Narbenpflege

KEINE BLEIBENDE ERINNERUNG

Ob wulstig, wuchernd oder erhaben: Narben werden meist als störend empfunden. Wie kann man sie mildern oder beseitigen?

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Ein Schnitt mit dem Obstmesser, eine Blinddarmoperation oder die Folge von Verbrennungen oder Hautkrankheiten: Jede Narbe erzählt eine Geschichte. Doch manchmal rufen die unliebsamen Spuren auf der Haut nicht nur Erinnerungen vergangener Verletzungen hervor, sondern sie können jucken, Schmerzen bereiten und sogar die Beweglichkeit einschränken, wenn sie über einem Gelenk liegen. Besonders im Gesicht und am Dekolleté fallen sie auf. Und wenn die Zeit der Shorts, Bikinis, Tops und Röcke immer näher rückt, werden sie auch an anderen Stellen des Körpers als optisch unerfreulich empfunden – nicht nur von Frauen.

Denn die Zeiten sind vorbei, als man sich unter männlichen Akademikern als Zeichen von Mut und Korpsgeist Narben selbst zufügte, um anschließend stolz den Schmiss zur Schau zu stellen. Im Gegenteil: Heute leidet meist durch die Hautveränderungen zugleich das Selbstwertgefühl des gezeichneten Kämpfers. Wird nur die Oberhaut verletzt, entsteht normalerweise keine Narbe. Oberflächliche Defekte oder sauber vernähte Schnitte heilen mitunter so exakt wieder zusammen, dass keine Zeugen an die Verletzung erinnern. Diese Fälle nennen Mediziner Primärheilung per primam intentionem .

Erst wenn auch das gefäßreiche Bindegewebe der darunterliegenden Lederhaut in Mitleidenschaft gezogen wird, kommt es im Wundheilungsprozess zur Bildung einer Narbe. Bei großflächigen Läsionen, entzündeten Wunden oder Verletzungen, die unter Spannung heilen, bleibt mitunter ein auffälliger Wulst zurück. Mediziner sprechen dann von einer Sekundärheilung per secundam intentionem oder kurz ps-Heilung.

FÜNF TIPPS ZUR WUNDHEILUNG
Zug, Druck und Dehnung der Wunde vermeiden; keine scheuernde Kleidung, Vorsicht bei Sport und Dehnungsübungen!
UV-Strahlen können junge Narben bleibend dunkel pigmentieren. Solange sie noch gerötet sind, müssen reifende Narben mit Pflaster oder einem Sonnenblocker abgedeckt werden.
Narbe mehrmals täglich sanft mit speziellen Narbensalben massieren.
Strikte Hygiene, um Wundinfektionen zu vermeiden.
Frische Narben vor Reizungen und Austrocknung schützen.

Wunden heilen, Narben reifen Je nach Größe und Tiefe verheilen Wunden meist innerhalb von Wochen. Bis die Narbe ausreift, können noch einmal sechs bis zwölf Monate vergehen. Reife Narben sind blass, flach, weich und schmerzlos. Eine unreife Narbe ist gerötet, kann schmerzen oder jucken und manchmal leicht über das Hautniveau erhaben sein. Für ein gutes kosmetisches Narbenergebnis gilt: Vorbeugen ist die beste Therapie. Wichtig sind möglichst optimale Heilungsbedingungen. Das heißt, die Wunde darf sich nicht entzünden, die Ränder sollten möglichst glatt begrenzt sein und der Wundgrund feucht gehalten werden.

Das Narben-ABC Jede Narbenbildung ist individuell sehr verschieden und hängt von der Verletzungsart, der Lokalisation, der persönlichen Hautstruktur und dem Heilungsprozess ab. Auch Wundhygiene, sogar erbliche und hormonelle Faktoren wie auch das Alter beeinflussen das biologische Kunststopfen. Dermatologen unterscheiden fünf verschiedene Arten von Narben: Fibröse, physiologische Narben sind kosmetisch unauffällig, weder verdickt noch eingezogen. Ist das Narbengewebe hart und unelastisch, sprechen Ärzte von sklerotischen Narben, die auch häufig schrumpfen.

Bilden sich bei der Wundheilung zu wenig Ersatzfasern, sind grübchenartige atrophe Narben die Folge. Diese liegen tiefer als das umgebende Hautniveau – die Wunde füllt sich also nicht aus. Diese Narbenform entsteht beispielsweise bei starker Akne oder nach Windpocken. Manchmal schießt der Reparaturmechanismus des Körpers übers Ziel hinaus; es entstehen hypertrophe Narben. Die Haut bildet dann einen roten, juckenden und manchmal schmerzhaften Bindegewebewulst. Dieser Narbentyp entsteht vor allem dann, wenn die Wunde nicht ruhiggestellt bzw. geschont wird oder zusätzlich eine Infektion auftritt. Im günstigen Fall bilden sich hypertrophe Narben innerhalb von zwei Jahren langsam zurück.

Wuchern die Fasern über die Wundgrenzen hinaus, entwickeln sich Keloide. Mitunter entstehen tomaten-, ja sogar kartoffelgroße Knoten. Die Fibroblasten der Keloide produzieren bis zu zwölfmal mehr Kollagen als normale Bindegewebszellen, angeregt durch Wachstumsfaktoren wie TGF-ß, PDGF und VEGF. In puncto Schmerzhaftigkeit, Juckreiz und Rötung stehen sie den hypertrophen Narben in nichts nach. Allerdings bleiben Keloide lebenslang ein auffälliger Blickfang.

Warum manche Menschen Narbenwülste bekommen und andere nicht, ist unklar. Eine erbliche Veranlagung ist wahrscheinlich. Möglicherweise spielen auch hormonelle Einflüsse und die Pigmentierung der Haut eine Rolle. So sind Jugendliche und junge Erwachsene bevorzugt betroffen, ebenso Schwangere und dunkelhäutige Menschen (Asiaten, Schwarzafrikaner). Aber auch sehr hellhäutige, blonde und blauäugige Patienten entwickeln häufig unschöne Wucherungen.

Hypertrophe Narben treten bevorzugt bei Wunden an den Schultern, dem Brustbein oder der Innenseite der Extremitäten auf, an denen die Haut Spannungen ausgesetzt ist. Auch an den Ohrläppchen und im Gesicht können sie wachsen. Vor einer geplanten Operation ist es deshalb wichtig, mit dem Arzt über die eigenen Erfahrungen mit der Narbenbildung zu sprechen, denn nur dann können vorsorgliche Maßnahmen getroffen werden. Fast regelmäßig kommt es nach Verbrühungen oder Verbrennungen zur Ausbildung hypertropher Narben oder Keloide. Eine sorgfältige Wundbehandlung und frühzeitige, konsequente Narbenpflege kann den Wucherungen vorbeugen. Hier kann das Apothekenteam dem Patienten wertvolle Tipps zum richtigen Verhalten geben.

Zwiebelextrakt, Allantoin, Heparin glätten Wülste Nach Operationen oder sonstigen Hautverletzungen, bei denen eine hässliche Narbenbildung befürchtet wird, sollte man frühzeitig mit der vorbeugenden Narbentherapie beginnen. Während man früher sechs bis acht Wochen lang abwartete, ob sich die Narbe verdickt oder die Rötung bestehen bleibt, wird heute bereits die frühzeitige Anwendung eines Narbenexternums empfohlen.

Sobald die Fäden gezogen sind oder der Schorf von der Wunde abfällt, sollte der Patient beginnen, ein To pikum, zum Beispiel mit Heparin, Extractum cepae und Allantoin (z. B. Contractubex®), zweimal täglich sanft einzumassieren. Dabei wirkt der Zwiebelextrakt abschwellend und entzündungshemmend. Gleichzeitig verhindert er ein überschießendes Bindegewebswachstum und verfügt zudem über bakterizide und regenerationsfördernde Eigenschaften.

Der Zusatz von Heparin fördert nicht nur die Durchblutung, sondern lockert auch die Kollagenstrukturen auf, ist entzündungshemmend und begünstigt die Wasserbindung im Narbengewebe. Allantoin zeigt neben seiner reizmildernden Wirkung auch einen positiven Einfluss auf die Wundheilung und erhöht die Wasserbindungskapazität. Die Dreierkombination in dem Narbenspezifikum wirkt stärker als die Summe der einzelnen Komponenten und beugt aufgrund seiner guten, durch zahlreiche klinische Studien belegten Wirksamkeit, bei frühzeitigem Therapiebeginn und konsequenter Anwendung über mehrere Monate hinweg, Keloiden und hypertrophen Narben vor.

NARBE IST NICHT GLEICH NARBE
Fibröse Narben: Relativ unauffällige, glatte Narben, die sich nur optisch abheben.
Atrophe Narben: Eingesunkene Narben, schüsselförmig oder auch scharfkantig, oft Folge einer schweren Akne.
Hypertrophe Narben: Scharf begrenzt, erhaben, wuchern nicht über Wundrand hinaus, spontane Rückbildung möglich.
Keloide: Narben, die über den Wundrand hinaus wuchern und sich nicht spontan zurückbilden.
Sklerotische Narben: Verhärtete, unelastische Narben, die zum Schrumpfen neigen.

Bei täglicher Massage mit dem Gel dauert es etwa ein halbes Jahr, bis die Narbe immer flacher und blasser wird. Zudem werden die Schmerzen und der Juckreiz spürbar gelindert, und die Elastizität des Gewebes bessert sich, wodurch das unangenehme Spannungsgefühl beim Bewegen nachlässt. Selbst ältere Narben lassen sich noch positiv beeinflussen, nur dauert es entsprechend länger, bis sich Erfolge einstellen.

Die zusätzliche Behandlung mit therapeutischem Ultraschall kann das Ergebnis des Narbengels weiter verbessern. In Verbindung mit Ultraschall dringen die Wirkstoffe tiefer ins Gewebe, wodurch sie ihre Wirkung auch dort entfalten können. Nach wenigen Wochen solch einer Kombinationstherapie sind oft auch verhärtete oder ältere Narben elastischer und weniger auffällig. Andere Präparate zur Narbenbehandlung enthalten Wirkstoffe wie zum Beispiel Dexpanthenol oder auch die Kombination aus Hirudo, Vespa cabro, Allium cepa, Barium citricum, Polygonatum und Thuja. Diese sollen nach einer Verletzung die strukturierenden Aufbaukräfte der Haut anregen und helfen, ein möglichst stabiles Fasernetz auszubilden. Aussagen zur Wirksamkeit basieren allerdings meist nur auf Erfahrungsberichten und Anwendungsbeobachtungen.

Narbenpflaster, insbesondere Silikonauflagen, vor allem bei hypertrophen Narben oder Kompressionsverbände kommen ebenfalls zur Verringerung von Narbenwülsten und bei Verbrennungen zum Einsatz. Vorhandene, überschießende Narben können mittels Mobilisierung durch den Physiotherapeuten oder invasiver Verfahren (Laser, Operation, Kortikoid-Injektionen, Stickstoffvereisung oder Dermabrasion) gebessert werden. Bei chirurgischen Maßnahmen muss jedoch bedacht werden, dass trotz allem das Risiko der Narbenneubildung besteht.

Striae – ein hartes Los Narben können sich ebenso im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft, bei starken Gewichtsschwankungen oder infolge einer Bindegewebsschwäche herausbilden. Rötlich bis lila verfärbte Dehnungsstreifen, in der Fachsprache Striae distensae, entstehen durch feine Risse im Unterhautgewebe. Meist treten sie an Bauch, Hüften, Oberschenkel oder Brüsten auf. Mit der Zeit verblasst das vernarbte Gewebe oft zu silbrig glänzenden Streifen, die leider nicht vollständig verschwinden. Durch die Massage mit Gelen, Salben oder Cremes kann jedoch ein besseres Erscheinungsbild erzielt werden. Hier empfiehlt sich z. B. auch die Behandlung mit einem Heparinhaltigen Narbengel.

Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 04/11 ab Seite 55.

Dr. Kirsten Schuster, Medizinjournalistin

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