Apfel mit Bio-Siegel.© Olga Berezhna / iStock / Getty Images

Deklaration auf Lebensmitteln

DURCHBLICK IM ETIKETTEN-DSCHUNGEL

Sich gesund ernähren und nachhaltig einkaufen, das wollen die meisten von uns. Der Blick auf das Etikett hilft dabei nicht unbedingt weiter. Denn was da drauf steht, muss nicht unbedingt drin sein. Worauf kann man vertrauen?

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Es gibt es eine Flut an Siegeln, Herkunftszeichen und Symbolen auf unseren Lebensmitteln. Dazu tummeln sich gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnungen und freiwillige Angaben der Hersteller lustig bunt und verwirrend auf den Verpackungen. Wir versuchen ein bisschen Klarheit zu schaffen.

Alles wirklich bio, nachhaltig und fair? Die Begriffsverwirrung bei den Labels zu ökologischer Herstellung, Nachhaltigkeit und fairem Handel ist besonders groß. Denn im Bewusstsein, dass diese Attribute positiv bewertet werden, kennzeichnet der Handel inzwischen viele Produkte damit.

Worin auch das Problem des sogenannten Co-Labelling begründet liegt: Hersteller verbinden ihre Marken mit bestimmten Siegeln, um damit bei den Konsumenten eine größere Nachfrage zu erzielen. Die Glaubwürdigkeit an einen transparenten Vergabeprozess – also tatsächlich bio, nachhaltig und fair – ist dabei angesichts der Marketinginteressen jedoch nicht unbedingt gegeben. Auf die folgenden Etiketten können Sie und Ihre Kunden sich jedoch verlassen:

EU-Bio-Logo Für dieses seit Juli 2010 bestehende Label gelten die EU-Öko-Kriterien für alle vorverpackten Bio-Lebensmittel. Unverpackte Bioprodukte können auf freiwilliger Basis damit gekennzeichnet werden. Die Hersteller der mit dem EU-Bio-Logo gekennzeichneten Produkte müssen sich bei einer zugelassenen Öko-Kontrollstelle anmelden und werden dann von staatlich anerkannten Kontrolleuren überprüft. Zeichengeber des Logos ist die Europäische Kommission.

Deutsches Bio-Siegel Dieses seit 2001 in Deutschland vergebene Label garantiert, dass damit gekennzeichnete Produkte den EU-Öko-Kriterien entsprechen. Zudem trägt das Siegel die Code-Nummer der Kontrollstelle, die geprüft hat. Herausgeber des deutschen Bio-Siegels ist das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, BMEL.

Da viele Hersteller davon ausgehen, dass das deutsche Bio-Siegel bekannter als das EU-Bio-Logo ist, drucken sie oftmals nur dieses Siegel auf die Vorderseite ihrer Produkte. Das obligatorische EU-Bio-Logo findet sich dann nur klein auf der Rückseite. Die ökologischen Ansprüche an die Herstellung eines Produkts sind jedoch die gleichen – egal, ob es das deutsche Bio-Siegel trägt oder das EU-Bio-Logo.

Weitere Fragezeichen auf dem Etikett

+ Naturidentische Aromen: Das hat mit Natur nichts zu tun, sondern ist rein synthetisch. Wenn auch in der gleichen chemischen Zusammensetzung wie das natürliche Vorbild.
+ Kann Spuren von ... enthalten: Mit großer Vorsicht zu genießen, denn das ist eine freiwillige Angabe der Hersteller. Und oft ungenau: Bei „Kann Spuren von Nüssen enthalten“ kann jede Art von Nüssen gemeint sein. Ein Risiko für Allergiker!
+ Fruchtzubereitung: Das Produkt enthält außer Frucht auch Wasser, Zucker und Verdickungsmittel. Eine Fruchtzubereitung von 18 Prozent kann möglicherweise nur sechs Prozent Früchte enthalten. Dafür aber umso mehr Zucker.
+ Fruchtsaftgetränk: Es hat nur sechs bis dreißig Prozent echten Fruchtsaft intus. Der Rest ist gesüßtes Wasser.
+ Unbehandelt: Diese Produkte können aus konventionellem Anbau stammen und wurden lediglich nach der Ernte nicht mehr behandelt. Davor haben die Früchte aber die übliche Dosis Schalenkonservierungsmittel oder Wachse abbekommen.

Fairtrade-Siegel Bei seiner Vergabe stehen die Verbesserungen der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Erzeuger, Weiterentwicklung von gemeinschaftlichen Projekten in den Anbauländern sowie eine umweltverträgliche Produktion im Fokus. Nur Produkte, die diese Kriterien erfüllen, erhalten das unabhängig kontrollierte Siegel für fairen Handel. Vergeben wird es vom Dachverband FLO e.V. (Fairtrade Labelling Organizations International).

Blauer Engel Produkte, die damit gekennzeichnet sind, weisen einen besonders kleinen sogenannten ökologischen Fußabdruck auf. Sie zeichnen sich unter anderem durch einen hohen Anteil an Recyclingmaterial und einen geringen Wasserverbrauch aus. Der Blaue Engel ist das Umweltzeichen der Bundesregierung.

Dafür stehen die EU-Öko-Kriterien

+ Artgerechte Tierhaltung durch Mindestgrößen für Ställe, genügend Auslauf und natürliche Futtermittel
+ Fütterung ohne Zusatz von Antibiotika und Leistungsförderern
+ Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel, Wachstumsförderer, synthetische und mineralische Dünger
+ Herstellung ohne Geschmacksverstärker, künstliche Aromen oder Bestrahlung
+ Schonende Herstellung, um die Inhaltsstoffe des Lebensmittels zu erhalten
+ Nur Zusatzstoffe, wenn das Lebensmittel nicht ohne hergestellt oder haltbar gemacht werden kann
+ Ökologische Zutaten – andere sind nur erlaubt, wenn es sie nicht aus ökologischer Herstellung gibt, wie beispielsweise Salz. Weniger als fünf Prozent konventionelle Zutaten sind nicht kennzeichnungspflichtig, alles darüber muss ausgezeichnet sein. Der konventionelle Anteil darf dreißig Prozent nicht überschreiten, sonst gibt es keine Zulassung als Bio-Lebensmittel.
+ Verzicht auf Gentechnik: Rohstoffe, Zutaten oder Hilfsstoffe, die gentechnisch verändert wurden, sind strikt verboten. Dazu zählen auch Starterkulturen für Joghurt oder Hefekulturen für Brot.
+ Strenge Kontrollen, mindestens einmal im Jahr von amtlich zugelassenen Kontrollstellen.

Übrigens: Integriert ist nicht ökologisch Ökologischer und integrierter Landbau sind zwei komplett verschiedene Stiefel. Im integrierten Anbau verpflichten sich die Erzeuger einzig, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu minimieren. Deshalb kann alles aus integriertem Anbau ebenso belastet sein wie aus konventionellem. Denn ab wann und welche Mittel ein Landwirt einsetzt, bleibt ihm selbst überlassen. Kontrollen gibt es keine. Anders im ökologischen Anbau: Hier wird streng kontrolliert, um sicherzustellen, das die EU-Öko-Kriterien eingehalten werden.

Schlanke Mogelpackungen Dafür, dass wir Verbraucher mitunter löffelweise Irrtümer konsumieren, sorgen auch die „Light“-Produkte. Wer sich mit ihnen auf der leichteren Seite des Lebens wähnt, erliegt einem gewichtigen Irrtum. Denn was damit leichter wird, ist das Verkaufen, nicht das Abnehmen. Da man sich von „Light“ ja ruhig mehr gönnen darf, schnappt die „Du darfst“-Falle schnell zu.

Warum? Hier zwei Beispiele: Die Begriffe „Light“ oder „Leicht“ sind gesetzlich nicht geschützt und dürfen somit frei verwendet werden. „X-Prozent weniger Fett“ ist ein gerne angewandtes Verwirrspiel der Werbestrategen. Produkte, die mit diesem Aufdruck in den Handel kommen, haben meist trotzdem noch jede Menge Fettkalorien intus – oft bis zu 80 Prozent.

Die Sache mit den fruchtigen Joghurts Gesundes Joghurt mit gesundem Obst – prima. Sagen sich vor allem viele Eltern und servieren ihren Kindern diese Kombination. Doch die fruchtigen Zubereitungen sind weit weniger gesund als gedacht. Denn damit sich ein Fruchtjoghurt so nennen darf, muss er lediglich sechs Prozent Frischfrucht enthalten. Was bei einem 150 Gramm Becher neun Gramm Frucht bedeutet. Das ist weniger als eine halbe Erdbeere ... Ein sogenanntes Joghurt mit Fruchtzubereitung kommt mit noch weniger aus, nämlich mit nur 3,5 Prozent Frischfrucht.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 05/2022 ab Seite 50.

Birgit Frohn, Diplombiologin und Medizinjournalistin

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