Vielen Menschen fällt es leichter, ihre Tabletten regelmäßig einzunehmen, wenn sie das zur gleichen Uhrzeit tun und mit Ritualen verknüpfen. © nensuria / iStock / Getty Images Plus

Non-Adhärenz | Antihypertonika

ICH NEHME MEINE TABLETTEN IMMER SO, WIE SIE GESAGT HABEN, HERR DOKTOR!

Warum nur wollte der Blutdruck einiger Patienten einfach nicht sinken, auch wenn sie schon drei Antihypertonika einnahmen? Dieser therapieresistenten Hypertonie gingen amerikanische Ärzte in einer Studie auf den Grund. Und sie fanden die Lösung.

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Was man früher Compliance nannte, heißt heute Adhärenz. Ersteres bezeichnete die Therapietreue des Patienten, und zwar nur des Patienten – Adhärenz wiederum steht für die Einhaltung der gemeinsam von medizinischem Fachpersonal und Patienten eingesetzten Therapieziele. Der Arzt muss dem Patienten also genau erklären, was das Medikament bewirkt, warum er es nehmen soll und auch wann er es einnehmen soll.

Wenn ein Patient sich nicht daran hält, also die Tabletten einfach weglässt oder sie zu einem ganz anderen Zeitpunkt nimmt, nennt man das non-adhärentes Verhalten.

Und in diese Richtung ging der Verdacht der an der Studie beteiligten Ärzte. Fragen an die Patienten hatten da nicht viel Sinn: Diese beteuerten, dass sie ihre Tabletten stets regelmäßig einnahmen. Dass aber hinter dieser vermeintlichen Therapietreue sehr oft eine Non-Adhärenz steckt, zeigte ein Trick der Studienautoren um Dr. Marcel Ruzicka von der University of Ottawa. Die Teilnehmer der Studie hatten trotz Einnahme von drei oder mehr Blutdrucksenkern in der Langzeitmessung über 24 Stunden einen durchschnittlichen systolischen Blutdruck von mindestens 135 mm Hg. Ein Fragebogen, die dokumentierte Abgabe der Medikamentenpackung sowie die Zählung der noch vorhandenen Tabletten belegten, dass ihre Therapietreue hoch war.

Nun der Trick: Die Intervention der Ärzte bestand darin, dass die Patienten einmalig ihre Blutdruckmedikamente unter der Aufsicht einer Krankenschwester einnahmen (Directly Observed Therapy, DOT), Anschließend wurde der Blutdruck bis zum Peak der Medikamentenwirkung überwacht, woran sich eine 24-Stunden-Messung anschloss. Einen Monat später wurde noch einmal eine solche Messung durchgeführt. Der primäre Endpunkt, der bei 48 Teilnehmern erhoben werden konnte, war der Anteil der Patienten mit systolischen Blutdruckwerten im Zielbereich unter 135 mm Hg tagsüber bei der ersten Messung. Sekundärer Endpunkt war die zweite Messung – da sollte dieser Zielwert genauso erreicht werden.

In der ersten Messung nach der DOT sank der systolische Blutdruck bei 29 Prozent der Patienten drastisch – nämlich um durchschnittlich 26 mm Hg und somit in den Zielbereich. 71 Prozent lagen weiter über 135 mm Hg. Die zweite Messung einen Monat später ergab fast genau dieselben Werte.

Die Autoren der Studie interpretierten das so: Die Non-Adhärenz sei unter Patienten mit offensichtlich therapieresistenter Hypertonie hoch. Das gelte auch für diejenigen, die angeben, adhärent zu sein. Bemerkenswert ist, dass die Hälfte der Teilnehmer aufgrund ihrer unkontrollierten Hypertonie zuvor bereits ein kardiovaskuläres Ereignis erlitten hatte. Offensichtlich war aber selbst diese Erfahrung kein Grund für sie, ihre Antihypertonika nach Anweisung einzunehmen.

Interessant war auch, wie lange der Effekt der Intervention anhielt: Die meisten Patienten, deren Blutdruck direkt nach der DOT gesunken war, hatten auch einen Monat danach noch deutlich niedrigere Werte. Man erklärte es damit, dass die Einnahme unter Aufsicht sich offenbar spürbar auf die Adhärenz der Teilnehmer auswirkte – und zwar auf Dauer.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: Pharmazeutische Zeitung  

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