© Die PTA in der Apotheke
© Die PTA in der Apotheke

Wissen Sie es noch?

INNERE ERSTICKUNG

Mit dieser Serie möchten wir Sie erinnern. Und zwar an Dinge, die Sie damals in der PTA-Schule gelernt, aber inzwischen vielleicht nicht mehr parat haben. Jenes Wissen, das man nicht unbedingt täglich braucht, das jedoch die beratungsstarke PTA ausmacht.

Seite 1/1 2 Minuten

Seite 1/1 2 Minuten

Zyankali ist das Gift, das Spione im Krimi als Kapsel in einer Zahnlücke mit sich führen, um darauf zu beißen, falls ihre Tarnung auffliegt. Wissen Sie noch, welches Antidot man bei einer Cyanidvergiftung einsetzt?

Nicht nur im Krimi kann man von Vergiftungen mit Blausäure oder ihrem Kaliumsalz, dem Kaliumcyanid – auch Zyankali genannt – lesen, leider auch in Geschichtsbüchern. Cyanwasserstoff wurde unter anderem in den Gaskammern des KZ Auschwitz-Birkenau in großem Umfang zum Massenmord benutzt. Einige NS-Politiker entzogen sich nach Kriegsende durch Suizid mittels Zyankalikapsel der Verantwortung. Aber auch zur Vollstreckung der Todesstrafe in den USA wurde Blausäure bis vor einigen Jahren benutzt.

Da Kaliumcyanid auch in der Industrie, beispielsweise bei der Goldgewinnung, eingesetzt wird, sind auch heute noch Vergiftungen möglich. Der charakteristische bittermandelartige Geruch, der von Blausäure und ihrem Kaliumsalz ausgeht, warnt nicht jeden vor der Gefahr. Für etwa ein Viertel der Menschen ist er genetisch bedingt nicht wahrnehmbar.

Extrem giftig Schon ein bis zwei Milligramm Blausäure pro Kilogramm Körpergewicht wirken tödlich. Auch Einatmen oder eine Aufnahme über die Haut sind möglich. Ist das Gift in die Blutbahn gelangt, so bindet das Cyanidion irreversibel an das Eisen-III-Ion der Cytochrom­oxidase in den Mitochondrien, einem Enzym der Atmungskette. Dadurch kann der Sauerstoff von den Zellen nicht mehr verwertet werden, die Zellatmung kommt zum Erliegen. Der Körper reagiert darauf mit einer Erhöhung der Atemfrequenz.

Durch die entstehende Atemnot sollte man eigentlich mit einer Zyanose, also einer bläulichen Verfärbung der Haut rechnen. Da jedoch auch das venöse Blut sauerstoffreich und damit hellrot ist, haben Vergiftete eine rosige Hautfarbe – ein typisches Zeichen der Cyanidvergiftung. Weitere Symptome sind Kopfschmerzen, Schwindel, Erbrechen, Krämpfe, Ohnmacht und der typische Bittermandelgeruch in der Ausatemluft. Bei einer Vergiftung mit sehr hohen Konzentrationen kann der Tod durch Herzstillsand schon nach wenigen Minuten eintreten.

Gegengift Bei einer Cyanidvergiftung wird der Methämoglobinbildner 4-Dimethylaminophenol (4-DMAP) als Antidot eingesetzt. Er oxidiert Fe-II im Hämoglobin, wodurch Methämoglobin mit
Fe-III entsteht. Dieses dreiwertige Eisen bindet das Cyanidion. Bei der Behandlung wird etwa ein Drittel des Hämoglobins umgewandelt. Dies genügt, um den größten Teil des Cyanids zu binden.

Problematisch kann es allerdings bei Brandgasvergiftungen werden, wenn durch eine gleichzeitig vorliegende Kohlenmonoxidvergiftung bereits große Mengen des Hämoglobins mit Kohlenmonoxid besetzt sind und keinen Sauerstoff mehr transportieren können. Für diese Fälle wurde ein weiteres Antidot, das Hydroxycobalamin, zugelassen. Die Substanz bildet mit den Cyanidionen Komplexe. Allerdings gelingt dies nur, wenn das Opfer keinen Alkohol im Blut hat.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 12/13 auf Seite 83.

Sabine Bender, Apothekerin / Redaktion

×