam, Triazolam, Nitrazepam oder Lorazepam. Darüber hinaus gibt es noch eine Vielzahl weiterer Präparate, die sich vor allem bezüglich Wirkeintritt und Wirkdauer unterscheiden.

Einen ähnlichen Wirkmechanismus haben die sogenannten Z-Substanzen (Zopiclon, Zaleplon, Zolpidem). Allerdings sind alle diese Medikamente nicht für die langfristige Behandlung geeignet, da sie ihre Wirksamkeit verlieren und abhängig machen. Das Absetzen der Medikamente ist schwierig, weil Entzugserscheinungen und/oder ein Rebound-Syndrom, also eine vorübergehende Verstärkung der Schlafbeschwerden, drohen.

ZUSATZINFORMATIONEN
Suchtgefahr! Laut Deutscher Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) sind etwa 1,2 Millionen Menschen hierzulande von Schlaf- und Beruhigungsmitteln abhängig und nehmen diese zum Teil über Jahre ein. Betroffen sind vor allem ältere Frauen, vielfach ohne sich dessen bewusst zu sein. Zu den Nebenwirkungen langfristiger Anwendung von Benzodiazepinen zählen jedoch eine Verflachung der Emotionen, eine Verminderung der geistigen Leistungsfähigkeit sowie ein erhöhtes Sturzrisiko – Probleme, die fälschlicherweise häufig auf das Alter geschoben und als nicht beeinflussbar hingenommen werden. Eine aktuelle gemeinsame Aufklärungskampagne der BARMER GEK, Bundesärztekammer und DHS informiert Patienten, Ärzte und Apotheker über die Risiken von Schlaf- und Beruhigungsmitteln. Mehr dazu unter www.dhs.de/kampagnen/aktuell.

Teil 1 finden Sie hier.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 03/15 ab Seite 98.

Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

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