Frau im Wald © 5ugarless / iStock / Getty Images
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Phytotherapie

PFLANZLICHE SCHLEIMLÖSER

Pflanzliche Arzneimittel sind bei Husten nicht nur traditionell beliebt, sie sind auch sehr effektiv. Verschiedene evidenzbasierte Phytopharmaka stehen zur Beschwerdelinderung zur Verfügung.

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Husten ist ein physiologischer Schutzreflex, der vor allem als Symptom einer Infektion der Atemwege auftritt. Entzündungsreaktionen, die dabei ablaufen, setzen Botenstoffe wie Prostaglandine und Zytokine frei. Sie reizen die auf der Atemwegsschleimhaut befindlichen chemosensitiven Hustenrezeptoren. Daraus resultiert zunächst ein trockener Reizhusten, dessen gewaltige Stöße eine zunehmende Irritation der Atemwegsschleimhaut nach sich ziehen.

Diese schwillt an und ihre sekretproduzierenden Becher- und Drüsenzellen stellen vermehrt einen zähen Schleim her. Er legt sich auf die Flimmerhärchen (Zilien), die dadurch nicht mehr richtig schlagen können. Sie werden in ihrer Funktion beeinträchtigt und können die Weiterbeförderung des zähflüssigen Sekrets in Richtung Rachen nicht mehr bewältigen – die mukoziliäre Clearance kommt zum Erliegen. Der festsitzende Schleim löst nun einen Druck auf mechanosensitive Hustenrezeptoren aus und ein produktiver Husten setzt als Ersatzreinigungsmechanismus ein.

Dieser Husten ist durch Sekretauswurf gekennzeichnet und markiert die zweite Phase eines Erkältungshustens. Jetzt sind Phytotherapeutika mit einer expektorierenden Wirkung gefragt. Sie erleichtern das Abhusten, indem sie durch Anregung der sekretproduzierenden Drüsen den zähen, fest sitzenden Schleim verflüssigen und zu einer Steigerung der Zilienaktivität beitragen. Teilweise verfügen sie auch über eine entzündungshemmende Komponente.

Thymian Ein Klassiker unter den Hustenmitteln ist das Thymiankraut (Thymi herba), das sowohl vom Echten Thymian (Thymus vulgaris L.) als auch vom Spanischen Thymian (Thymus zygis L.) stammt. Die Pflanzen aus der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae) werden vor allem aufgrund ihrer expektorierenden und spasmolytischen Wirkung geschätzt. Zudem verfügen sie über antibakterielle und antiphlogistische Eigenschaften. Ihre Wirkungen sind insbesondere auf das ätherische Thymianöl (Thymi aetheroleum) mit seinen phenolischen Substanzen Thymol und Carvacrol zurückzuführen. Der auswurferleichternde Effekt wird über eine Steigerung der Bewegung der Zilien erklärt, was die Ablösung des festsitzenden Schleimes fördert.

Zur krampflösenden Aktivität sollen überdies Flavonoide beitragen. Da das ätherische Öl teilweise über die Lunge ausgeschieden wird, entfaltet es an der Bronchialschleimhaut auch direkt keimhemmende Effekte. Untersuchungen mit einer Thymian-Efeu-Kombination konnten zeigen, dass die inflammatorische Reaktion in den Bronchien eingedämmt wird. Thymiankraut findet als Tee Verwendung. Zudem sind Thymianextrakte (Fluid-, Trocken-, Dickextrakt) in Fertigpräparaten (Mono- und Kombipräparate) zu finden. Thymianöl kommt in Bädern, Salben und löslichen Instant-Tees zur Anwendung.

Husten ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Symptom, hinter dem viele Ursachen stecken können.

Schlüsselblumen Auch kommen zwei Arten von Schlüsselblumen (syn. Primeln) als pflanzliches Expektoranz zur Anwendung: die Echte Schlüsselblume (Primula veris L.) und die Hohe Schlüsselblume (Primula elatior L.) aus der Familie der Primelgewächse (Primulaceae). Sie werden vor allem aufgrund ihrer Triterpensaponine als Expektoranz mit schleimlösenden und auswurffördernden Effekten eingesetzt, meist in Kombination mit anderen pflanzlichen Expektoranzien (vor allem Thymian).

Verwendet werden sowohl die getrockneten Wurzelstöcke mit ihren langen Wurzeln (Primulae radix) als auch die getrockneten Blüten mitsamt den Kelchen (Primulae flos cum calycibus), wobei beide Drogen von beiden Schlüsselblumenarten gewonnen werden können. Sie werden nicht nur als Tee getrunken, sondern auch in Form von Extrakten (Fluid-, Trocken-, Dickextrakt) oder als Tinktur in Fertigarzneimitteln verarbeitet.

Efeu Ebenso zählt Efeu (Hedera helix L.) aus der Familie der Efeugewächse (Araliaceae) aufgrund seiner sekretolytischen und bronchospasmolytischen Wirkung zu den altbewährten Pflanzen bei Husten. Die wirksamen Inhaltsstoffe finden sich in den Blättern (Hederae folium) der Kletterpflanze, die für die arzneiliche Verwendung von den jungen, nicht blühenden Pflanzen geerntet werden. Allerdings sind sie nicht als Droge gebräuchlich, vielmehr kommen sie in Fertigarzneimitteln als Trocken- oder Fluidextrakte zur Anwendung (Mono- und Kombipräparate).

Die pharmakologischen Effekte sind vor allem auf die Triterpensaponine zurückzuführen. Unter diesen spielt das Hederacosid C eine besondere Rolle. Es ist ein Prodrug, das im Körper in die eigentliche Wirkform alpha-Hederin umgewandelt wird. Untersuchungen konnten zeigen, dass alpha-Hederin direkt an den Bronchialmuskulatur- und Lungenepithelzellen angreift, wo es über einen indirekten beta-2-adrenergen Effekt zur einer Verflüssigung des Schleims und zu einer Entkrampfung der Bronchien führt. Auch Efeuextrakte werden häufig mit Thymianextrakten kombiniert, haben sich jedoch auch als Monopräparat bewährt.

Eukalyptus Die Blätter des australischen Eukalyptusbaums (Eukalyptus globulus) aus der Familie der Myrtengewächse (Myrtaceae) verfügen über ausgeprägte expektorierende Eigenschaften. Doch außer ihrem traditionellen Gebrauch zur Teezubereitung werden die Eukalyptusblätter (Eucalypti folium) selber heute kaum noch medizinisch verwendet. Sie dienen vielmehr der Gewinnung des ätherischen Öls (Eukalyptusöl), das in hoher Konzentration in den Blättern und Zweigspitzen vorhanden ist. Dies ist ebenso wie die daraus isolierte Hauptkomponente 1,8-Cineol Bestandteil zahlreicher Fertigarzneimittel zur Behandlung von Entzündungen der Atemwege.

Eukalyptusöl (Eucalypti aetheroleum) wird sowohl bei oraler Applikation als auch bei Inhalation gut resorbiert und teilweise über die Lunge ausgeschieden, wo es seine sekretolytischen, sekretomotorischen und schwach spasmolytischen Effekte entfaltet. Zudem weist 1,8-Cineol ein entzündungshemmendes Potenzial auf, was man sich bei der Therapie von akuten Erkrankungen der oberen Atemwege sowie auch bei asthmatischen Verlaufsformen und Bronchitiden zunutze macht. Auch können antivirale und antibakterielle Effekte beobachtet werden.

Auch in Kombipräparaten findet man Eukalyptusöl. So ist die Kombination aus den Destillaten von rektifiziertem Eukalyptus-, Süßorangen-, Myrten- und Zitronenöl unter dem Namen ELOM-080® bekannt. Sinnvoll ist der Einsatz sowohl bei den ersten Anzeichen des Hustens, um einem Festsetzen des Schleims vorzubeugen, als auch im Akutfall. Durch die magensaftresistente Umhüllung der Kapseln ist eine reizende Wirkung der hochkonzentrierten ätherischen Öle auf den Magen nicht zu befürchten.

Kapland-Pelargonie Die Wurzeln der Kapland-Pelargonie (Pelargonium sidoides) aus der Familie der Storchenschnabelgewächse (Geraniaceae) sind seit Jahrhunderten ein traditionelles afrikanisches Heilmittel der Zulu-Medizinmänner. Inzwischen haben die Wurzeln (Pelargonii radix) in Europa wissenschaftliche Anerkennung bei der Linderung von Atemwegsbeschwerden gefunden. In den Wurzeln finden sich zahlreiche Inhaltsstoffe, von denen Polyphenole, Gerbstoffe und Cumarine einen großen Anteil an der pharmakologischen Wirkung haben.

Sie kommen bei uns aber nicht als Droge, sondern als ein Spezialextrakt aus der Wurzel der südafrikanischen Geranienart zur Anwendung. Dabei handelt es sich um ein komplexes Vielstoffgemisch mit einem breiten Wirkspektrum, das bei akuter Bronchitis gut wirksam ist. Der Extrakt besitzt antivirale und indirekt antibakterielle Eigenschaften. Zusätzlich wird eine Steigerung der Zilienaktivität vermittelt, was den Transport von Schleim und Erregern aus den Atemwegen verstärkt.

Den Artikel finden Sie auch in unserem Sonderheft „Phytotherapie und alternative Heilmethoden“ ab Seite 26.

Gode Chlond, Apothekerin

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