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Heilpflanzen

PASSIONSBLUME - FASZINIERENDE BLÜTENPRACHT

Die Passionsblume gilt in Mono- und Kombinationspräparaten als ein bewährtes Mittel gegen nervöse Unruhe sowie leichte Einschlaf- und Angststörungen.

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Passiflora incarnata L. ist eine ursprünglich im Nordosten der USA beheimatete Kletterpflanze, die zu der über 500 Arten umfassenden Familie der Passionsblumengewächse gehört. Auffallendstes Merkmal der immergrünen, ausdauernden Pflanze sind ihre bis zu neun Zentimeter großen, weißen Blüten mit einem ringförmig angeordneten fadenförmigen blauen Strahlenkranz. Sie bevorzugt sandige bis steinige, eher trockene Standorte und benötigt über die Hälfte des Tages Sonne, um ihre Blütenpracht von Juni bis September hervorzubringen.

Symbolträchtige Blüte Christliche Missionare Nordamerikas waren von der exotischen Blüte außerordentlich fasziniert und sprachen ihr eine religiöse Symbolkraft zu. Man sah in den großen strahligen Blüten das Leiden Christi verdeutlicht: Ihre weiße Blütenfarbe symbolisierte die Unschuld Christi, die Blütenblätter wurden als seine getreuen Jünger und die drei Blütennarben als die Nägel gedeutet, mit denen der Sohn Gottes ans Kreuz genagelt wurde.

Die fünf Staubblätter ähnelten seinen Wundmalen, der purpurrote Fadenkranz galt als Dornenkrone und der gestielte Fruchtknoten sollte den Pfahl der Geißelung darstellen. Diese religiöse Symbolik brachte der Pflanze schließlich ihren Gattungsnamen Passiflora von lat. passio = Leiden und flos = Blume ein. Auch der Artname incarnata, der sich von lat. incarnare = zu Fleisch geworden ableitet, verweist auf die Leidensgeschichte, welche die Passionsblume verkörpert.

Pflanze mit langer Tradition Schon die Ureinwohner Nordamerikas nutzten viele Jahrhunderte lang verschiedene Passionsblumenarten auf unterschiedliche Weise. Während die Azteken die Passionsblume bei Harnverhalten, Knochenbrüchen und Prellungen schätzten, setzten Indianderstämme aus dem Norden der USA einen Tee aus der Wurzel bei Leberbeschwerden ein. Zudem linderten sie mit einem Wurzelsud Entzündungen und aus der gemahlenen Wurzel wurde ein Breiumschlag hergestellt, mit dem Schnittwunden behandelt wurden.

Maracujafrüchte
Die Früchte der Passionsblumen sind botanisch gesehen Beeren, die sich je nach Art in Größe, Farbe und Geschmack unterscheiden und als Maracuja oder Grenadillen bezeichnet werden. Während einige Arten ungenießbar oder sogar giftig sind, ist die grüne bis gelbe Frucht von Passiflora edulis essbar und kommt bei uns als wohlschmeckende Maracuja in den Handel.

Im 17. und 18. Jahrhundert standen die sedativen und entspannenden Eigenschaften der Pflanze im heilkundlichen Interesse. Europäische Siedler bereiten Aufgüsse aus getrockneten Blättern zu, die bei Nervosität, Hysterie und Schlaflosigkeit getrunken wurden. Schließlich rückte ihr Einsatz als Antiepileptikum in den Vordergrund und im 19. Jahrhundert galt die Passionsblume in den USA als ein mildes Mittel gegen Krämpfe und Epilepsie.

Beruhigend und angstlösend Als die exotische Pflanze im 17. Jahrhundert nach Europa eingeführt wurde, erfuhr sie anfangs aufgrund ihrer Symbolkraft vor allem als Zierpflanze Beachtung. Erst später besann man sich auf ihr Potenzial als Arzneipflanze. Sie fand Anfang des 19. Jahrhunderts Aufnahme ins Deutsche Homöopathische Arzneibuch und wurde kurz darauf von Gerhard Madaus ausführlich in seinem Lehrbuch als Heilpflanze mit beruhigender, schlafbringender und krampfstillender Wirkung erwähnt.

Heute ist die Qualität des Passionsblumenkrautes im Europäischen Arzneibuch beschrieben und Untersuchungen konnten inzwischen Hinweise für ihre beruhigenden und angstlösenden Eigenschaften liefern, was sich auch in den Indikationen der Monografien der Kommission E und der ESCOP widerspiegelt. Hier werden als Anwendungsgebiete nervöse Unruhezustände, milde Stresssymptome und Einschlafstörungen aufgeführt. Allerdings werden heute zur Bestätigung der klinischen Wirkung weitere moderne, kontrollierte Studien gefordert.

Bewährte Wirkung Bislang konnten die wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe noch nicht eindeutig benannt werden. Möglicherweise ist die Hauptwirkung auf enthaltene Flavonoide zurückzuführen. Solange keine aussagekräftigen Studien dazu existieren, gilt weiterhin der Gesamtextrakt als Wirkstoff. Ebenso ist der Wirkmechanismus nicht vollständig bekannt.

Man geht von einer Wechselwirkung des Passionsblumenextraktes mit dem Neurotransmitter GABA (Gamma-Aminobuttersäure) am GABA-Rezeptor aus, wodurch mehr GABA zur Verfügung gestellt wird. Aber auch hierzu sind noch weitere Untersuchungen wünschenswert.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/13 ab Seite 32.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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