Der verschwommene, dunkle Umriss eines Menschen streckt die Hand in Richtung des Betrachters aus.
Für die von der Schlaflähmung betroffenen Menschen besteht die Gefahr zu halluzinieren – meist von einer dunklen Gestalt. © CasPhotography / iStock / Getty Images Plus

Schlafparalyse

GEFANGEN IM EIGENEN KÖRPER

Was sich wie ein schlimmer Albtraum anhört, wird für diejenigen, die von der Schlaflähmung betroffen sind, regelmäßig zur Realität. Was passiert während der Paralyse und wie können Betroffene damit umgehen?

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Es ist schon spät. Ich falle müde ins Bett, liege auf dem Rücken und warte darauf einzuschlafen. Ich wache auf, fühle mich unwohl, irgendwie beobachtet. Als mein ganzer Körper anfängt zu kribbeln und das unangenehme Summen, dass plötzlich auftaucht, immer lauter wird, möchte ich aufstehen – doch es geht nicht. Angst macht sich breit, denn mein Körper ist wie ans Bett gefesselt und ich bin in ihm gefangen. Meine Gliedmaßen sind schwer wie Blei und sinken immer tiefer in die Matratze. Gleichzeitig fühle ich einen Sog, der meine Brust nach oben ziehen will. Ich reiße meine Augen auf, möchte mit aller Kraft losschreien, doch kein Laut schafft es über meine Lippen. Mein Blick wandert von der einen Ecke des Zimmers zur nächsten und rauf an die Decke. Das Licht flackert. In den kurzen hellen Momenten sehe ich eine schwarze Gestalt ohne Gesicht, die über mir zu schweben scheint. Der Hals schnürt sich mir zu und mittlerweile hat sich die Angst in Panik entwickelt. Mit letzter Kraft versuche ich dem bösen Wesen zu entkommen. Ich wache auf – aber dieses Mal wirklich.

Das war nicht das erste Mal, dass ich so etwas in der Nacht erlebte. Ich war 16, als ich es zum ersten Mal erlebte. Zuerst nahm ich an, es sei nur ein schlimmer Albtraum gewesen. Als sich dieser „Traum“ aber mit den Jahren immer wieder wiederholte, dachte ich zugegeben, dass ich von einem Dämon besessen sei – denn manchmal flüsterte auch eine Stimme in mein Ohr. Und was sich jedes Mal wie eine Stunde anfühlte, dauerte in Wirklichkeit gerade mal ein paar Minuten oder Sekunden. Ich war es satt. Also fing ich an zu recherchieren und stieß auf Dokumentationen sowie Erfahrungsberichte anderer Betroffener. Die Erzählungen ähnelten sich sehr – von der körperlichen Empfindung bis hin zu den Bildern, die wahrgenommen werden - und so realisierte ich: Ich bin nicht allein und auch nicht besessen.

Die Schlafparalyse
„Wer eine sogenannte Schlafparalyse erlebt hat, berichtet von Zuständen, wie man sie aus Gruselgeschichten von Edgar Allan Poe kennt. Es fühlt sich an, als ob man lebendig begraben wäre“, erläutert Chefarzt Professor Geert Mayer, Leiter des Schlafzentrums der Hephata-Klinik in Schwalmstadt-Treysa.

Dabei ist die Schlafstörung nicht selten: Laut Schätzungen haben rund acht Prozent der Bevölkerung sie schon erlebt. Umfragen unter Studenten ergaben, dass sogar 30 Prozent mindestens einmal betroffen waren. Ein Grund dafür ist, dass Stress und wenig Schlaf das Risiko einer Schlaflähmung erhöhen. Das Gehirn scheint in jungen Jahren anfälliger zu sein für außergewöhnliche Schlafphänomene und auch genetische Veranlagung spielt eine Rolle.

Was passiert während der Paralyse?
Während der sogenannten REM-Phase (rapid eye movement) ist das Gehirn hochaktiv, der Körper dagegen völlig entspannt und der Schläfer blendet äußere Reize aus – Es kommt zu einer natürlichen Erschlaffung, der sogenannten REM-Atonie. Bis auf die Muskulatur des Auges ist der Körper vollumfänglich gelähmt. Forscher erklären dies damit, dass die in dieser Schlafphase stattfindende Informationsverarbeitung möglichst ungestört ablaufen soll, da die Tagesereignisse im Gedächtnis verknüpft werden. Durch die stark herabgesetzte Wahrnehmung der Außenwelt soll verhindert werden, dass neue Signale und Empfindungen von außen eindringen. Die REM-Atonie ist eine wichtige Schutzfunktion des Körpers, die dafür sorgt, dass das Geträumte zwar erlebt, aber nicht vom Körper ausgeführt wird.

Doch wer während einer REM-Phase zu Bewusstsein kommt, kann eine Schlaflähmung erleben, da der für die Motorik zuständige Anteil des Gehirns noch „schläft“. Es handelt sich dabei um eine Art Wachzustand, welcher bewusst während des Schlafs erlebt und entweder kurz nach dem Einschlafen oder wenige Sekunden vor dem Aufwachen eintritt. Dabei bemerkt der Betroffene die Lähmung seines gesamten Körpers. Schon diese Beobachtung kann den Schlafenden stark verängstigen. Der unterschiedliche Aktivierungszustand verschiedener Hirnbereiche, eine sogenannte Dissoziation, kann zu Halluzinationen führen. Diese betreffen Gesehenes und Gehörtes sowie Berührungsempfinden und Schmerz. Wenn sich also zur Lähmung Dämonen, Aliens, Monster, Einbrecher oder sonstige dunkle Gestalten hinzugesellen, die als konkrete Bedrohung von dem Schlafenden wahrgenommen werden, dann wird das Erlebte für die Betroffenen zu einem wahrgewordenen Albtraum. Nach wenigen Minuten oder Sekunden wacht auch endlich der Körper auf – voller Angst, schweißgebadet und mit Herzrasen.

Eine Schlaflähmung zu erleben kann für manche so verstörend sein, dass sie professionellen Rat suchen. „Am wichtigsten ist es dann, die Patienten aufzuklären, dass es sich um natürliche Vorgänge im Körper handelt“, sagt Professor Thomas Penzel vom Interdisziplinären Schlafmedizinischen Zentrum der Charité in Berlin.

Falls sich Ihnen gegenüber ein Kunde öffnet, können Sie Folgendes empfehlen:
• Schlafposition verändern: Forscher vermuten, dass die Paralyse durch eine Rückenlage begünstigt wird. Man sollte also besser auf der Seite oder auf dem Bauch liegen.
• Möglichst alles vermeiden, was regelmäßige Wach- und Ruhephasen verhindert. Außerdem ausreichend schlafen und keinen oder nur wenig Alkohol trinken.
• Vor dem Schlafen entspannen: Um abends besser abzuschalten, können Meditation, Yoga oder feste Rituale helfen. Stress scheint Schlaflähmungen zu fördern.
• Tritt die Paralyse doch ein, sollten Betroffene nicht gegen die Lähmung ankämpfen und versuchen, sich zu entspannen. Sie sollten sich vielmehr auf einen Körperteil, beispielsweise auf einen Finger, konzentrieren und versuchen diesen zu bewegen. Nach kurzer Zeit sollte es möglich sein, den nächsten, dann die ganze Hand und bald auch den ganzen Körper zu bewegen.
• Die Atmung zu verändern, kann ebenfalls dazu beitragen, die Schlaflähmung zu beenden.
• Wer sich bewusst macht, dass es vorübergehen wird und keine übersinnlichen Mächte im Spiel sind, kann entspannter bleiben und halluziniert weniger stark.
• Phytotherapeutika wie Passionsblumen- oder Lavendelextrakt können bereits vor dem Schlafen dazu beitragen, Ängste und Anspannung zu lösen.
• Kund*innen, die häufig betroffen sind und stark darunter leiden, sollten einen Arzt aufsuchen. Versuchsweise kann ein trizyklisches Antidepressivum verordnet werden, da es den REM-Schlaf unterdrückt. Auch selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) kommen zum Einsatz.
• Die Horrorerlebnisse können zu einer Angststörung führen, dann kann eine Psychotherapie angebracht sein.

Sabrina Peeters,
Redaktionsvolontärin

Quellen:

www.apotheken-umschau.de/Schlafstoerungen/Schlaflaehmung-Gefangen-im-Albtraum-555489.html


www.apotheken.de/krankheiten/hintergrundwissen/10579-die-schlafphasen


www.betten.de/magazin/schlafparalyse-laehmung-im-schlaf.html

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