© Die PTA in der Apotheke
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DIABETES TYP 2

Um späteren Folgeerkrankungen vorzubeugen, ist eine gut eingestellte Therapie das A und O. Apotheker und PTA können ihre Kunden dabei umfassend unterstützen.

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Am 14. November ist Welt-Diabetes-Tag. Seit 20 Jahren soll dieser weltweite Aktionstag auf die steigende Verbreitung des Diabetes mellitus aufmerksam machen. Nutzen Sie diesen Tag, um Patienten zu diesem Thema aufzuklären und die Erkrankung in der Apotheke zum Thema zu machen. Da 80 bis 90 Prozent der Diabetiker unter einem Diabetes Typ 2 leiden, sind diese Menschen die Hauptzielgruppe für die Apotheke. Im Gegensatz zu den meisten Typ-1-Diabetikern besteht hier ein großer Beratungsbedarf.

Typisch Typ 2 Früher wurde der Diabetes Typ 2 lapidar als „Alterszucker“ bezeichnet. Tatsächlich sind überwiegend Menschen jenseits des fünfzigsten Lebensjahres betroffen. Mit dem Anstieg adipöser junger Menschen verschiebt sich diese Erkrankung mehr und mehr in die Gruppe der jüngeren Menschen und Kinder. Der Begriff der „Wohlstandskrankheit“, deren Wurzeln ein Übermaß an Nahrungszufuhr sowie ein deutlicher Bewegungsmangel sind, beschreibt die Ursache des Diabetes Typ 2 sehr treffend.

Außerdem ist eine genetische Belastung bei dieser Form des Diabetes nachgewiesen. Wer dauerhaft zu viel Nahrung zu sich nimmt, hat permanent einen hohen Blutzuckerspiegel. Die Bauchspeicheldrüse muss ständig Insulin ausschütten. Dies lässt die Insulinrezeptoren unempfindlich werden, man spricht von Insulinresistenz. Bleibt der Zucker dadurch im Blut, wird zunächst noch mehr Insulin produziert. Damit beginnt ein Teufelskreis. Mehr Insulin bedeutet auch mehr Appetit. Die Rezeptoren werden immer unempfindlicher, bis die Bauchspeicheldrüse irgendwann erschöpft ist und kein Insulin mehr produziert.

Die Anfänge der Erkrankung bleiben oft unbemerkt. Erst, wenn die Stoffwechsellage sich verschärft und die Bauchspeicheldrüse bereits deutlich eingeschränkt arbeitet, werden die klinischen Symptome sichtbar: Müdigkeit, Schlappheit und vermehrte Infektanfälligkeit treten typischerweise auf. Da diese Symptome auch bei vielen anderen Krankheiten auftreten, ist oft erst ein zufällig gemessener hoher Blutzuckerwert der entscheidende Befund für die Diagnosestellung. Klassische Diabetesbeschwerden wie vermehrte Harnausscheidung und erhöhtes Durstgefühl sind eher selten.

FÜNF KERNBOTSCHAFTEN DES WELT-DIABETES-TAGES 2011
+ Diabetes tötet: eine Person alle acht Sekunden, vier Millionen Menschen pro Jahr.
+ Diabetes unterscheidet nicht: alle Altersklassen, arme und reiche, jeglicher Herkunft.
+ Diabetes kann nicht länger ignoriert werden: Kosten von vier Millionen Leben pro Jahr, eine Million Amputationen pro Jahr, Millionen Euro gehen beim Einkommen und der Produktivität verloren
+ Lebensrettende Unterstützung ist ein Recht, kein Privileg: Schulung, Medizin, Technologie
+ Wähle die Gesundheit: Fordere gesundes Essen und eine gesunde Umwelt, bleibe aktiv, ernähre dich gesund. Du kannst den Unterschied machen.

Problematisch ist, dass langjährige unerkannte Blutzuckerspiegel die Ursache für gravierende Nerven- und Gefäßschädigungen sind, die Nieren- und Herzerkrankungen sowie Retinopathien und den diabetischen Fuß begünstigen.

Kombinierte Therapie Wenn ein Diabetes Typ 2 festgestellt wird, erfolgt die Einstellung gemäß der Leitlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft . Die Basis besteht in der Umstellung der allgemeinen Lebensgewohnheiten – also Umsetzung nichtmedikamentöser Maßnahmen: Ernährungstherapie, Gewichtsreduktion, Lebensstiländerung (z. B. Nikotinverzicht, Alkoholvermeidung) und Erhöhung der körperlichen Aktivität. Die begleitende Gabe von Metformin sorgt auf pharmakologischem Weg für eine Senkung des Blutzuckers.

Ziele der Behandlung sind der Erhalt der Lebensqualität, Symptomfreiheit und die Vermeidung von Akut- und Spätkomplikationen. Dabei sollte der verordnende Arzt auf die individuellen Besonderheiten des Patienten, beispielsweise Begleiterkrankungen, weitere Arzneimittel und Lebensalter Rücksicht nehmen. Der Erfolg der Therapie wird regelmäßig alle drei bis sechs Monate über die Messung des HbA1c-Wertes kontrolliert.

Werden die vorgegebenen Zielwerte nicht erreicht, kann die medikamentöse Therapie über die Kombination mehrerer oraler Antidiabetika oder die Kombination von Metformin mit Insulin intensiviert werden.

Wissenswertes für die Beratung Apothekenmitarbeiter können Diabetiker durch eine gute Beratung zur Einnahme und Wechselwirkungen ihrer Medikamente erfolgreich unterstützen. Wichtig ist, sich dazu die Wirkweise und Einnahme der einzelnen Substanzen noch einmal klar zu machen:

Metformin Das Biguanid hemmt die Glukoseneubildung und verbessert die Aufnahme von Glukose in das Muskel- und Fettgewebe. Der Wirkstoff bietet eine geringe Gefahr für Hypoglykämien und hat einen günstigen Effekt auf die Reduktion des Körpergewichtes. Wenn keinerlei Kontraindikationen vorliegen, ist Metformin für übergewichtige Diabetiker vom Typ 2 das orale Antidiabetikum der Wahl. Diabetiker, die magenempfindlich reagieren, sollten die Einnahme direkt nach der Mahlzeit vornehmen. Selten kann es unter Metformin zu Völlegefühl und Durchfällen kommen. Der Patient sollte auf Alkoholkonsum unter einer Metformintherapie möglichst verzichten, um das sehr seltene Risiko für eine Laktatazidose zu minimieren. 24 Stunden vor und nach einer Untersuchung mit jodhaltigen Röntgenkontrastmitteln sollte kein Metformin eingenommen werden.

alpha-Amylase-Hemmer (Acarbose und Miglitol) verzögern den Abbau von Kohlenhydraten zu Einzelzuckern, indem sie die alpha-Glukosidase im Darm blockieren. So können plötzliche Blutzuckerspitzen nach der Nahrungsaufnahme vermieden werden. Die Monotherapie wird nur empfohlen, wenn eine Unverträglichkeit oder Kontraindikation für Metformin besteht. Damit die optimale Wirkung gesichert ist, werden die Medikamente mit dem ersten Bissen der Mahlzeit eingenommen. Eine zuckerreiche Kost führt unter der Therapie oft zu Darmbeschwerden wie Blähungen und Durchfall.

PATIENTEN ERKENNEN UND GEWINNEN
Bei Diabetes spielt die Früherkennung der Erkrankung eine wichtige Rolle. Viele Apotheken veranstalten Aktionstage, an denen sie einen Präventionscheck anbieten. Durch die Untersuchung des Blutzuckers können mögliche bisher unerkannte Diabetiker identifiziert und zum Arzt geschickt werden. Mit Informationsmaterial und Beratungsangeboten können außerdem Diabetiker für die Apotheke interessiert werden.

Sulfonylharnstoffe (z. B. Glibenclamid, Glimepirid) regen die körpereigene Insulinfreisetzung an. Das funktioniert nur bei Typ-2-Diabetikern, bei denen noch eine eigene, wenn auch reduzierte Insulinproduktion vorhanden ist. Sulfonylharnstoffe werden morgens eine halbe Stunde vor dem Frühstück eingenommen. Erfolgt die Therapie mit Glibenclamid, ist auf die Nahrungsaufnahme nach der Tabletteneinnahme zu achten, um Unterzuckerungen zu vermeiden. Unter Sulfonylharnstoffen kommt es häufig zu Gewichtszunahmen. Deshalb sind diese Wirkstoffe nicht die erste Wahl für stark übergewichtige Diabetiker.

Glinide (Repaglinid und Nateglinid) wirken ähnlich wie Sulfonylharnstoffe steigernd auf die körpereigene Insulinfreisetzung. Repaglinide wird Patienten empfohlen, bei denen das HbA1c-Ziel trotz Ernährungs- und Bewegungstherapie nicht erreicht wird. Auch die Kombination mit Metformin ist möglich. Repaglinid wird innerhalb von 15 Minuten vor den Hauptmahlzeiten eingenommen. Glinide können in seltenen Fällen Unterzuckerungen und Nebenwirkungen im Bereich des Magen- Darm-Traktes hervorrufen.

Glitazone (z. B. Pioglitazon) erhöhen die Insulinsensitivität in Muskulatur, Leber und Fettgewebe. Sie wirken der Insulinresistenz von Typ-2-Diabetikern entgegen. Es bestehen keine Wechselwirkungen mit Alkohol und Nahrungsmitteln. Pioglitazon kann mit anderen oralen Antidiabetika und auch Insulin kombiniert werden. Die Einnahme erfolgt unabhängig von der Mahlzeit. Pioglitazon steht seit Juni unter Verdacht, das Auftreten von Blasenkarzinom zu begünstigen.

DPP-4-Hemmer Sitagliptin, Vidagliptin und Saxagliptin hemmen das abbauende Enzym Dipeptidyl-Peptidase 4 und verstärken dadurch die Wirkung der körpereigenen Inkretine GIP und GLP-1, die den Blutzucker senken. Inkretin GLP-1 wird von Typ-2-Diabetikern nach der Mahlzeit nur unzureichend gebildet. Es stimuliert bei hohen Blutzuckerspiegeln die Bildung von Insulin und senkt die Ausschüttung von Glukagon, verlangsamt die Magenentleerung und reduziert den Glukoseausstoß der Leber. Von Vorteil ist, dass Sitagliptin nur so lange wirkt, wie der Blutzucker erhöht ist, also keine Gefahr der Unterzuckerung besteht. Das Körpergewicht wird nicht negativ beeinflusst. Seltene unerwünschte Wirkungen sind Durchfall, Kopfschmerzen und Schnupfen. Die Einnahme der Tabletten erfolgt einmal täglich unabhängig von den Mahlzeiten.

GLP-1-Rezeptorantagonisten Exenatide und Liraglutid aktivieren den Rezeptor für GLP-1 und sorgen so für eine glukoseabhängige Stimulation der Insulinausschüttung. Diese Wirkstoffe sind für Patienten mit Typ-2-Diabetes in Kombination mit Metformin oder Sulfonylharnstoffen angezeigt, wenn unter der Monotherapie die angestrebten HbA1c-Werte nicht erreicht werden. Die Einnahme erfolgt innerhalb einer Stunde vor dem Frühstück oder Abendessen. Häufiger treten gastrointestinale Nebenwirkungen auf. Ein positiver Begleiteffekt ist die Reduktion des Körpergewichtes nach mehreren Wochen Behandlung.

Gut betreut Viele Diabetiker sind mit der Diagnose und der anschließenden Therapie überfordert. Apotheker und PTA können die Betroffenen durch Information zur Erkrankung, Medikation und nichtmedikamentösen Maßnahmen sehr unterstützen und leisten einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung von Folgeschäden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/11 ab Seite 60.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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