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Heilpflanzen

HAMAMELIS – ZAUBERHAFTER WINTERBLÜHER

Schon die Indianer Nordamerikas schätzten Hamamelis. Bis heute werden seine Extrakte und ein wässriges Destillat in Arzneimitteln und Kosmetikprodukten verwendet.

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Die Virginische Zaubernuss ist ein bis zu sieben Meter hoher baumartiger Strauch, der zur Familie der Hamamelisgewächse (Hamamelidaceae) gehört. Seine kurzgestielten, wechselständigen Blätter sind rundlich-oval. Charakteristisch ist der gebuchtete, ungleich kerbig gewellte Blattrand.

Im Spätherbst und Winter setzt kurz vor oder mit dem Laubabfall die Blüte ein. Die gelben, korallenartig geformten Blüten sind frosthart und werden bis zu 2 Zentimeter lang und bis zu 1,5 Millimeter breit. Im Sommer reifen daraus die Früchte, holzige, rundlich-eiförmige und dicht behaarte Kapseln. Sie springen bei der Reife derart heftig auf, dass sie ihre ölhaltigen Samen meterweit von sich schleudern.

Blüten und Früchte zugleich Die Früchte befinden sich meist noch an der Pflanze, wenn bereits die neuen Blüten erscheinen, worauf auch die Bezeichnung Hamamelis zurückzuführen ist. Sie leitet sich von griech. hama = gleichzeitig und melon = Frucht ab. Auf diesen „zauberhaften“ Umstand verweisen auch die volkstümlichen Namen Zaubernuss sowie Hexen- oder Zauberhasel. Zugleich nehmen sie auf die Ähnlichkeit des Strauches mit der Haselnuss Bezug, die im Englischen Witch Hazel heißt. Allerdings rührt der englische Name wohl weniger von witch = Hexe her, sondern stammt vom alten englischen Begriff wytch = biegsamer Zweig, der auf die damalige Verwendung der Zweige als Wünschelrute deutet.

Aus dem Repertoire der Indianer Der Artname präzisiert das Verbreitungsgebiet der Pflanze, die im US-Bundesstaat Virginia heimisch ist, wo sie seit Jahrhunderten zu den traditionellen Heilmitteln der indianischen Naturmedizin gehört. Es wurden sowohl ihre frischen Blätter und Zweige in Wasser eingeweicht als auch Abkochungen für die äußerliche Behandlung von Schnittwunden, Haut- und Augenentzündungen, Blutergüssen und Insektenstichen eingesetzt.

Ein Tee aus den Blättern diente der Vermeidung von Frühgeburten und zur Besserung starker Menstruationsblutungen. Im 18. Jahrhundert machten sich europäische Siedler den Erfahrungsschatz zunutze. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden Zubereitungen in größerem Umfang bei Hämorriden und Wunden verwendet. Ein wässriges Destillat aus den Zweigen, das Hazeline, wurde das bekannteste Volksmittel gegen Muskelschmerzen, Augenentzündungen und diverse Hautprobleme. Nach Europa kam Hamamelis Ende des 19. Jahrhunderts, wo es vor allem als Wundheilmittel, bei Hämorriden und Venenproblemen sowie gegen Durchfall Verwendung fand.

Extrakte und Destillat Heute sind zum einen Zubereitungen mit ethanolisch-wässrigen Hamamelisextrakten aus Blättern und Rinde gebräuchlich. Die Qualität der Drogen ist im Europäischen Arzneibuch (Hamamelidis folium) und im Deutschen Arzneimittel-Codex (Hamamelidis cortex) festgelegt. Beide Pflanzenteile enthalten Gerbstoffe, wobei in den Blättern vorwiegend kondensierte (Catechingerbstoffe) und in der Rinde vor allem hydrolysierbare Gerbstoffe (Gallotannine) vorkommen.

Weiterhin finden sich Flavonoide, organische Säuren und ätherisches Öl. Zum anderen ist ein durch Wasserdampfdestillation gewonnenes gerbstofffreies Destillat aus den frischen Zweigen und Blättern, das als Hamameliswasser bezeichnet wird, geschätzter Bestandteil zahlreicher Fertigarzneimittel und Kosmetikprodukte.

Multitalent Hamameliszubereitungen kommen vor allem äußerlich bei leichten Hautverletzungen, lokalen Entzündungen der Haut- und Schleimhäute sowie bei Krampfaderbeschwerden und innerlich bei Hämorriden zum Einsatz. Darüber hinaus haben sie sich bei Verstauchungen, Quetschungen, Sonnenbrand, Insektenstichen, Entzündungen der Mundschleimhaut sowie bei trockener, juckender Haut bewährt.

Zu allen Indikationen existieren positive Monografien der Kommission E, der ESCOP sowie der EMA. Die innerliche Anwendung bei akuten, unspezifischen Durchfallerkrankungen ist nicht mehr gebräuchlich, da es zu Magenreizungen kommen kann. Auch in der Homöopathie ist Hamamelis ein gängiges Mittel in der Therapie von Krampfaderbeschwerden, Hämorridalleiden, Haut- und Schleimhautblutungen, schmerzhafter Periodenblutungen sowie in der Wundheilung.

Das breite Einsatzgebiet von Hamamelis beruht auf seinen anerkannten adstringierenden, antiphlogistischen und lokal hämostyptischen Wirkungen, für die vor allem die Gerbstoffe verantwortlich gemacht werden. Zudem regen sie die Wundheilung an, lindern Juckreiz und haben schwach antiseptische Effekte. Als wirksamkeitsbestimmende Inhaltstoffe des gerbstofffreien Hamameliswassers gelten die ätherischen Öle mit adstringierenden und antientzündlichen Eigenschaften.

 Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 08/13 ab Seite 32.

Gode Meyer-Chond, Apothekerin

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