Cremetube © gzaleckas / iStock / Getty Images
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Darreichungsformen

MEHR ALS NUR EIN WIRKSTOFFTRÄGER

Ekzeme, Insektenstiche und Hautpilze sind typische Beschwerden, die mit halbfesten Zubereitungen gut versorgt werden können. Die Auswahl einer falschen Grundlage kann allerdings fatale Folgen haben.

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Den größten Anteil an Individualrezepturen bilden die halbfesten Zubereitungen. Apotheken in der Nähe von Hautärzten haben daher meist eine besonders gut ausgestattete Rezeptur. Doch auch Kinderärzte greifen gerne auf ihre bewährten Kreationen zurück, um die Beschwerden der typischen Kinderkrankheiten zu lindern. Wie in keinem anderen Therapiebereich hat die Grundlage hier eine Wirkung auf die betroffenen Hautareale. Was genau können die verschiedenen Grundlagen?

Sinnesorgan Haut Das größte Sinnesorgan des Menschen soll nicht nur den Körper über Schmerzen und Berührungen informieren, sondern auch vor äußeren Einflüssen schützen. Diese Schutzmechanismen müssen bedacht werden, bevor Wirkstoffe und Grundlagen auf der Haut eingesetzt werden. Die oberen Hautschichten bilden die Epidermis, die Dermis und die Subcutis. Die Epidermis bildet mit ihrer äußersten Schicht, dem sogenannten Stratum corneum, der Hornschicht, die direkte Grenze zur Umwelt. Mit einem Wasseranteil von maximal 15 Prozent und den fast nur noch aus Keratin bestehenden Hornschüppchen wird es potenziellen Gefahrstoffen, aber auch Arzneistoffen erschwert in die Haut einzudringen.

Trotzdem können sowohl hydrophile als auch lipophile Wirkstoff auf verschiedene Arten die oberste Hautschicht überwinden. Penetrationsenhancer sollen die Wirkstoffaufnahme beschleunigen. Sie reduzieren reversibel die Barriereeigenschaften der Haut oder verändern die Struktur der Hornschicht. Wichtige Beispiele sind Fettsäuren, Alkohole, DMSO, Harnstoff oder verschiedene Tenside. Sobald der Wirkstoff die Hornschicht überwunden hat, kann er sich in den darunterliegenden Hautschichten mit höherem Wassergehalt leichter verteilen. Wirkstoffe mit lokaler Wirkung wer- den in der Regel in der Epidermis bis hin zur oberen Dermis benötigt.

Systemische Wirkstoffe müssen die komplette Haut penetrieren, bis sie zu den Blutgefäßen gelangen. Ein Okklusionseffekt tritt bei hydrophoben Grundlagen auf. Bei diesen bildet sich eine ölige Schicht auf der Haut, die das Verdunsten von Wasser auf der Hautoberfläche verhindert. Es sammelt sich in den obersten Hautschichten und führt zu einem Aufquellen der Haut. Bei hydrophilen Grundlagen ist der Dochteffekt zu beachten. Wasser verdunstet und zieht Feuchtigkeit aus unteren Hautschichten nach oben. Der Dochteffekt macht sich durch eine kühlende Wirkung bemerkbar.

Beratungshinweise

Penetrationsenhancer sorgen für eine Tiefenwirkung von Wirkstoffen, können aber auch allergische Reaktionen auslösen. Lipophile Grundlagen sollten nicht bei entzündeten Arealen zum Einsatz kommen. Bei einer zu großflächigen Anwendung besteht die Gefahr eines Wärmestaus. Bei hydrophilen Grundlagen mit Wirkstoff reicht dünnes Auftragen aus. Durch die Verdunstung des Wassers besteht sonst die Gefahr einer Aufkonzentrierung des Wirkstoffs Pasten haben keine Tiefenwirkung, eignen sich aber gut zum Trocknen und zum Sekret binden Salben dienen ebenfalls zur lokalen Therapie. Die jeweilige Salbengrundlage richtet sich nach der Hydrophilie des Wirkstoffs und dem jeweiligen Hauttyp.

Pasten Zwischen den Pudern und Salben stehen therapeutisch gesehen die Pasten. Definiert werden diese als disperse Arzneiform mit einer inneren Pulverphase und einer äußeren flüssigen Phase. Sie sind nicht mehr fließfähig, lassen sich aber verstreichen. Durch den hohen Prozentsatz von bis zu 70 Prozent an unlöslichen Pulvern eignen sie sich besonders zur Behandlung nässender Hauterkrankungen. Zu beachten ist, dass sie keine hohe Tiefenwirkung entfalten. Obwohl die äußere flüssige Phase meist aus sehr lipophilen Substanzen wie Vaseline besteht, werden sie als wenig fettig empfunden. Dieses liegt an der Adsorption der lipophilen Phase am eingearbeiteten Feststoff. Bei Kunden besonders beliebt sind Zinkoxidpasten.

Windeldermatitis und feuchte, wunde Stellen im Sommer stellen wichtige Indikationen dar. Je nach Hydrophilie der äußeren Phase werden Pasten in hydrophob wie die erwähnte Zinkoxidpaste und hydrophil wie beispielsweise hydrophiles Zinkliniment NRF 11.109 unterteilt. Meist wird eine Kombination von Feststoff, der Flüssigkeiten aufsaugt, und hydrophober Grundlage, die durch den Okklusionseffekt die Haut gleichzeitig nicht austrocknen lässt, gewählt. Auch als Schutz gegen extreme Wetterbedingungen sind Pasten je nach Inhalt eine gute Möglichkeit. Ob als Sonnenschutzpaste mit Titandioxid oder als Windschutzpaste gegen Dehydratisierung kann eine Paste bei einigen Wetterlagen zum Einsatz kommen. Mit Talkum hingegen werden Pasten zur Aufnahme von Wundsekret eingesetzt.

Salben Als nächster Verwandter der Pasten sind Salben zu nennen. Zugrunde liegen den Salben Kohlenwasserstoffgele, wasserfreie, hydrophile Systeme oder Hydrogele. Allen Salben ist gemein, dass sie aus einer Phase bestehen, in der flüssige oder feste Substanzen dispergiert sind. Kohlenwasserstoffgele wie Vaseline, Paraffine, Glyceride oder sogar Wachse bilden hydrophobe Grundlagen. Diese können nur wenig Wasser aufnehmen und es entsteht ein Okklusionseffekt in der Haut. Lipophile Salben werden aus diesem Grund gerne als Vehikel für Wirkstoffe eingesetzt, falls ein trockener Hauttyp behandelt werden soll.

Wird der lipophilen Grundlage ein Emulgator beigemischt, entsteht eine wasseraufnehmende Salbe. Je nach Art des Emulgators entsteht eine W/O- oder O/W-Emulsion. Typische Emulgatoren sind Wollwachsalkohole und Fettalkohole. Beispiele sind unter anderem die nicht wasserhaltige Wollwachsalkoholsalbe DAB oder die hydrophile Salbe DAB. Wie der Name schon sagt, können diese größere Mengen an Wasser aufnehmen. Sie bilden häufig die Grundlage für die Herstellung hydrophiler Cremes. Das Gegenstück zu den lipophilen bilden die hydrophilen Grundlagen.

Sie bestehen aus Polyethylenglykolen mit unterschiedlichen Molekülmassen, sind mit Wasser mischbar und sollten bei fettiger Haut als Grundlage eingesetzt werden. Polyethylenglykole sind auch gut für jugendliche Fetthaut, Akne, Seborrhoiker und Ekzematiker geeignet, die in der Regel kein Fett auf ihrer Haut vertragen. Weiterhin sind viele Wirkstoffe in diesen Grundlagen besser löslich, die Salben lassen sich leicht abwaschen und wirken kühlend. Als Beispiel hier dient die Macrogolsalbe DAC. Im nächsten Teil werden die Grundlagentypen Creme, Gel und Lotion thematisiert und praktische Tipps zur Kundenberatung gegeben.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 11/2020 ab Seite 66.

Manuel Lüke, Apotheker und PTA-Lehrer

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