© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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PERSÖNLICHKEITEN DER NATURHEILKUNDE

An dieser Stelle möchten wir Ihnen ein paar historische Persönlichkeiten vorstellen, die zur Entwicklung alternativer Heilmethoden, wie wir sie heute kennen, ein großes Stück beigetragen haben.

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Das Geniale an diesem größten Arzt der Antike war, dass er nichts von dem glaubte, was man ihm während des Studiums servierte. Er wischte die Tradition des Hippokrates beiseite und machte sich sein eigenes Bild: Danach blieb nichts mehr von der vorherrschenden Vier-Säfte-Lehre übrig. Er vereinigte empirische mit anatomischen Erkenntnissen, schrieb 400 (!) Abhandlungen, beschrieb die sechs Hauptpunkte einer gesunden Lebensweise (Luft, Nahrung, Bewegung, Verdauung, Schlaf- und Wachzeiten – siehe Kneipp) und listete die fünf Kardinalzeichen einer Entzündung auf (Rubor, Calor, Tumor, Dolor und Functio laesa).

Und das Beste: Er beschrieb auf wissenschaftliche Art und frei von abergläubischem Gemurmel die exakte und reproduzierbare Zusammensetzung und Herstellung von Medikamenten, erläuterte deren Wirkung und erschuf somit das erste pharmazeutische Arzneibuch. Seinetwegen müssen PTA während der Ausbildung im Fach „Galenik“ schwitzen.

Sein berühmtestes Buch hieß „Makrobiotik oder Die Kunst, das Leben zu verlängern“ und es handelt nicht von Ernährung, sondern legt eine Langlebigkeitstheorie dar: Christoph Hufeland war sozusagen der Wegbereiter der modernen Naturheilkunde. Wie Kneipp rief der Arzt aus Langensalza zur Nutzung der Heilkraft der Natur auf und setzte auf Diätetik, um Kranke gesunden zu lassen; er trat für Lehren und Methoden ein, die zu seiner Zeit noch nicht etabliert waren, wie die Akupunktur oder die Wasserheilkunde.

Er schrieb über den „Schlaf und das Schlafzimmer in Beziehung auf die Gesundheit, „Über die Vergiftung durch Branntwein“ und „Die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern“, predigte Mäßigung in allem Tun und Treiben – und hielt sich selbst nicht daran. Er arbeitete viel zu viel, als Leibarzt mehrerer Könige, als Professor, als Logenmitglied, als Sozialhygieniker. Weil er sich zuhause so selten blicken ließ, reichte seine Frau die Scheidung ein. Hufeland sorgte durch politischen Druck für strengere Hygienegesetze und eine Gesundheitsfürsorge in öffentlichen Schulen, ließ die erste Poliklinik für Arme in Berlin errichten. Von ihm stammt der unsterbliche Satz: „Vorbeugen ist besser als Heilen!“

Er kam aus Sachsen, war Sohn eines Porzellanmalers und erfand die Homöopathie: Der Arzt Hahnemann probierte die Gleichung „Ähnliches mit ähnlichem heilen“ bei einem Malariaanfall aus. Er selbst war an dem „Wechselfieber“ erkrankt und behandelte es mit Chinarinde, die ja für eine Erhöhung der Körpertemperatur sorgt. Schritt für Schritt entwickelte er seine Lehre, schrieb zwei Standardwerke darüber und legte sich außerdem mit jedem Schulmediziner an.

Er glaubte fest daran, dass Arzneimittel deshalb heilen, weil sie ähnliche Wirkungen wie die eigentliche Erkrankung hervorrufen (1. Grundprinzip). Darauf folgte die Arzneimittelprüfung am gesunden Menschen (2. Grundprinzip) und schließlich die Potenzierung (3. Grundprinzip). Am Ende seines Lebens heiratete der beinahe 80-Jährige eine 34-jährige französische Malerin und eröffnete eine gut besuchte Homöopathie-Praxis mit hoher Promi-Dichte in Paris.

Während seines Theologie-Studiums war Sebastian Kneipp ständig lungenkrank. Da fiel ihm ein Buch von Johann Siegmund Hahn in die Hände. Es trug den etwas umständlichen Titel: „Unterricht von Krafft und Würckung des frischen Wassers in die Leiber der Menschen, besonders der Krancken, bey dessen innerlichen und äusserlichen Gebrauch“. Fortan stieg er fast täglich in die Donau, übergoss sich auch zuhause noch mit Wasser und gesundete von seiner Tuberkulose.

Später wurde die Hydrotherapie eine von Sebastians Kneipps fünf Säulen gesunder Lebensweise: Bewegung in Form von Ausgleichssport, Ernährung mit naturbelassener Vollwertkost, Heilkräuter zur Behandlung gesundheitlicher Beeinträchtigungen und ein rundum geordnetes Leben mit gesunder Balance zwischen Bewegung und Ruhe. Die Schulmediziner verklagten ihn wütend; doch die Menschen strömten in Massen zum Pfarrer in Bad Wörishofen und ließen sich von ihm behandeln.

Die Karriere des Mannes, der den Schüßler-Salzen seinen Namen gab, begann recht holprig: Zwar wurde er 1855 von der Uni Gießen im Fach Medizin promoviert, doch stellte sich kurz danach heraus, dass er über keinerlei Leistungsnachweise verfügte, ja nicht einmal anwesend gewesen war. Trotzdem beantragte er die Zulassung als Arzt – woraufhin auch noch offenbar wurde, dass Schüßler nicht einmal Abitur gemacht hatte. 1857 holte er die Reifeprüfung nach und erhielt die Zulassung als (ausschließlich) homöopathischer Arzt.

15 Jahre praktizierte er, dann entwickelte er eine eigene Theorie, Biochemie genannt (nicht zu verwechseln mit der naturwissenschaftlichen Disziplin). Schüßler glaubte, dass Krankheiten aufgrund eines gestörten Mineralhaushaltes entstünden und entwickelte homöopathisch aufbereitete Tabletten in Regelpotenzen. 12 „Funktionsmittel“ von Calcium fluoratum bis Calcium sulfuricum werden flankiert von 15 „Ergänzungsmitteln“, deren Dosierung jeweils individuell auf den Patienten zugeschnitten wird. Diagnostiziert wird per Antlitzanalyse, denn laut Schüßler sind die fehlenden Mineralstoffe an Merkmalen im Gesicht erkennbar. Das „Schüßlern“ hat in der Alternativmedizin und Naturheilkunde seine Fangemeinde.

Er war ein Hochbegabter, aber auch ein Zerrissener: Der Junge aus Niederösterreich, Sohn eines Bahnbeamten, war bereits als Kind hellsichtig und vertiefte sich in die Philosophie von Immanuel Kant. Als Erwachsener schuf er bedeutende Anstöße für alle möglichen Lebensbereiche: Er setzte Akzente in Architektur, Kunst, Religion, Sozialem und der Pädagogik (Waldorfschulen), er „erfand“ die biologisch- dynamische Landwirtschaft und gründete zusammen mit Ita Wegman die anthroposophische Medizin. Zurzeit ihrer Gründung höchst umstritten, genießt sie mittlerweile neben der Homöopathie und der Phythotherapie in Deutschland den Status als besondere Therapieeinrichtung im Sinne des Arzneimittelgesetzes.

Die anthroposophische Medizin sieht im physischen Leib nur einen von mehreren Erscheinungsformen des Menschen; im therapeutischen Bereich setzte sie bereits früh auf die vermutete krebshemmende Wirkung der Mistel. Anthroposophische Arzneimittel verwenden Dosierungen aus der Homöopathie; ihre Wirkungen werden teilweise dem nicht-stofflichen Bereich zugeordnet. Auch die Heileurhythmie wird als Therapieform verwendet. In Deutschland gibt es sechs anthroposophisch orientierte Krankenhäuser und auch einen Lehrstuhl an der Universität Witten/Herdecke.

Er hat ein ganzes Ernährungs- und Lebenskonzept geschaffen, baute ein gut ausgelastetes Sanatorium, in dem sich die Prominenz tummelte und hatte extra Zimmer mit kleinen Preisen für die Armen – und doch erinnert sich die Welt bei der Nennung seines Namens lediglich an ein Müsli. Der Arzt Max Bircher, der durch die Heirat mit Elisabeth Benner zu seinem Doppelnamen kam, wurde durch seine magenkranke Frau inspiriert, sich mit Roh- und Frischkost zu beschäftigen. Zu seiner Zeit war man der Meinung, einzig Kalorien seien das Wahre für kranke Menschen, sodass Weißbrot als Non-Plus-Ultra galt. Max Bircher jedoch schaute dem Volk buchstäblich aufs Maul: Schweizer Bergbauern aßen Haferbrei, allenfalls mit ein wenig Milch.

Er erfand die Theorie von der “Sonnenlichtnahrung“ in Form von Frischkost und meinte, pflanzliche Nahrung sei wertvoller als Fleisch. Keine Konserven, kein Weißmehl, kein Zucker, dazu ein geordneter Tagesablauf mit viel Bewegung und Hydrotherapie: Die Patienten fühlten sich in seinem Sanatorium oft wie in einer Kaserne. Doch sie kamen immer wieder, obwohl Bircher vielen Anfeindungen unterworfen war. Denn seine Kollegen schäumten und überzogen den seltsamen Doktor aus der Schweiz mit Häme. Der jedoch ließ sich nicht beirren. Einer seiner berühmtesten Patienten, Thomas Mann, fühlte sich nach dem Besuch seines Sanatoriums bemüßigt, den „Zauberberg“ zu schreiben.

Sie kam aus einfachen Verhältnissen und ihre Mutter war eine glühende Kneipp-Anhängerin: So wurde Maria Günzen bereits vorgeprägt. Schon als Kind erkannte sie die meisten Heilpflanzen, wusste ihre Namen und was sie bewirken. In den Nachkriegswirren erkrankte sie an Typhus und litt außerdem an einem hartnäckigen Hautausschlag; beides besserte sich, als sie in einem Lager Schöllkrautsaft erhielt. Fortan glaubt sie mit jeder Faser an die Heilkraft der Kräuter.

Nach ihrer Hochzeit erfand Maria Treben den „Schwedenbitter“ nach altem schwedischem Rezept; der bittere schwarze Alkoholauszug wurde für sie zur Universalmedizin gegen jede Art von Krankheit, selbst von Krebs. Ihre „Fälle“ trug sie in einem Buch zusammen: „Gesundheit aus der Apotheke Gottes“ wurde ein Longseller und ist noch heute erhältlich. Ihre Heilmethoden jedoch sind umstritten; wissenschaftlicherseits wird teilweise vor ihnen gewarnt. Dennoch schwören viele Menschen auf das Treben-Gebräu; man erhält es in der Apotheke und es hat sogar eine eigene PZN.

Den Artikel finden Sie auch in unserem Sonderheft „Phytotherapie und alternative Heilmethoden" ab Seite 38.

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