Krankheiten im Kindesalter
DICKE BACKEN
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Ältere kennen es noch aus eigener Erfahrung, viele jüngere nur noch von Bildern. Typisch für Mumps sind die dick geschwollenen Wangen – manchmal nur auf einer Seite, oft auch beidseitig. Was viele nicht wissen: Bei weitem nicht alle Infizierten bekommen die „Hamsterbacken“. Wer sich mit Mumps ansteckt, kann auch nur leichte Symptome wie bei einer Erkältung entwickeln – oder gar keine. Mit dem Alter steigt allerdings das Risiko für einen schweren Verlauf und Komplikationen. Problematisch: Auch Patienten ohne Symptome können weitere Menschen anstecken. Schutz bietet eine Impfung, die von der Ständigen Impfkommission (STIKO) für alle Kinder empfohlen wird.
Klassische Infektionskrankheit Bei dem Mumps-Erreger handelt es sich um ein RNA-Virus aus der Familie der Paramyxoviridae, zu der auch das Masernvirus gehört. Es wird durch Tröpfchen-Infektion, übertragen. Die Inkubationszeit beträgt meist 16 bis 18 Tage, kann aber schwanken. Besonders ansteckend sind Infizierte um den Ausbruch der Erkrankung herum. Typischerweise beginnt die Erkrankung mit unspezifischen, grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Kopfschmerzen, allgemeinem Krankheitsgefühl, Gliederschmerzen und Appetitverlust. Nach ein bis mehreren Tagen kann die für Mumps typische Entzündung der Ohrspeicheldrüse (Parotis) dazukommen.
Dies ist die größte Speicheldrüse des Körpers und liegt auf beiden Seiten des Gesichts jeweils vor dem Ohr, wo sie vom Jochbogen bis zum Kiefergelenk hinunterreicht. Durch die Entzündung schwellen die Ohrspeicheldrüsen an und führen so zu den dicken Backen. Der lateinische Name für Mumps lautet entsprechend Parotitis epidemica. Bei der Mehrheit der Patienten klingt die Entzündung nach drei bis acht Tagen wieder ab und heilt folgenlos aus. Bei rund 10 bis 15 Prozent schwellen auch die submandibulären und die sublingualen Speicheldrüsen an.
Komplikationen Jedoch können die Viren auch andere Organe befallen – je älter die Patienten sind, desto höher ist das Risiko dafür. Bei etwa ein bis zehn Prozent der Betroffenen wird eine aseptische Meningitis beobachtet, die in der Regel ohne Folgen wieder abklingt. Etwa ein Prozent entwickelt jedoch eine Enzephalitis, die in seltenen Einzelfällen auch tödlich enden kann. Eine vorrübergehende Taubheit im Hochfrequenzbereich wird bei etwa vier von einhundert Patienten beobachtet, einer von 20 000 Patienten bleibt dauerhaft auf einem Ohr taub.
Etwa 15 bis 30 Prozent aller Jugendlichen und jungen Männer, die an Mumps erkranken, entwickeln eine Entzündung des Hodens (Orchitis). Sie kann die Fruchtbarkeit einschränken, eine Sterilität ist jedoch selten. Bei etwa einem Drittel der Mädchen und Frauen kann sich eine Entzündung der Brust (Mastitis) entwickeln, bei rund jeder Zwanzigsten eine Entzündung der Eierstöcke (Oophoritis). Diese Komplikationen treten fast nur bei einer Erkrankung nach der Pubertät auf. Weiterhin können als Komplikationen eine Pankreatitis, Nephritis, Arthritis, Anämie oder Myokarditis vorkommen.
Diagnostik und Behandlung Bei Patienten mit typischer Parotitis ist die Diagnose eindeutig. Wird eine Mumps-Infektion vermutet, ohne dass eine Parotitis vorliegt, ist Labordiagnostik notwendig: Mit ihr können entweder Virusbestandteile oder aber Antikörper gegen das Virus nachgewiesen werden. Eine spezifische Therapie gegen Mumps existiert nicht. Die Parotitis kann schmerzhaft sein, insbesondere das Kauen und das Öffnen des Mundes. Hier können kalte (bei manchen Patienten auch warme) Umschläge lindernd wirken. Ebenfalls sinnvoll sind dann weiche bis flüssige Speisen wie Brei oder Suppen. Saure Lebensmittel, die die Speichelproduktion zusätzlich anregen, sollten gemieden werden. Bei Bedarf können fiebersenkende und schmerzstillende Medikamente zum Einsatz kommen.
Vorbeugung durch Impfung Den besten Schutz gegen Mumps bietet die Impfung. Dabei handelt es sich um eine Lebendimpfung mit abgeschwächten Viren, die als Kombinationsimpfstoff mit Masern, Röteln und gegebenenfalls Windpocken verfügbar ist. Gemäß STIKO-Empfehlung sollen alle Kinder erstmalig im Alter von 11 bis 14 Monaten geimpft werden. Für einen vollständigen Impfschutz ist eine zweite Impfung notwendig, die frühestens vier Wochen nach der ersten erfolgen kann und spätestens gegen Ende des zweiten Lebensjahres (also mit 23 Monaten) durchgeführt werden soll. Verpasste Impfungen sind sobald wie möglich nachzuholen.
Abgesehen von den zu erwartenden Impfreaktionen (Schmerzen und Schwellung an der Einstichstelle, Fieber, Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit) kann als Folge der Impfung gelegentlich eine Schwellung der Ohrspeicheldrüse auftreten. Selten wurden Gelenkbeschwerden oder eine leichte Hodenschwellung beobachtet. In den 1970er Jahren, vor der Einführung der Impfung, erkrankten vor allem Kinder von fünf bis neun Jahren an Mumps. Die Inzidenz lag über 200 Erkrankungen pro 100 000 Einwohner. Bei den Schuleingangsuntersuchungen 2017 hatten bundesweit 96,9 Prozent aller Kinder die erste Mumps-Impfung erhalten, und 92,6 Prozent auch die zweite.
Heute erkrankt weniger als ein Mensch pro 100 000 Einwohner – entsprechend gibt es rund 700 bis 800 Fällen in Deutschland pro Jahr. Auffällig ist, dass wieder mehr Jugendliche und junge Erwachsene an Mumps erkranken. Zu den Ursachen gehört hierzulande sicherlich ein mangelhafter Impfschutz in dieser Altersgruppe – bei den Schuleingangsuntersuchungen im Jahr 2001 hatten nicht einmal 50 Prozent zwei Impfungen erhalten. Zudem kann es bei Mumps zu Impfdurchbrüchen kommen, das heißt, auch Menschen, die beide Impfungen erhalten haben, können mitunter erkranken – sie erleiden aber weniger Komplikationen als Ungeimpfte.
Möglicherweise lässt der Impfschutz mit der Zeit auch nach. Neben Kindern empfiehlt die STIKO die Impfung gegen Mumps auch für Mitarbeiter in der Patientenversorgung, Gemeinschaftseinrichtungen oder in Ausbildungseinrichtungen für junge Erwachsene, die nach 1970 geboren sind, wenn diese nicht oder nur einmal gegen Mumps geimpft wurden oder der Impfstatus nicht klar ist.
Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 03/2021 ab Seite 68.
Dr. rer. nat. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin