Gewürze © brebca / iStock / Getty Images
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Gewürze

DUFTENDE WEIHNACHTSBÄCKEREI

Im Mittelalter galten sie als derart kostbar, dass sie nur zu besonderen Anlässen verwendet wurden. Heute findet man sie vor allem in der orientalischen oder indischen Küche, doch ohne exotische Gewürze geht es auch hierzulande in der Adventszeit nicht.

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Gäbe es weder Zimt, Anis, Kardamom, Muskat noch Nelken, würden alle Plätzchen nur nach Butter und Zucker schmecken, süßes Gewürzbrot und Stollen jede Besonderheit verlieren. Auch wenn die traditionelle deutsche Küche vornehmlich durch Gewürzpflanzen wie Petersilie, Dill, Liebstöckel oder Schnittlauch geprägt ist, finden sich zur Weihnachtszeit auch wieder mehr Exoten in den Supermarktregalen: Den campherartigen Geruch haben Lebkuchen dem Kardamom zu verdanken, Anis verleiht Pfeffernüssen ein leicht lakritziges Aroma. Und ganz nebenbei haben fast alle Vertreter auch noch einen Stellenwert als Heilpflanze.

Aromatisch und gegen Völlegefühl Ohne Zimt geht zu Weihnachten nichts, er findet sich in Punsch, Plätzchen und dunklen Bratensoßen. Der Echte Zimt (Cinnamomum verum) zählt zu den ältesten Gewürzen der Welt, stammt aus Sri Lanka, ehemals Ceylon, weshalb die dünnen getrockneten Rindenstücke auch als Ceylon-Zimt bezeichnet werden. Im Gegensatz zu Cassia-Zimt, der preiswerten Alternative, gewonnen aus dem des chinesischen Zimtbaum (Cinnamonum cassia), schmeckt Ceylon-​Zimt aromatischer und weniger scharf, was vor allem an dem geringeren Anteil Zimtaldehyden im ätherischen Öl liegt. Zudem enthält er kaum Cumarin. Der Aromastoff kommt jedoch in höheren Konzentrationen in Cassia-Zimt vor, weshalb dieser nur maßvoll konsumiert werden sollte, um Leberschäden zu vermeiden. Zimt wirkt appetitanregend, verdauungsfördernd und leicht krampflösend, weshalb er bei Völlegefühl oder Periodenbeschwerden angewendet werden kann.

Einen eindeutigen Beleg für eine blutzuckersenkende Wirkung gibt es nicht, die Studienlage für eine positive Modulation der Blutfette ist ebenfalls nicht eindeutig. Kardamom wirkt ebenfalls verdauungs- und gallensaftsekretionsfördernd. Es werden meist die gemahlenen Samen oder die gesamte getrocknete Kapselfrucht des Grünen Kardamoms (Elettaria cardamomum) aus der Familie der Ingwergewächse (Zingiberaceae) verwendet. Das enthaltene ätherische Öl schmeckt würzig bis süßlich-scharf und veredelt Lebkuchen und Spekulatius. Es enthält über 120 Verbindungen, unter anderem Cineol, alpha-Terpinylacetat und Hydroxyzimtsäure. In arabischen Ländern wird dem Gewürz auch eine aphrodisierende Wirkung zugesprochen – Kaffee oder Trinkschokolade werden häufig mit Kardamom veredelt.

Die süßlich schmeckenden Anissamen von Pimpinella anisum L. werden nicht nur zur Weihnachtszeit reichlich verwendet. Aufgrund der verdauungsfördernden und entkrampfenden Wirkung ihres ätherischen Öls (hauptsächlich Anethol), findet sich Anis in Fertigarzneimitteln oder Arzneiteemischungen gegen Blähungen oder Völlegefühl. Neben der Magen-Darm-​Indikation werden heiße Aufgüsse oder Extrakte auch bei Atemwegserkrankungen eingesetzt, denn die Samen zeigen sekretolytische und sekretomotorische Eigenschaften. Keine Verwandtschaft besteht übrigens mit Sternanis: Illicum vernum ist ein kleiner immergrüner Baum aus China, dessen Fruchtblätter an einen Stern erinnern und häufig zu Dekorationszwecken genutzt werden.

Rezept für einen weihnachtlichen Schoko-Gewürzkuchen

+ 125 g Butter
+ 250 g Zucker
+ 1 Päckchen Vanillezucker
+ 4 Eier Schale einer Orange
+ Je eine Prise Salz und Muskat
+ 1 Messerspitze gemahlene Nelken
+ 1 gestrichener Teelöffel Zimt
+ 350 g Mehl
+ 50 g Kakaopulver
+ 4 gestrichene Teelöffel Backpulver
+ 125 ml Milch

Den Backofen auf 180°C (Heißluft) vorheizen. Die Butter mit dem Zucker und Vanillezucker schaumig rühren, anschließend die Eier einrühren. Mehl, Backpulver, Gewürze, Orangenschale und Kakaopulver mischen und abwechselnd mit der Milch zu der Butter-Zucker-Ei-Mischung geben, bis ein glatter Rührteig entstanden ist. Den Teig in eine eingefettete Backform geben (Kasten- oder Gugelhupfform) und für 50 Minuten backen. Nach dem Abkühlen mit etwas Puderzucker oder Schokoglasur verzieren.

Von Heil- und RauschmittelnNoch heute greifen viele Menschen bei Zahnschmerzen zu Nelken. Beim Kauen wird das ätherische Öl freigesetzt. Es besteht aus bis zu 85 Prozent Eugenol, das oberflächenanästhetisch, antibakteriell und entzündungshemmend wirkt. Daher findet sich Nelkenöl auch häufig in Mundspüllösungen oder Pinselungen gegen Zahnfleischentzündungen. Das typische Aroma der getrockneten Blütenknospen des Gewürznelkenbaumes (Syzygium aromaticum) darf aber auch in keinem Punsch oder Lebkuchen fehlen – auch herzhafte Fleischgerichte oder Rotkraut werden mit dem Myrtengewächs (Myrtaceae) verfeinert. Muskatnuss, -öl und -butter spielen ganzjährig eine Rolle in der deutschen Küche: Kartoffelbrei, Kürbissuppe oder Kohlgerichte werden mit frisch geriebener Muskatnuss veredelt.

Der Samen des Muskatnussbaums (Myristica fragrans) findet vor allem in der Volksheilkunde, der Ayurveda- oder Hildegard-von-Bingen-Medizin Anerkennung, zum Beispiel bei Durchfallerkrankungen oder äußerlichen Infektionskrankheiten, sowie bei Potenzstörungen. Die berauschende Wirkung ruft das Gewürz erst in hohen Dosierungen hervor, der hierfür hauptverantwortliche Inhaltsstoff ist Myristicin, das vor allem im ätherischen Öl zu finden ist. Die halluzinogene Wirkung kommt durch eine schwache MAO-​Hemmung zustande. Ebenfalls diskutiert wird eine mögliche psychotrope Wirkung der Metabolite MMDA, das strukturell MDMA aus Ecstasy ähnelt, sowie Mescalin, das in seiner Wirkung LSD gleichkommt.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/19 ab Seite 128.

Farina Haase, Apothekerin/Redaktion

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