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Antidote

SCHAUM VORM MUND UND KALTER SCHWEISS

Schon Paracelsus sagte: „Alle Ding‘ sind Gift und nichts ohn‘ Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding‘ kein Gift ist.“ Seine Einteilung ist ganz einfach: Eine ungiftige Substanz unterscheidet sich von einer giftigen Substanz ausschließlich durch die aufgenommene Menge.

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Grundsätzlich hat der 1493 geborene Paracelsus Recht. Zusätzlich hängt das Ausmaß der Toxizität einer Substanz noch vom Alter, dem Körpergewicht, der Konstitution und dem Geschlecht der „vergifteten“ Person ab. Dabei geht es nicht nur um typische Gifte. Auch bei Arzneistoffen entscheidet in den meisten Fällen die Dosis darüber, ob es zu einer pharmakologischen oder einer toxikologischen Wirkung kommt. Intoxikationen von Arzneimitteln können einerseits durch eine Überdosierung ausgelöst werden, andererseits auch durch eine Fehlanwendung entstehen. In dieser neuen Serie stellen wir die Antidote vor, die bei den verschiedensten Vergiftungen eingesetzt werden und häufig das Leben des Vergifteten retten.

Was sind Antidote? Antidote sind Substanzen, die gezielt bei Vergiftungen eingesetzt werden können, also klassische Gegengifte. Ihre Wirkung besteht darin, dass sie die Giftigkeit von Stoffen verringern, dabei können sie auch selbst toxisch sein. Unterschieden wird ihr Einsatz danach, um welches Gift es sich handelt und auch wann die Giftexposition stattgefunden hat beziehungsweise wie lange sie zurückliegt. Meist wirkt ein Antidot, indem es den Giftstoff durch Bildung schwerlöslicher Verbindungen bindet oder mit ihm reagiert und ihn in weniger giftige oder ungiftige Stoffe umwandelt. Solche Substanzen werden als lokale Antidote bezeichnet und finden ihren Einsatz, wenn das Gift noch nicht resorbiert wurde. Ist es bereits in der Blutbahn, braucht man Antidote mit anderem Wirkungsmechanismus, beispielsweise Antagonisten. Von einem klassischen Antagonismus spricht man zum Beispiel, wenn das Gift durch das Antidot vom Wirkort oder Rezeptor verdrängt wird. Mögliche Ansätze liegen auch in der Beschleunigung der Ausscheidung durch Erhöhung von Biotransformation oder Elimination.

Mensch und Gift im Alltag Erwachsene, vor allem aber Kinder und Kleinkinder vergiften sich nicht selten mit Stoffen oder Substanzen aus der häuslichen Umgebung. Giftige Chemikalien sind in Putz- und Reinigungsmitteln oder Wasch- und Spülmitteln enthalten. Auch in Kosmetikprodukten sind chemische Substanzen enthalten, die bei Ein- nahme giftig sein können. In der Natur können Pflanzen, Pilze oder Bakterien zu Vergiftungen führen. Nahrungsmittel können in verdorbenem Zustand giftig sein. Beim Umgang mit Pestiziden (Schädlingsbekämpfungsmittel allgemein), Insektiziden, Herbiziden (Unkrautvernichtungsmittel), Fungiziden (Mittel gegen Pilze), Molluskiziden (Mittel gegen Schnecken) oder Rodentiziden (Mittel gegen Nager) ist die Gefahr der Vergiftung für den Menschen sehr groß. Auch der Arbeitsplatz kann Ort einer Vergiftung sein. Die Gewerbe-Toxikologie beschreibt die Giftbelastung und die nötigen Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz, hierzu zählt bei bestimmten Berufsgruppen auch die Strahlen-Toxikologie.

Immer wenn zur medizinischen Diagnose oder in einer Therapie Röntgenstrahlen oder radio- aktive Isotope herangezogen werden, bedeutet das eine erhöhte Belastung für Patient und Personal. Auch Menschen, die in Kernkraftwerken arbeiten oder in militärischen Bereichen (Radar) eingesetzt sind, benötigen besondere Überwachung. Für die Aufbewahrung von Gefahrstoffen, Giften und Chemikalien sowie Arzneimitteln gilt, dass sie immer außer Reichweite von Kindern aufbewahrt werden müssen. Sie dürfen nicht in Lebensmittelverpackungen oder Getränkeflaschen ab- oder umgefüllt werden, da dadurch die Verwechslungsgefahr sehr groß ist. Die Behältnisse müssen dicht verschließbar sein und zusätzlich auch einen kindersicheren Verschluss haben.

Allgemeine Maßnahmen im Notfall Im Falle einer Vergiftung ist es wichtig den Betroffenen anzusprechen, zu beruhigen und Fragen nach dem Hergang sowie den Substanzen zu stellen, die Auslöser sein können. Eventuell Hilfestellung beim Erbrechen geben, jedoch das Erbrechen nicht aktiv herbeirufen. Die Giftreste und/oder das Erbrochene sicherstellen und dem Rettungsdienst mitgeben.

Vegiftungsarten Vergiftungen können nach verschiedenen Kriterien eingeteilt werden. Akute Vergiftungen unterscheiden sich von chronischen Vergiftungen durch die Länge der (Ein-) Wirkdauer eines Giftes auf den Organismus. Kommt es einmalig zur Giftaufnahme oder Kontamination mit sofortig auftretenden Symptomen, handelt es sich um eine akute Vergiftung. Verläuft die akute Vergiftung nicht tödlich, bilden sich die Symptome meist zeitnah wieder zurück. Anders bei einer chronischen Vergiftung, hierbei erfolgt die Giftexposition über einen längeren Zeitraum und führt so zur Kumulation des Giftes im Organismus. Die Symptome treten meist verzögert auf und bleiben länger bestehen. Vergiftungen können reversibel sein. Das bedeutet, dass sich der Körper nach dem Giftkontakt regenerieren kann und somit der Zustand vor der Vergiftung wieder herstellbar ist. Bei einer irreversiblen Vergiftung hingegen ist der Körper nicht in der Lage zu regenerieren. Vergiftungen können auch nach ihrem Wirkort in lokale oder systemische Vergiftungen eingeteilt werden.

Bei lokaler Gifteinwirkung treten die Schäden nur an den Körperstellen auf, die in direktem Kontakt mit dem Gift standen – zum Beispiel am Auge, auf der Haut oder in der Lunge. Bei systemischen Vergiftungen ist der gesamte Organismus betroffen. Zu den allgemeinen Symptomen einer systemischen Vergiftung gehören neben Übelkeit, Erbrechen, Durchfall auch Krämpfe des Magen-Darm-Traktes bis hin zur Kolik. Diese Menschen sind in den meisten Fällen kaltschweißig, klagen über Schwindel und haben Kreislaufprobleme. Es können auch Krämpfe der Beine oder der gesamten Skelettmuskulatur auftreten. Kommt es zur Verengung der Bronchien und/oder Spasmen der Atemmuskulatur, resultiert meist sehr schnell daraus Atemnot, gefolgt von Bewusstseinstrübung bis zur Bewusstlosigkeit und Herz-Kreislauf-​Stillstand. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 04/19 ab Seite 104.

Bärbel Meißner, Apothekerin

Lebensrettende Sofortmaßnahmen
Auszug des Deutschen Roten Kreuzes: Absichern der Unfallstelle Retten aus der Gefahrenzone Notruf absetzen Herz-Lungen-Wiederbelebung Blutstillung Schockbekämpfung Herstellung der stabilen Seitenlage Die Reihenfolge der Hilfeleistungen richtet sich nach der jeweils vorgefundenen Notfallsituation. Bitte bedenken Sie: Es würde weder dem Betroffenen noch Ihnen nützen, wenn Sie sich dabei selbst in Gefahr bringen. Diese Regel gilt grundsätzlich auch bei anderen Notfällen: „Sicherheit geht vor!“ www.drk.de/hilfe-in-deutschland/erste-hilfe/erste-hilfe-online/rettungskette/sofortmassnahmen

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