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PTA-Fortbildung 07/15

SCHMERZEN: NICHT AUSKNOCKEN LASSEN

Das Hämmern im Kopf oder das Ziehen im Rücken muss heute keiner mehr aushalten, schon gar nicht auf Dauer. Zu welchen Analgetika können Sie Ihren Kunden im jeweiligen Fall raten?

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Schmerz ist nach der Definition der International Association für the Study of Pain „ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potenzieller Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen beschrieben wird“. Diese Begriffsbestimmung ist so kompliziert wie das Phänomen Schmerz komplex ist.

Nicht nur rein körperliche Vorgänge, auch psychische Aspekte und die Persönlichkeitsstruktur spielen eine Rolle. Schmerzen können auch ohne organische Ursache empfunden werden. Sie sind eine individuelle, subjektive Empfindung. So sind für stimmungsfrohe Menschen Schmerzen eventuell kaum wahrnehmbar, während sie für verängstigte oder gestresste Personen unerträglich werden können.

Physiologie Schmerzreize werden an entsprechenden Körperstellen von Schmerzfühlern, den Nozizeptoren, aufgenommen und in Form elektrischer Impulse (Aktionspotentiale) in wenigen Millisekunden über aufsteigende (afferente) Nervenfasern über das Hinterhorn des Rückenmarks zum zentralen Nervensystem weitergeleitet. Dabei existieren zwei verschiedene Nervenfasertypen.

Die A-Delta-Fasern sind myelinisiert und daher schnell leitend und für den hellen, gut lokalisierbaren ersten Schmerz verantwortlich. Ihre Funktion besteht darin, Fluchtreflexe auszulösen. Die nicht myelinisierten und daher langsam leitenden C-Fasern vermitteln hingegen den dumpfen, schlecht lokalisierbaren zweiten Schmerz.

Nozizeptiver Schmerz Nozizeptoren finden sich im gesamten Organismus außer im Gehirn und Rückenmark. Sie reagieren auf thermische (Hitze, Kälte), mechanische (Stich, Schnitt, Quetschung) und chemische Reize (pH-Wert-Änderungen). Je nachdem an welchem Ort sie gereizt werden, kann man die ausgelösten Schmerzen, die als nozizeptive Schmerzen bezeichnet werden, in einen somatischen und vizeralen Schmerz weiter unterteilen.

Der vizerale Schmerz (Eingeweideschmerz) geht von inneren Organen aus. Er hat einen dumpfen Charakter und ist schlecht zu lokalisieren. Kommt die schmerzauslösende Ursache von Haut, Bindegewebe, Knochen, Gelenken oder Muskeln, spricht man von einem somatischen Schmerz. Dabei wird noch zwischen einem gut lokalisierbaren, hellen Oberflächenschmerz und einem dumpfen in die Umgebung ausstrahlenden Tiefenschmerz differenziert. Die afferenten Nervenfasern ziehen aus dem Vorderseitenstrang des Rückenmarks wieder aus und leiten die Schmerzsignale elektrisch und über bestimmte Botenstoffe (Neurotransmitter) an das Gehirn weiter.

Im Rückenmark kreuzen sich die Nervenbahnen, das heißt ein Schmerzsignal, das beispielsweise von der linken Hand ausgeht, wird zur rechten Hirnhälfte weitergeleitet und umgekehrt. Im Gehirn erfolgt die eigentliche Schmerzverarbeitung. Der Schmerz wird im Thalamus (Zwischenhirn) bewusst erlebt und im limbischen System emotional bewertet. Die Großhirnrinde erkennt den Ort, von dem der Schmerz herrührt und speichert ihn als Erfahrung. Über absteigende (efferente) Nervenfasen erfolgt die Antwort des Gehirns.

Entsprechende Reaktionen wie Schweißausbruch oder Herzklopfen sowie Gegenmaßnahmen wie das Ergreifen von Schonhaltungen werden ausgelöst. Im Gegenzug zur Schmerzweiterleitung existiert auch ein schmerzhemmendes System, das bei Extremsituationen wie Stress oder nach schweren Verletzungen körpereigene Endorphine zur vorübergehenden Aufhebung der Schmerzempfindung ausschüttet.

Rolle der Prostaglandine Beim Schmerzgeschehen spielen Botenstoffe wie die Prostaglandine eine zentrale Rolle. Sie werden auch Schmerzmediatoren genannt. Bei einer Gewebeschädigung oder Entzündung wird Arachidonsäure aus den fettsäureenthaltenen Zellwänden freigesetzt und unter Einwirkung des Enzyms Cyclooxygenase (COX), welches aus den Isoenzymen COX 1 und COX 2 besteht, in Prostaglandine umgewandelt. Diese sind maßgeblich am Schmerzgeschehen beteiligt: Sie erzeugen selber Schmerzen über eine direkte Erregung des Nozizeptors und eine Förderung der Erregungsübertragung im zentralen Nervensystem.

NEUROTROPE NÄHRSTOFFE UND ENZYME
Neben den meist notwendigen Analgetika können insbesondere Rückenschmerzen mit wiederaufbaufördernden, neurotropen Nährstoffen, wie Uridinmonophosphat (UMP) sowie Vitamin B12 und Folsäure, behandelt und dadurch die Leidenszeit verkürzt werden. Häufig sind Nerven durch Fehlhaltung und mangelnde Bewegung geschädigt. Periphere Nerven können im Unterschied zu zentralen Nerven nach einer Schädigung allerdings wieder repariert werden.
 
Bei Schädigungen der Nervenzellmembran und/oder Myelinschicht müssen vermehrt Membranlipide und -proteine synthetisiert werden. Die dafür benötigten Bausteine stehen aber nur in begrenztem Maße aus endogenen Quellen zur Verfügung. Dadurch ist die regenerative Kapazität nach einer Nervenschädigung rasch erschöpft. Uridinmonophosphat (UMP) ist ein solcher Baustein. Proteolytische Enzyme sind ebenfalls eine gute Ergänzung oder Alternative zu Analgetika. Sie regulieren den Ablauf von Entzündungsprozessen. Erkrankungen mit entzündlichem Hintergrund können auf diese Weise schneller bewältigt werden und abheilen.

Die natürlichen Enzyme Bromelain, gewonnen aus dem Presssaft des Ananasstrunks, und Trypsin, gewonnen aus Schweinepankreas, regulieren das natürliche Entzündungsgeschehen, indem sie überschüssige Zytokine abfangen und deren Gleichgewicht wieder herstellen. Kombiniert werden die beiden Enzyme auch mit dem Flavonoid Rutosid, das antioxidative, abschwellende und schmerzlindernde Wirkungen besitzt. Das Enzymkombinationspräparat aus den drei wirksamen Substanzen wirkt anti-ödematös, anti-inflammatorisch und dadurch in der Folge analgetisch.

Darüber hinaus machen sie die Nozizeptoren empfindsamer und aufnahmefähiger und bewirken damit eine Sensibilisierung der Nervenenden. Zudem sensibilisieren sie Schmerzrezeptoren für andere Entzündungsmediatoren wie beispielsweise Histamin und Bradykinin und intensivieren somit gleichzeitig Entzündungsreaktionen. Sie sorgen für eine Weitstellung der Gefäße und eine verbesserte Durchlässigkeit der Gefäßwände, wodurch neben dem Schmerz die typischen Symptome einer Entzündung, also Rötung, Schwellung sowie lokale Überwärmung, hervorgerufen werden.

Neuropathischer Schmerz Neben nozizeptiven Schmerzen existieren auch neuropathische Schmerzen, die durch eine Schädigung der Nervenfasern entstehen. Dabei sind verschiedene Auslöser wie beispielsweise eine Herpesinfektion, eine Autoimmunerkrankung oder ein Nervenabriss möglich. Zu den typischen neuropathischen Schmerzen zählen beispielsweise die postzosterische Neuralgie, die diabetische Neuropathie oder der Phantomschmerz.

Anders als beim neuropathischen Schmerz wird die Erregung nicht durch Nozizeptoren, sondern durch eine unphysiologische Erregung an der Läsionsstelle ausgelöst. Charakteristisch sind anfallsartige, einschießende starke Schmerzen, die häufig als brennend, stechend oder auch elektrisierend beschrieben werden. Die Unterteilung in nozizeptive und neuropathische Schmerzen ist wichtig, da neuropathische Schmerzen neben Analgetika noch Mittel aus anderen Wirkstoffklassen erfordern (z. B. Antiepileptika oder Antidepressiva).

Akuter und chronischer Schmerz Ebenso ist in einen akuten und einen chronischen Schmerz zu differenzieren. Der akute Schmerz übernimmt im menschlichen Körper eine Warn- und Schutzfunktion. Der Schmerz macht auf eine Krankheit oder Verletzung aufmerksam, deren Ursache behandelt werden muss, um weiteren Schaden abzuwenden. Akute Schmerzen sind zeitlich auf wenige Stunden, Tage oder Wochen begrenzt und können durch Therapie des Schmerzauslösers limitiert werden.

Diese überlebensnotwendige Alarmfunktion geht dem Schmerz verloren, der länger als sechs Monate andauert oder immer wiederkehrend ist. Dieser chronische Schmerz besteht weiter, obwohl die Ursache inzwischen behoben wurde. Chronische Schmerzen haben also keine Funktion mehr. Sie können vielmehr einen selbstständigen Krankheitswert erlangen und große psychische Belastung für den Betroffenen sein, indem sie ihn in seinem Denken und Fühlen übermäßig beherrschen.

Schmerzgedächtnis Sich ständig wiederholende Schmerzreize führen zu einer dauerhaften Veränderung der beteiligten Nervenfasern und damit zu chronischen Schmerzen – ein Schmerzgedächtnis ist entstanden. Dabei sinkt die Erregungsschwelle der Nozizeptoren. Sie werden überempfindlich und lösen selbst bei harmlosen Reizen Schmerzimpulse aus.

An dieser Sensibilisierung sind wieder Schmerzmediatoren wie Bradykinin, Substanz P, Histamin und Serotonin beteiligt, die im entzündeten oder verletzten Gewebe freigesetzt werden. Neben diesen peripheren Sensitivierungsvorgängen kann es auch durch Veränderungen auf Rückenmarksebene zu einer zentralen Sensibilisierung kommen, bei der insbesondere Kalzium eine Rolle spielt.

Volkskrankheit Kopfschmerzen stellen die häufigste Schmerzform dar. Ungefähr 54 Millionen Menschen leiden in Deutschland zumindest zeitweise an ihnen. In nur zehn Prozent der Fälle werden die Kopfschmerzen durch eine erkennbare Gesundheitsstörung ausgelöst, die ursächlich behandelt werden muss. Ursache kann eine Infektion, eine Verletzung, der unsachgemäße Gebrauch von Medikamenten, eine Gefäßerkrankung oder ein Hirntumor sein. Bei dieser Schmerzart spricht man vom sekundären (organischen) Kopfschmerz. Viel häufiger lässt sich aber keine solche Schädigung nachweisen.

VISUELLE ANALOG-SKALA (VAS)
Da jeder Mensch den Schmerz unterschiedlich erlebt und empfindet, sind Hilfsmittel notwendig, um den Schmerz objektiv zu erfassen. Eines dieser Mittel ist die Visuelle Analog-Skala (VAS). Dabei erhält der Schmerzgeplagte ein Lineal mit einer Skala von 0 (schmerzfrei) bis 10 (stärkste vorstellbare Schmerzen). Die vom Betroffenen angegebene geschätzte Schmerzstärke gibt dem Arzt einen Hinweis für die Auswahl des Wirkstoffs und seiner Dosierung.

Die meisten Betroffenen leiden an primären (idiopatischen) Kopfschmerzen, bei denen die Schmerzen nicht auf eine Erkrankung ursächlich zurückzuführen sind, sondern die ein eigenes Krankheitsbild darstellen. Experten unterscheiden circa 200 verschiedene Kopfschmerzformen. Am häufigsten tritt mit 69 Prozent der Kopfschmerz vom Spannungstyp und mit 16 Prozent die Migräne auf.

Kopfschmerzen vom Spannungstyp Dieser Schmerztyp lässt sich in die episodische und chronische Form unterteilen. Zeigt sich der Schmerz nur gelegentlich an ein bis zwei Tagen im Monat, dann liegt ein episodischer Spannungskopfschmerz vor. Vom chronischen Spannungskopfschmerz spricht man, wenn die Beschwerden an mehr als 15 Tagen pro Monat oder an mehr als 180 Tagen pro Jahr vorkommen. Die Kopfschmerzdauer reicht von 30 Minuten bis zu sieben Tagen.

Im Unterschied zur Migräne tritt der Spannungskopfschmerz meist beidseitig auf und hat einen drückenden bis ziehenden Charakter. Die Intensität ist lediglich leicht bis mäßig, wobei keine Verstärkung des Schmerzes durch körperliche Aktivität verursacht wird. Übelkeit, Geräusch- und Lichtempfindlichkeit können in seltenen Fällen vorkommen, neurologische Symptome fehlen.

Migräne Hierbei handelt es sich um einen einseitigen pulsierend-pochenden Kopfschmerz. Ungefähr sechs bis acht Prozent aller Männer und zwölf bis 14 Prozent aller Frauen leiden daran. Bei der Migräne lassen sich grundsätzlich zwei Haupttypen unterscheiden. Die häufigere Form ist die Migräne ohne Aura, also Kopfschmerzen ohne neurologische Symptome. Es kommt zu wiederhoten Kopfschmerzattacken, die in der Regel vier bis 72 Stunden andauern.

Typischerweise ist nur eine Schädelhälfte betroffen, allerdings kann der Schmerz auf die andere Seite wechseln. Der Charakter der Schmerzen ist eher stechend oder pulsierend mit einer mittleren bis hohen Intensität. Der Schmerz wird bei körperlicher Aktivität wie Treppenstiegen oder Bücken üblicherweise verstärkt. Charakteristischerweise kommt es während der Kopfschmerzphase zu Begleiterscheinungen wie Übelkeit und/oder Erbrechen sowie zu einer Geräusch-, Licht- und Geruchsempfindlichkeit.

Bei der selteneren Migräne mit Aura sind vor der eigentlichen Kopfschmerzattacke neurologische Symptome vorgeschaltet. Es kann dabei zu Reizund Ausfallerscheinungen wie Gesichtsfelddefekten, Wahrnehmung gezackter Figuren (Flimmerskotom), halbseitigen Sensibilitätsstörungen, Lähmungserscheinungen, Sprech- und Sprachstörungen kommen. So eine Aura entwickelt sich allmählich über fünf bis 20 Minuten und dauert üblicherweise nicht länger als eine Stunde. In einigen Fällen kann die sich normalerweise anschließende Kopfschmerzphase völlig fehlen.

Für die Auslösung von Migräneattacken können zahlreiche Triggerfaktoren verantwortlich gemacht werden: Neben hormonellen Schwankungen, Veränderungen des Schlaf-, Wachrhythmus, Stress beziehungsweise Entlastungssituationen nach Stress, kommen auch Umweltfaktoren wie Flackerlicht oder Lärm ursächlich in Frage. Daneben werden auch bestimmte Nahrungsmittel wie Rotwein, Käse oder Schokolade diskutiert.

Rückenschmerzen Neben Kopfschmerzen zählen Beschwerden im Rücken zu den häufigsten Schmerzformen. 80 Prozent der Bevölkerung hatten schon mindestens einmal in ihrem Leben darunter zu leiden, wobei Frauen öfter als Männer betroffen sind. Während bei dem einem die Schmerzen nur akut und nur von kurzer Dauer sind, plagen sich andere unablässig damit herum. Die Schmerzen sind chronisch geworden und können die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken. Rückenbeschwerden können viele Ursachen haben.

Neben altersbedingtem Verschleiß der Wirbelsäule gehen Fehlhaltungen oder rückenbelastende Bewegungen auf den Rücken. Mangelnde Bewegung trägt ihr Übriges dazu bei. Rückenschmerzen gehen mit ungewohnten Überlastungen, muskulärer Dysbalance oder einer schwachen Muskulatur einher, die sich mit Verkrampfungen, Verspannungen sowie einer verkürzten Muskulatur und Schäden an den Bandscheiben oder peripheren Nerven bemerkbar machen können.

Muskel- und Gelenkschmerzen Auch bei Sportverletzungen kommt es zu Schmerzen am Bewegungsapparat. In den Unfallstatistiken tauchen Männer häufiger auf als Frauen: Das männliche Geschlecht verletzt sich etwa doppelt so häufig wie das weibliche. Je nach Sportart sind unterschiedliche Körperteile stark betroffen, da besondere Bewegungsabläufe typische Verletzungen mit sich bringen.

Typische Verletzungsarten sind Verstauchungen, Zerrungen und Prellungen, die starke Schmerzen hervorrufen und eine topische oder innerliche Schmerzmittelapplikation erfordern können. Ebenso gehören für viele schmerzende Gelenke zum Alltag. Allein fünf Millionen Menschen sind von Arthrose betroffen, einem schmerzhaften Verschleiß des Gelenkknorpels. Rund 15 Prozent der Deutschen leiden schätzungsweise mindestens einmal im Jahr an entzündlichen rheumatischen Beschwerden. Beide Erkrankungen sind mit zunehmendem Alter ein immer größer werdendes Problem und gehen häufig mit einer regelmäßigen Schmerzmitteleinnahme einher.

Zahn- und Menstruationsschmerzen Typischer Fall für die Selbstmedikation bei akuten Schmerzzuständen sind Probleme mit den Zähnen und schmerzhafte Regelblutungen (Dysmenorrhoe). Nicht nur Karies, sondern auch Entzündungen an der Zahnwurzel, im Kieferknochen oder des Zahnfleisches (Paradontitis) können Ursachen für die Schmerzen sein. Für Frauen sind Menstruationsbeschwerden ein typischer Anlass, eine Beratung in der Apotheke zu suchen.

Am Zyklusende werden mehr Prostaglandine freigesetzt, die eine Kontraktion der Gebärmutter und somit eine monatliche Ablösung der nicht befruchteten Schleimhaut führen. Bei der schmerzhaften Regelblutung ist die Menge der Prostaglandine um das zwei- bis sechsfache erhöht, was zu einem verlängerten und verstärkten Zusammenziehen der Gebärmutter führt. Dadurch wird die Blutzufuhr eingeschränkt und die Gebärmuttermuskulatur verarmt an Sauerstoff, woraus krampfartige Schmerzen resultieren. Bei zehn Prozent der Betroffenen ist die Menstruation sogar mit so starken Beschwerden verbunden, dass ein normaler Tagesablauf nicht mehr möglich ist.

Frühzeitige und konsequente Analgesie Je früher beim akuten Schmerz eine adäquate Schmerzbekämpfung eingeleitet wird, desto geringer ist die Gefahr, dass sich der Schmerz verselbständigt und chronifiziert. Eine zu späte Applikation oder zu geringe Dosis des Schmerzmittels impliziert hingegen eine unbefriedigende Analgesie und damit eine (zu) häufige Schmerzmitteleinnahme.

Die aktuellen Leitlinien zur Behandlung von Migräne und Spannungskopfschmerzen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) haben dahingehend reagiert und empfehlen eine frühzeitige und ausreichend hoch dosierte Einnahme der Analgetika (zum Beispiel 1000 Milligramm Acetylsalicylsäure, 1000 Milligramm Paracetamol, 400 Milligramm Ibuprofen). Allerdings sollten alle Kopfschmerz- und Migränepräparate zur Vermeidung der Entwicklung medikamenteninduzierter Kopfschmerzen nicht länger als drei Tage hintereinander und nicht häufiger als an zehn Tagen pro Monat zum Einsatz kommen.

WHO-Stufenschema Zur Schmerzbekämpfung wird unabhängig von der Schmerzursache ein Konzept der Weltgesundheitsorganisation (WHO) angewandt. Dieses WHO-Stufenschema wurde ursprünglich für Patienten mit Tumorschmerzen entwickelt. Heute gilt es prinzipiell für alle Schmerzarten. Daneben sind auch spezielle Leitlinien verschiedener Fachgesellschaften wichtige Orientierungshilfen. In der Selbstmedikation von Kopfschmerzen haben insbesondere die Empfehlungen der DMKG einen hohen Stellenwert erlangt.

Beim WHO-Stufenschema handelt es sich um ein dreistufiges Konzept. Wichtiges Prinzip des Schemas ist das rechtzeitige Wechseln der Medikation auf stärker wirksame Analgetika. Das bedeutet, wenn die erzielte Schmerzreduktion bei zulässiger Höchstdosis nicht mehr ausreicht, muss das Schmerzmittel durch eine stärker wirksame Substanz der nächsten Stufe ersetzt werden. Allerdings kann es auch sinnvoll sein, die Behandlung gleich mit Analgetika der Stufen zwei oder drei zu beginnen.

Auf der Stufe 1 werden nichtopioide Analgetika verwendet, also Schmerzmittel, die nicht am Opioid-Rezeptor angreifen (z. B. Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, Paracetamol, Metamizol). Auf Stufe 2 erfolgt die Analgesie mit einer Kombination aus nicht-opioiden Analgetika und schwachen Opioiden, also solchen, die noch kein Betäubungsmittel (BtM)-Rezept erfordern (wie Codein, Tilidin/Naloxon).

Auf der Stufe 3 werden stark wirksame Opioide, das heißt BtM-pflichtige Opioide (Fentanyl, Morphin, Buprenorphin) mit nicht-opioiden Analgetika kombiniert. Zusätzlich können auf jeder Stufe Koanalgetika aus der Gruppe der Antidepressiva, Antikonvulsiva, Glukokortiokoide und Neuroleptika zusätzlich verabreicht werden.

Schmerzmittel für die Selbstmedikation Für leichte bis mäßige Schmerzen stehen für die Behandlung in Eigenregie nicht-verschreibungspflichtige nicht-opioide Analgetika zur Verfügung. Sie können in saure (zum Beispiel ASS, Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen) und nicht-saure Analgetika (zum Beispiel Paracetamol) unterschieden werden. Die sauren nicht-opioiden Analgetika werden auch als nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) oder als non steroidal anti-inflammatory drug (NSAID) bezeichnet.

»Eine Schmerztherapie in Eigenregie sollte nur kurzfristig durchgeführt werden und sich grundsätzlich auf leichte bis mäßig starke Schmerzen beschränken.«

Die englische Benennung macht ein wichtiges Wirkprinzip dieser Substanzen deutlich: Saure Analgetika reichern sich in undissoziierter Form besonders in entzündeten Geweben an, in denen ein niedriger pHWert vorliegt, was neben ihrer schmerzlindernden (analgetischen) und fiebersenkenden (antipyretische) Wirkung ihre ausgeprägte antientzündliche (antiphlogistische) Wirkkomponente erklärt. Nicht-saure Analgetika haben hingegen keine antientzündlichen Eigenschaften. Sie verteilen sich vielmehr gleichmäßig im gesamten Organismus und sind lediglich analgetisch und antipyretisch wirksam.

Mit nicht-opioiden Analgetika werden vielfältige Schmerzformen behandelt. So stellt die Therapie von Kopfschmerzen den häufigsten Grund für den rezeptfreien Schmerzmitteleinsatz dar. Weitere Anwendungsgebiete sind Rückenschmerzen, rheumatische Beschwerden, Zahnschmerzen sowie Schmerzen während der Regel oder Schmerzen bei Erkältungen und Fieber.

Blockade der Cyclooxygenasen Die analgetische Wirkung erklärt sich bei den nicht-opioiden Analgetika über eine Hemmung der Cyclooxygenase (COX). COX ist ein Enzym, das die Synthese der Prostaglandine aus Arachidonsäure und anderen ungesättigten C20-Fettsäuren katalysiert. Das Enzym besteht aus den Isoenzymen COX-1 und COX-2.

Während COX-1 überwiegend Prostaglandine bildet, die physiologische Effekte wie den Schutz der Magenschleimhaut und die Plättchenaggregation vermitteln, entsteht COX-2 vor allem bei Verletzungen und Entzündungen und katalysiert die Bildung von Prostaglandinen, welche die Schmerzrezeptoren reizen. Eine analgetische und antiphlogistische Wirkung erklärt sich daher immer über die Hemmung der COX-2. Nebenwirkungen resultieren vor allem aus der Blockade der COX-1.

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) Traditionelle NSAR wie ASS, Ibuprofen, Diclofenac und Naproxen hemmen alle sowohl die Cyclooxygenase (COX)-1 als auch die COX-2, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. Prinzipiell ist die analgetische Wirksamkeit umso größer, je stärker die Affinität der Substanz zur COX-2 ist. Je geringer die COX-1 blockiert wird, desto besser ist die Verträglichkeit. Während ASS, Naproxen und Ibuprofen eine ausgesprochene Affinität zur COX-1 besitzen, weist Diclofenac eine leichte Präferenz für COX-2 auf.

NEUE SICHT BEI KOMBINATIONSPRÄPARATEN
Die Meinung über Kombinationen aus nicht-opioiden Analgetika und Coffein geht auseinander. Immer wieder wird diskutiert, ob sie eine regelmäßige Schmerzmitteleinnahme provozieren und sie somit in besonderem Maße für den schmerzmittelinduzierten Dauerkopfschmerz verantwortlich sind. Untersuchungen konnten aber keinen Zusammenhang zeigen. Im Gegenteil: Neuste Studienergebnisse belegen eine analgetische Überlegenheit der fixen Kombination aus ASS, Paracetamol und Coffein im Vergleich zu den Einzelsubstanzen. Daher empfiehlt heute die DMKG die fixe Dreierkombination als Mittel der ersten Wahl bei Spannungskopfschmerzen und Migräne.

Das Risiko für gastrointestinale Beschwerden ist substanzabhängig und steigt vor allem bei längerer Anwendung und hoher Dosierung. Ibuprofen scheint unter den NSAR das geringste Blutungsrisko aufzuweisen. Um Magen-Darm-Komplikationen wie Blutungen oder Geschwüre zu vermeiden, werden NSAR häufig mit einem Protonenpumpeninhibitor (PPI) kombiniert.

Bei Langzeittherapie steigt auch das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt und Schlaganfall (Ausnahme: Naproxen), wobei Diclofenac unter den NSAR das höchste kardiovaskuläre Risiko besitzt. Deshalb sollten Menschen, die an einer Herz- oder Gefäßkrankheit erkrankt sind, möglichst kein Diclofenac einnehmen. Auch Personen, die Risikofaktoren für die Bildung von Blutgerinnseln aufweisen, sollten vorsichtig sein.

Eine spezifische Blockade der COX-2 erfolgt mit den verschreibungspflichtigen Coxibe (z. B. Celecoxib, Etoricoxib). Die im Vergleich zu den NSAR bessere gastrointestinale Verträglichkeit geht allerdings mit einer Erhöhung des kardiovaskulären Risikos einher.

Kurzer NSAR-Vergleich ASS ist ein Klassiker bei Kopfschmerzen und auch in den Leitlinien der DMKG als ein Mittel der ersten Wahl genannt. Es kommt in Einzeldosen von 500 bis 1000 Milligramm und einer Tageshöchstdosis von drei Gramm bei Erwachsenen und Jugendlichen zum Einsatz. Für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren ist ASS bei fieberhaften Erkrankungen wegen der Gefahr des Auftretens des Reye-Syndroms, einer lebensbedrohlichen Enzephalopathie, kontraindiziert.

Im letzten Schwangerschaftsdrittel darf ASS nicht eingenommen werden, da der Wirkstoff den fetalen Ductus botalli (beim Fetus Verbindung zwischen Aorta und Pulmonalarterie) frühzeitig verschließen kann. Auch Ibuprofen ist ein typisches und empfohlenes Mittel der Wahl bei Migräne und Spannungskopfschmerzen. Es ist freiverkäuflich in einer Einzeldosis von 200 bis 400 Milligramm und einer Tageshöchstdosis von 1200 Milligramm erhältlich. Da es unter den NSAR das geringste Blutungsrisiko beinhaltet, ist es auch eine gute Empfehlung bei Zahn-- und Regelschmerzen.

Kinderärzte geben es wegen der entzündungshemmenden Komponente (im Vergleich zu der nicht vorhandenen bei Paracetamol) auch gerne bei schmerzhaften Mittelohr- und Halsentzündungen. Aufgrund der guten Verträglichkeit gehört Ibuprofen inzwischen weltweit zu den am häufigsten eingesetzten Schmerzmitteln. Zu beachten ist, dass Ibuprofen ebenso wie ASS nicht im letzten Schwangerschaftsdrittel eingenommen werden darf. Ebenso kommt auch Naproxen bevorzugt bei schmerzhaften Regelblutungen zur Anwendung.

Besonderer Vorteil dieses NSAR ist seine vergleichsweise lange Wirkdauer von bis zu 12 Stunden. Daher wird es zudem erfolgreich bei langandauernden Schmerzzuständen wie Gelenkschmerzen wie einer Arthrose eingesetzt. Die maximale Tagesdosis liegt in der Selbstmedikation bei 750 Milligramm. Diclofenac reichert sich sehr gut in entzündetem Gewebe an und ist daher für Schmerzen des Bewegungsapparates geeignet. Diclofenac gibt es für die Selbstmedikation in Einzeldosierungen von 12,5 und 25 Milligramm mit einer maximalen Tagesdosis von 75 Milligramm.

ZUSATZINFORMATIONEN
Alternative Paracetamol
Über den Wirkmechanismus von Paracetamol wird immer wieder diskutiert. Inzwischen geht man davon aus, dass das Anilin-Derivat ein potenter Hemmstoff der COX-2 ist, COX-1 wird nicht blockiert. In seiner analgetischen Potenz scheint Paracetamol den NSAR unterlegen. Die Tagesdosis darf aber keinesfalls vier Gramm übersteigen, da in höheren Dosen lebensbedrohliche Leberschäden auftreten.
 
Paracetamol ist unter den rezeptfreien nichtopioiden Analgetika aufgrund der nicht vorhandenen blutverdünnenden Eigenschaften das Mittel der Wahl bei schmerzhaften Indikationen, die mit Blutungen einhergehen können, wie beispielsweise Magen-Darm-Ulzara oder postoperative Schmerzen (z. B. Zahnextraktionen). Ebenso wird es bei erhöhtem kardiovaskulären Risiko und Asthma bevorzugt, die auch eine Kontraindikation für NSAR darstellen.

Paracetamol ist auch Mittel der ersten Wahl in Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Säuglingen. Die Dosierung erfolgt alters- beziehungsweise gewichtsabhängig mit zehn bis 15 mg Paracetamol/Kilogramm Körpergewicht als Einzeldosis mit einer Tagesmaximaldosis von bis zu 50 mg/Kilogramm Körpergewicht. Bei Kindern ab sechs Monaten wird auch häufig Ibuprofen verordnet, da es eine bessere Analgesie aufzuweisen scheint. Zudem wird Paracetamol wegen seiner stark fiebersenkenden Eigenschaften bei leichten und mäßigen Schmerzen mit Fieber bevorzugt verwendet, wie beispielsweise bei Erkältungen.

Beratung bei der Wirkstoffauswahl
Individuelle Gegebenheiten bestimmen die Auswahl eines Analgetikums. Daher muss im Beratungsgespräch immer gefragt werden, für wen das Mittel bestimmt ist (z. B. Kinder), ob die Betroffene schwanger ist oder stillt, ob Risikofaktoren (z. B. Bluthochdruck) oder Grunderkrankungen (z. B. Ulcus, Leberfunktionsstörungen, Asthma) vorliegen und welche Medikamente begleitend eingenommen werden (z. B. ASS 100).

Ebenso ist die Schmerzart beziehungsweise die Ursache entscheidend. So sind NSAR vor allem geeignete Mittel bei Schmerzen, die auf einer Entzündung beruhen (z. B. rheumatische Schmerzen). Werden beim Betroffenen durch eine NSAR-Gabe aber Nebenwirkungen wie beispielsweise Magen-Darm-Komplikationen oder die Auslösung eines Asthmaanfalls erwartet, ist eine Alternative zu wählen (z. B. Paracetamol).

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/15 ab Seite 34.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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