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HINTER DEN KULISSEN

Hier liegt ein Schwirren in der Luft. Gelächter, Stimmengewirr und Musikfetzen bilden die Geräuschkulisse – wir sind in der Stage School Hamburg, in der Musical-Darsteller ausgebildet werden.

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Junge, schöne Menschen laufen in Sportklamotten über die Flure und Treppenhäuser. Sie kommen immer aus irgendeinem Unterricht: Tanzen, Gesang, Sprechtechnik stehen auf dem Stundenplan; stets eilen die 250 Schüler der staatlich anerkannten Bühnenschule von einem Übungsraum zum anderen.

Tanzen ist Hochleistungssport Eine Ahnung vom schweißtreibenden Genre des Musicaldarstellers bekommt man in der Unterrichtsstunde von David Hartley, einem britischen Tänzer. Im Übungssaal mit dem federnden Holzboden und den Spiegelwänden trainiert er seine Schüler mit Musik vom Band. Natürlich trägt man hier nicht das Bühnen-Outfit, sondern eher Gymnastikklamotten, doch erhält man schon eine Vorstellung davon, wie das später aussehen wird: Groß und quirlig und lebendig, mit Schwung und genau dosierter Choreographie. Was David trainiert, ist Körperbeherrschung vom Scheitel bis in die Fußspitze.

Die Beherrschung der eigenen Ausstrahlung, das ist eigentlich das Ziel der Stage School. Denn talentiert sind sie hier alle, sonst hätten sie die schwere Aufnahmeprüfung gar nicht bestanden, ohne die man in die dreijährige Ausbildung nicht hineinkommt. Den oft noch sehr jungen Schülern wird ein Gefühl ihrer selbst vermittelt, vor allem: wie man sie hervorholt, kombiniert mit Techniken für die Darstellung auf der Bühne. „Da fließen auch schon mal die Tränen“, sagt Annette Bär, Fachfrau für Presse und Marketing.

„Cats“ war der Anfang Sie ist seit 20 Jahren dabei. Als 1986 Andrew Lloyd Webbers Musical „Cats“ auf einer Hamburger Bühne seinen Siegeszug antrat, musste man die Musical-Darsteller noch aus dem Ausland importieren. In Deutschland gab es schlicht keine Ausbildungsstätten für das boomende Musical-Geschäft. Thomas Gehle, der bis dahin unter anderem im Event Marketing tätig war, sattelte um und übernahm die Stage School, noch in einem Hinterhof mitten in der Hansestadt gelegen. Heute befindet sie sich direkt am Bahnhof Altona, in einem ehemaligen Verwaltungsgebäude, 4000 Quadratmeter groß, drei Etagen, inklusive hauseigenem Fitnesstudio.

Ganz oben unterm Dach sind die Büroräume. Dort sitzen Thomas Gehle und Annette Bär im Besprechungsraum an einem schönen, schlichten Holztisch. Gehle erzählt von den Anfängen, von manch kuriosem Filmdreh mit den Künstlern seiner Agentur, von einem Kontakt mit Arthur Boskamp, dem Pharmaunternehmer, der nicht nur ein Mäzen der Schule, sondern auch Buchautor war. „Einmal hat er angerufen und um fünf Schüler gebeten für sein Bühnenstück ,Don Juans zweite Frau‘. Die sollten das zuhause bei ihm lesen. Das war vor zwanzig Jahren.“

Die sich erst entwickelnde Musical- Szene brauchte damals Sponsoren, und auch heute noch ist das finanzielle Konzept Basis der privaten Schule. 10 000 Euro kostet die Ausbildung hier pro Jahr – doch es gibt Bafög, denn die Schule ist staatlich anerkannt. Und man schließt mit einem Diplom als Bühnendarsteller ab. Ganz besonders stolz sind Gehle und Bär auf das neu gegründete hauseigene Theater „First Stage“, auf dem die Schüler vor Publikum ihre besten Stücke präsentieren können. „So können sie Bühnenerfahrung sammeln“, sagt Gehle.

Talentierte junge Menschen werden an der Stage School zu Bühnendarstellern ausgebildet. Es gibt sogar Bafög.

Der Gesangsunterricht Ganz am Schluss des Rundgangs dürfen wir am Einzelunterricht teilnehmen: Ioana Tzoneva unterrichtet Elisabeth Kirch. Tzoneva ist ausgebildete Opernsängerin und sang an vielen internationalen Bühnen. Sie hat wilde rote Haare, versprüht ihr Temperament großzügig und unterrichtet mit unkonventionellen Methoden. Elisabeth Kirch, die Schülerin, eine junge Frau mit angenehmen Gesichtszügen und langen dunklen Haaren, muss sich auf ein Kippelbrett stellen. Was zur Folge hat, dass sie während des Singens ständig auf die Balance achten muss.

Das macht multitaskingfähig, sagt die Lehrerin. Die Tzoneva doziert ganz kurz: „Es gibt drei Kategorien: die Klassik, das Musical, den Pop. Das Schwierige ist im Musical, von der Sprechstimme in den Gesang zu kommen; man muss sozusagen seine Stimmfarbe mitnehmen. Man darf nicht schreien.“ Und dann sagt sie noch etwas vom Gaumensegel und von der Luftsäule und dass es im Musical nicht wie in der Oper klingen darf.

Reif für die große Bühne Elisabeth Kirch macht den Mund auf und beginnt zu singen. Wie gut die Tzoneva ihre Schülerin ausgebildet hat, merken die Zuhörer an der körperlichen Reaktion auf ihren Gesang: Es lauft uns buchstäblich den Rücken herunter, mit einem prickelnden Gefühl die Wirbelsäule entlang. Sie singt etwas von Puccini, dann wechselt sie, scheinbar mühelos, zu einem Stück aus dem Musical „Rocky", steht dabei schwankend auf dem kippeligen Ding. Wir applaudieren, als sie fertig ist. Und wollen dann ganz profane Dinge wissen: Wie lebt man eigentlich so als Sänger?

Man muss ja immerzu auf seine Stimme achten: mit dickem Wollschal? Mit Kamillentee morgens, mittags und abends? Die Tzoneva grinst ihr ansteckendes Lachen und sagt: „Ein Sänger darf vor dem Auftritt keine Milch trinken. Auch keinen Kaffee mit Milch. Und keine Nüsse essen, keine Bananen. Wenn's aber wirklich mal nicht geht: Ich habe immer GeloRevoice ® dabei. Das hat mir mal einer empfohlen und es hilft wirklich: Es hat mir schon so manches Mal den Abend gerettet." Elisabeth Kirch fällt ihr ins Wort: „Ich mag Kirsch-Menthol am liebsten. Wenn die Schleimhäute mal ausgetrocknet sind, gibt es nichts Besseres."

Die beiden, die Lehrerin und ihre Schülerin, nicken sich zu, in bestem Einvernehmen. Wir wurden gern noch länger zuhören bei dem, was sie zu sagen und zu singen haben. Doch leider geht der Zug nach Hause. So bleibt nur die feste Absicht, bald die Musical-Spielpläne zu studieren - dort mussten die Namen, die wir heute kennen gelernt haben, in Zukunft ganz sicher auftauchen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 03/17 ab Seite 96.

Alexandra Regner, PTA, Journalistin und Redaktion

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