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Blutwerte

LEBERWERTE

Die Leber ist das Hauptstoffwechselorgan unseres Körpers. Ob sie gesund ist, kann man an bestimmten Eiweißwerten im Blutbild erkennen. Diese erhöhen sich, wenn die Leberzellen geschädigt sind.

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Die Leber ist ein Allroundtalent. Sie produziert wichtige Bluteiweiße wie Albumin und Gerinnungsfaktoren, reguliert den Zucker- und Fettstoffwechsel und speichert Mineralstoffe und Vitamine. Zudem entgiftet sie den Körper und gibt schwer wasserlösliche Endprodukte mittels der Galle in den Darm ab. Dort erleichtert die Galle wiederum die Aufnahme von Fetten aus der Nahrung. Die Leber ist sehr regenerationsfähig, daher sind Schäden gut zu therapieren – sofern sie rechtzeitig erkannt werden! Doch genau da liegt die Gefahr, denn viele Lebererkrankungen äußern sich erst spät mit unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder Schmerzen im Oberbauch. Ein klares Symptom einer Leberschädigung ist die Gelbsucht (Ikterus). Tritt diese typische Gelbfärbung der Haut, Schleimhäute und Lederhaut im Auge auf, ist der Schaden jedoch meist schon fortgeschritten.

Mehr Leberschäden in der Wohlstandsgesellschaft Um Leberschädigungen früh zu erkennen, gibt es in der Labordiagnostik verschiedene Marker, die im Blutbild ermittelt werden können. Dabei unterscheidet man drei Gruppen:

  • Werte, die eine direkte Schädigung der Leberzellen anzeigen
  • Werte, die eine Leberfunktionsstörung anzeigen und
  • Werte, die die Leber indirekt belasten (z.B. ein Gallestau)

Zu den direkten Leberschäden gehören Leberzirrhose, Leber- entzündungen, Fettleber oder Virusinfektionen. Jeder Fünfte hat mittlerweile bedenkliche Leberwerte, wobei die Zahlen weiter steigen, was auch mit unserer Lebensweise zu tun hat: Zu wenig Bewegung, zu viel fettes Essen, zu viel Alkohol – beste Voraussetzungen für das Entstehen einer Fettleber. Das Gefährliche daran: Gerade sie verursacht sehr lange so gut wie keine Symptome.

Endstation Leberzirrhose So regenerationsfähig das Organ ist, ab einem bestimmten Punkt ist die Leber irreparabel geschädigt. Nämlich dann, wenn das Gewebe bindegewebsartig umgebaut wird und verhärtet. Dann spricht man von einer Leberzirrhose. Sie ist meist das Endstadium langanhaltender Leberschädigungen. Die Hälfte aller Leberzirrhosen wird dabei durch Alkoholmissbrauch hervorgerufen, weitere 25 Prozent durch Infektionen mit Hepatitis-Viren. Etwa fünf Prozent der Leberzirrhosen führen zu Leberkrebs.

Werte, die auf eine Leberschädigung hindeuten In den Leberzellen (Hepatozyten) befinden sich spezielle Enzyme. Werden die Zellen geschädigt, gelangen diese Eiweiße ins Blut und lassen sich dort nachweisen. Besonders aussagekräftig sind hierbei die Werte der Alanin-Aminotransferase, der Aspartat-Aminotransferase und der Gamma-Glutamyl-Transferase. Werden sie gleichzeitig bestimmt, können sie ein Indikator für bis zu 95 Prozent aller Lebererkrankungen sein. Weitere Marker, wie die Alkalische Phosphatase, oder die Glutamatdehydrogenase können ebenfalls wichtige Hinweise geben. Gemessen werden die Leberwerte in U/l, also in Units auf einen Liter Blutserum.

  • Alanin-Aminotransferase (ALT/ALAT, Synonym: Glutamat-Pyruvat-Transaminase, GPT) Das Enzym ALT ist das einzige der drei genannten Eiweiße, das ausschließlich in Leberzellen vorkommt. Daher deutet ein erhöhter Wert stark auf den Untergang von Hepatozyten hin – wie bei Leberzirrhose oder Hepatitis. Der Normwert liegt für Frauen bei 10 bis 35 U/l, bei Männern bei 10 bis 50 U/l. Ein erhöhter ALT-Wert kann aber auch harmlose Ursachen haben: Zum Beispiel können die Wirkstoffe bestimmter Schmerzmittel oder der Antibabypille den Wert verfälschen.
  • Aspartat-Aminotransferase (AST, Synonym: Glutamat-Oxalacetat-Trans- aminase, GOT) Die AST ist ein Stoffwechselenzym, das nicht nur in den Leberzellen, sondern auch in der Skelett- und Herzmuskulatur zu finden ist. Ein erhöhter AST-Wert, der nicht von anderen erhöhten Leberwerten flankiert wird, ist also nur begrenzt aussagekräftig und kann zum Beispiel auch auf eine Herzerkrankung hinweisen. Der Normbereich für AST entspricht dem der ALT (Männer: 10-50 U/l, Frauen:10-35 U/l).
  • Gamma-Glutamyl-Transferase (GGT) Die GGT findet sich vor allem an den Zellmembranen der Hepatozyten, sodass bereits leichte Schäden zu einem Anstieg des Blutwertes führen. Die GGT gilt daher als sensitivster Parameter. Da sie jedoch auch zum Beispiel in Niere und Bauchspeicheldrüse vorkommt, muss nicht unbedingt eine Leberschädigung vorliegen. Der Normbereich bei Männern beträgt 10-66 U/l, bei Frauen 5-39 U/l.
  • Alkalische Phosphatase (AP) Dieses Enzym kommt in unterschiedlichen Körpergeweben, in Knochen, vermehrt aber in der Leber vor. Ein erhöhter Wert kann auf Leber- oder Gallenprobleme sowie auf Krebserkrankungen hinweisen, besonders hohe Werte sprechen für eine Gallenerkrankung. Bei gleichzeitig erhöhten ALT-, AST- und GGT-Werten ist jedoch eine Lebererkrankung wahrscheinlicher. Liegen alle anderen Leberwerte eher im Normbereich, kann eine spezielle Untersuchung von ALP-Isoenzymen zeigen, ob es sich um Leber- oder Knochenenzyme handelt. Der Normwert der AP liegt für Frauen bei 35 bis 105 U/l, bei Männern bei 40 bis 130 U/l.
  • Glutamatdehydrogenase (GLDH) Dieses Enzym kommt in den Mitochondrien der Leberzellen vor. Findet es sich in erhöhter Konzentration im Blutserum, können auch schon gering erhöhte Werte auf eine schwere Leberschädigung hindeuten. Die Normwerte für GLDH liegen bei Frauen bei bis 5 U/l, bei Männern bis 7 U/l. Der GLDH-Wert wird auch häufig für eine Absicherung der Verdachtsdiagnose Leberschaden ermittelt.

Werte, die auf eine Leberfunktionsstörung hindeuten Normalerweise sind erniedrigte Leberwerte kein Anlass zur Sorge. So haben etwa Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder rheumatischen Beschwerden durch die Einnahme von Sulfasalazin häufig zu niedrige GPT-Werte, Anders ist es, wenn bestimmte Stoffe, die in der Leber produziert werden, in zu niedriger Konzentration vorliegen. Das kann darauf hinweisen, dass das Organ seine Arbeit nicht mehr ausreichend verrichten kann. Solche Werte sind zum Beispiel der für Bilirubin (Abbauprodukt des Blutfarbstoffes), das Bluteiweiß Albumin und der Quick-Wert, der anzeigt, ob die Leber die lebenswichtigen Blutgerinnungsenzyme in ausreichendem Maße produziert.

Werte, die die Leber indirekt belasten Liegen Erkrankungen des Gallenganges oder der Gallenblase vor, kann es zum Gallenstau kommen. Dann sind die Leberwerte ebenfalls erhöht, ohne, dass die Leber selbst geschädigt sein muss. Auf einen Gallenstau weisen insbesondere erhöhte GGT-, Bilirubin- und AP-Werte hin.

Vorbeugung möglich Ein isoliert erhöhter Leberwert sagt noch nichts über eine eventuelle Erkrankung aus. Selbst mehrere erhöhte Werte müssen immer interpretiert werden. Die Werte können auch nach fettreichem Essen und extremem Alkoholgenuss vorübergehend ansteigen. Wichtig ist daher immer eine Verlaufskontrolle. Und: Durch eine gesunde Lebensführung kann man die Leber schonen. Dazu gehören mindestens drei Stunden Bewegung pro Woche, eine Gewichtsreduzierung in Maßen (Hungerkuren und Crash-Diäten belasten die Leber zusätzlich), fettarmes Essen, wenig bis kein Alkohol sowie vorbeugende Impfungen gegen Virenerkrankungen wie Hepatitis A und B.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/2021 ab Seite 66.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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