Schüssel und Essstäbchen © Tharakorn / iStock / Thinkstock
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Länder und ihre Sitten

VON KLOSCHUHEN UND STÄBCHEN

Man sieht sie immer lächelnd und gut gelaunt, meist mit einer Kamera in der Hand, um jegliche Sehenswürdigkeit abzulichten – japanische Touristen. Doch wie sieht es in Japan mit den eigenen Gepflogenheiten aus?

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Tokio, Japans Hauptstadt, gehört nicht nur zu den größten Metropolen der Welt, sondern auch zu den einzigartigsten. Modern, traditionell, eng, teuer und exotisch zugleich leben hier etwa zehn Millionen Menschen auf einer Fläche von 622 Quadratkilometern. Um diesen Unterschied zu Deutschland mal kurz auf sich wirken zu lassen: Tokio ist flächenmäßig gesehen kleiner als Hamburg, hat aber dafür mehr als sechsmal so viele Einwohner.

Die Stadt hat zudem die meisten Sterne-Restaurants der Welt und über 80 000 Restaurants. Also gar nicht so schwierig, jeden Tag woanders zu essen. Doch nicht nur die Stadt ist eine Reise wert. Japaner sind für ihre Gastfreundlichkeit bekannt und unterstützen Neulinge dabei, das Land und seine Sitten zu verstehen. Denn dass in Japan vieles anders ist als in Deutschland, ist eine Tatsache.

Immer schön verbeugenIn Japan verbeugt man sich typischerweise zur Begrüßung. Bei Männern sollten die Hände auf den Oberschenkeln ruhen, während bei den Frauen die Hände vor dem Körper übereinandergelegt werden. Je tiefer die Verbeugung ist, desto mehr Ehre bezeugt man seinem Gegenüber. Als Fremder reicht es vollkommen aus, sich leicht zu verbeugen oder mit dem Kopf zu nicken. Nicht empfehlenswert ist es, die traditionelle Verbeugung nachzuahmen, da man hier einiges falsch machen kann.

Bei der Begrüßung sollte man zudem vermeiden, seinem Gegenüber tief in die Augen zu schauen, da dies als taktlos empfunden wird. Auch ein Schulterklopfen ist wenig ratsam. Beliebt und in der japanischen Geschäftswelt ein Muss sind Visitenkarten. Nachdem man eine angebotene Visitenkarte entgegengenommen hat, sollte man diese aufmerksam lesen und Interesse bekunden. Die Karte im Anschluss respektvoll einstecken, aber auf keinen Fall in die Hosentasche. Denn die Visitenkarte achtlos einzustecken oder sogar Notizen darauf zu machen, gilt als unhöflich.

Nicht in den Reis stecken Wer gerne chinesische oder japanische Gerichte isst, kennt sie, die Stäbchen. Während man bei uns in Deutschland auch gerne mal zur Gabel greift, wenn der Reis partout nicht aufs Stäbchen möchte, wird in Japan traditionell mit Stäbchen gegessen. Wichtig ist vor allem eines: die Stäbchen niemals senkrecht in den Reis stecken, sondern immer neben die Schale legen. Diese Geste würde die japanischen Gäste am Tisch an ein Begräbnisritual erinnern. Auch das Ablegen quer über die Schale ist nicht erwünscht. Zudem sollten die eigenen Stäbchen nicht an eine andere Person weitergereicht oder auf gemeinsamen Speiseplatten abgelegt werden.

Reis sollte immer aufgegessen werden, da es als wichtiges Nahrungsmittel angesehen wird. Beim Essen in Restaurants wird immer ein feuchtes, kaltes oder warmes Tuch gereicht, dass vorrangig vor dem Essen zum Reinigen der Hände dient und während des Essens als Serviette benutzt werden kann. Männer wischen sich auch mal das ganze Gesicht ab. Frauen hingegen tupfen sich lediglich den Mund und wischen sich die Finger ab. Während man in Deutschland gerne nach dem Essen noch zusammensitzt, fragt man in Japan nach dem Essen zügig nach der Rechnung und geht nach Hause.

Gepflegtes Erscheinungsbild Japaner legen großen Wert auf gepflegte Kleidung. Im Geschäftsalltag sollten Männer immer einen Anzug tragen, gerne in dunklen Farben und das Hemd sollte einfarbig und hell sein. Frauen sollten ein Kostüm oder einen Hosenanzug tragen. Zu freizügige Kleidung, vor allem bei Frauen ist unangebracht. FKK und Oben Ohne-Baden sind tabu. Zudem sollte auf gepflegtes Schuhwerk geachtet werden. Vor dem Betreten einer Wohnung, eines Restaurants oder eines Tempels müssen die Schuhe immer ausgezogen werden. Ein Vergehen wird als unhöflich empfunden.

Sogar vor Umkleidekabinen, wenn man gerade schön am Shoppen ist, muss man seine Schuhe ausziehen und in bereitgestellte Schuhe schlüpfen. In den Toiletten wiederum stehen den Besuchern ebenfalls spezielle Pantoffeln zur Verfügung, die vor dem Verlassen unbedingt wieder gegen das normale Schuhwerk getauscht werden müssen. In der Öffentlichkeit gar nicht gern gesehen ist es zu schnäuzen oder zu niesen oder gar die Nase zu putzen. Japaner nehmen es daher lieber in Kauf die Nase hochzuziehen. Alternativ sucht man einen Ort auf, beispielsweise eine Toilette, um sich für das Naseputzen zurückzuziehen.

Pünktlichkeit ist eine Tugend – so sehen es auch die Japaner. Vor allem in der Geschäftswelt wird Pünktlichkeit erwartet. Konkret bedeutet es, das man zu einem Termin immer fünf bis zehn Minuten früher erscheint, spätestens aber pünktlich da ist. Sollte man sich auch nur um eine Minute verspäten, wird davon ausgegangen, dass man telefonisch Bescheid gibt. Wenn man sich dennoch verspätet, verzichten die Japaner lieber auf eine ausführliche Entschuldigung, da sie dies eher als Ausrede empfinden.

Es geht auch ohne Mülleimer Der nächste Punkt klingt zunächst komisch, für uns Deutsche kaum vorstellbar. In Japan sind Mülleimer Mangelware. Egal wo man sich umschaut, in öffentlichen Parks, Einkaufspassagen oder Bahnhöfen, Behältnisse, um den Müll zu entsorgen sind weit und breit nicht in Sicht. Aber trotzdem liegt nirgends Müll auf der Straße. Wie schaffen es die Menschen dann, den Müll zu entsorgen, wo doch viele Snacks oder Süßigkeiten zum Teil sogar mehrfach und vor allem aufwändig verpackt sind? Japaner nehmen den Müller wieder mit nach Hause und machen dadurch Japan zu einer der saubersten Flecke der Welt. Also, wenn Sie mal nach Japan reisen, immer daran denken, dass sie möglicherweise Ihren Müll eine Weile durch die Gegend tragen müssen, ehe sie ihn entsorgen können.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 03/17 ab Seite 98.

Nadine Scheurer, Redaktion

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