© iodrakon / 123rf.com

Schlaf – Teil 4

NICHT DIE LUFT ANHALTEN

Die häufigste Ursache für schlafbezogene Atmungsstörungen ist eine Verengung der oberen Atemwege. Seltener nehmen sie im Gehirn ihren Ausgang oder sind durch andere Erkrankungen bedingt.

Seite 1/1 4 Minuten

Seite 1/1 4 Minuten

Experten nennen sie kurz SBAS. Sie treten während des Schlafes auf und stören ihn – seine Erholungsfunktion ist dadurch beeinträchtigt. Setzt die Atmung für die Dauer von mindestens zehn Sekunden ganz aus, sprechen Ärzte von einer Apnoe. Ist die Atempause kürzer oder der Luftfluss lediglich reduziert, von einer Hypopnoe.

Eine verringerte Belüftung der Lunge heißt Hypoventilation. Je nach Art der Atmungsstörung sinkt der Sauerstoffgehalt im Blut . Es kann zu einer Erhöhung des CO2-Gehalts kommen (Hyperkapnie) sowie zu einer Azidose. Vielfach bemerken die Betroffenen nichts von ihren nächtlichen Atem-Aussetzern, sondern sie fühlen sich am nächsten Tag müde, obwohl sie eigentlich die ganze Nacht geschlafen haben. Aufgrund der Tagesschläfrigkeit nimmt die Unfallgefahr zu. Manche haben morgens Kopfschmerzen. Langfristig kann das Risiko für Herzkreislauferkrankungen wie Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Atherosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall steigen.

OSAS Das häufigste Krankheitsbild ist die obstruktive Schlafapnoe (Abkürzung OSAS für obstruktives Schlafapnoesyndrom). Betroffen sind etwa zwei bis vier Prozent aller Erwachsenen, Männer häufiger als Frauen und ältere häufiger als jüngere. Wenn sich im Schlaf die Muskeln generell entspannen, betrifft dies auch die Rachenmuskulatur. Dann kann es passieren, dass es zu einem Verschluss des Rachenraums kommt – die Atmung setzt aus und die Sauerstoffsättigung im Blut nimmt ab.

ZENTRALE SCHLAFAPNOESYNDROME
Deutlich seltener sind Störungen der Atemsteuerung im Gehirn die Ursache für nächtliche Atemaussetzer. Sie treten vor allem bei Patienten mit einer Schädigung des Gehirns auf, beispielsweise durch einen Tumor oder einen Schlaganfall. Sie können zudem eine Nebenwirkung von Medikamenten wie Opioiden sein. Auch bei Frühgeborenen kommen sie vor. Anders als bei obstruktiven Ursachen fehlt hier der Atemantrieb – es findet daher auch keine Atemanstrengung statt. Zur Behandlung können atemstimulierende Medikamente sowie spezielle Beatmungsmethoden eingesetzt werden.

Um ein Ersticken im Schlaf durch einen weiteren Abfall zu verhindern, reagiert der Körper mit erhöhter Atemanstrengung und einer Mini-Weckreaktion: er schüttet ein Stresshormon aus, das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt und die Muskelspannung ebenfalls: Die Atemwege öffnen sich wieder. Das Ganze wiederholt sich immer wieder – bei manchen Betroffenen mehrmals pro Stunde. Die Folgen: Die Schlafarchitektur wird gestört, selbst wenn der Patient nicht vollständig aufwacht und nichts mitbekommt.

Weil der Schlaf nicht mehr erholsam ist, kämpfen Betroffene tagsüber mit verminderter Leistungsfähigkeit, Konzentrationsstörungen und Einschlafneigung – die Lebensqualität im Alltag sinkt, depressive Symptome sind möglich. Fast alle Patienten mit OSAS schnarchen auch. Manche Betroffene wachen ruckartig und mit einem Gefühl der Atemnot auf. Prädisponierende Faktoren sind Übergewicht, abendlicher Alkoholgenuss, die Einnahme von Beruhigungsmitteln und Rückenlage im Schlaf. Auch anatomische Merkmale wie beispielsweise vergrößerte Rachenoder Gaumenmandeln, eine große Zunge, ein zurückliegender Unterkiefer und enge obere Atemwege erhöhen das Risiko für eine obstruktive Schlafapnoe.

Langfristig drohen kardiovaskuläre Folgeerkrankungen. Für eine erfolgreiche Therapie der obstruktiven Schlafapnoe sollte zunächst versucht werden, Einfluss auf die prädisponierenden Faktoren zu nehmen, also: Reduktion des Übergewichts, Verzicht auf Alkohol etc. Bei den meisten Patienten ist eine nächtliche Überdruckbeatmung (continuous positive airway pressure, CPAP) die Therapie der Wahl. Hierbei produziert eine Atemmaske permanent einen leichten Überdruck auf die Atemwege, die dadurch nicht kollabieren können. Bei manchen Patienten kann ein HNO-ärztlicher Eingriff erforderlich sein, einigen helfen auch mechanische Maßnahmen wie eine Unterkieferprotrusionsschiene.

Cheyne-Stokes-Atmung Das nach dem schottischen Arzt John Cheyne und dem irischen Arzt William Stokes benannte Atmungsmuster beschreibt eine periodisch zu- und wieder abnehmende Tiefe der Atemzüge mit zwischenzeitlichen Apnoen. Sie wird vermutlich durch eine erhöhte Sensitivität des Rezeptors für den CO2-Partialdruck im Blut ausgelöst. Weil dieser im Schlaf naturgemäß etwas niedriger ist als im Wachzustand, tritt die Cheyne-Stokes-Atmung in der Regel zuerst nachts auf: Sinkt der Partialdruck des Kohlendioxids unter einen gewissen Level, löst dies eine vermehrte und vertiefte Atmung aus.

Dadurch wird schließlich so viel CO2 abgeatmet, dass der Rezeptor gar nicht mehr stimuliert wird – der zentrale Atemantrieb setzt aus, die Atemtiefe nimmt immer mehr ab und es kommt zu einer Apnoe. Dadurch sinkt der CO2-Partialdruck wieder, woraufhin wiederum eine überschießende vermehrte und vertiefte Atmung ausgelöst wird. Häufig kommt es gleichzeitig mit der Apnoe zu einem Arousal, also einer Mini-Weckreaktion des Körpers, was zur einer Fragmentierung des Schlafs führt.

Etwa ein Drittel bis die Hälfte aller Patienten mit Herzinsuffizienz zeigt eine Cheyne-Stokes-Atmung. Außerdem kann sie bei Patienten mit Niereninsuffizienz sowie nach einem Schlaganfall auftreten. Bei gesunden Menschen ist sie auch in großer Höhe zu beobachten. Wichtig ist die Behandlung der Grunderkrankung. Zudem können eine Therapie mit Sauerstoff sowie eine CPAP und spezielle weitere Beatmungsverfahren eingesetzt werden.

Körperliche Erkrankungen Schließlich kann eine Reihe von Krankheiten dazu führen, dass die Lunge während des Schlafs nicht ausreichend belüftet wird (Hypoventilation). Dazu gehören chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) sowie Formanomalien des Brustkorbs wie eine Kyphoskoliose, die die Atmung anatomisch behindern. Zudem können Muskeldystrophien beziehungsweise -atrophien nicht nur die Skelett-, sondern auch die Atemmuskulatur betreffen, was zu einer Atemmuskelschwäche sowie einer verminderten Leistung der Atempumpe führt. Das gleiche gilt für das Postpoliosyndrom, das als Spätfolge einer überstandenen Poliomyelitis auftreten kann.

Schließlich kann es im Rahmen einer Adipositas zu einem Obesitas-Hypoventilationssyndrom kommen. Typische Symptome von schlafbezogenen Hypoventilationssyndromen sind Kurzatmigkeit bei Belastung, verminderte körperliche Leistungsfähigkeit, morgendliche Kopfschmerzen und Tagesmüdigkeit aufgrund des nicht erholsamen Schlafs. Neben der Behandlung der Grunderkrankung ist vielfach eine Beatmung erforderlich.

Die anderen Teile der Artikelreihe finden Sie hier:
Teil 1
Teil 2
Teil 3

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/15 ab Seite 98.

Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

×