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Kommunikation

DER SUCHTGEFÄHRDETE

Herr Rotkopf schaut Sie mit einem ziemlich garstigen Blick an, während sich sein Gesicht dunkelrot verfärbt. „Wie, ich nehme zu viel davon? Was heißt denn das? Meinen Sie, ich bin süchtig oder was?“

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Gerade haben Sie ihm gesagt, dass er das Arzneimittel, das er vom Arzt erhalten hat, bereits zweimal in diesem Monat von einem anderen Arzt verschrieben bekommen hat. Auffällig ist das schon. Arzneimittelabhängigkeit ist kein seltenes Phänomen.

Vielleicht ist er ja wirklich süchtig Nun kommt es aber darauf an, wie Sie mit oben beschriebener Reaktion umgehen. Wenn Sie versuchen, sich durch lange Konversation und Beschwörungsversuche vor einem eigenen Versagen zu schützen und gleichzeitig versuchen, es Ihrem Kunden (in diesem Fall ist es wahrscheinlich ein Stammkunde, den Sie schon lange kennen) so recht zu machen wie irgend möglich, machen Sie sich der sogenannten Co-Abhängigkeit schuldig. Sie merken, ob Sie co-abhängig sind, an folgenden Gefühlen: Sie fühlen sich erheblich besser, wenn Sie das Gefühl haben, Ihren Kunden zu kontrollieren.

Sie fühlen sich für seine Bedürfnisse wesentlich mehr verantwortlich als für Ihre eigenen. Oder Sie mischen sich weit in sein Leben ein, mit der Absicht ihn davon abzuhalten, die Verantwortung für sein eigenes Leben zu übernehmen. Sollten Sie tatsächlich die Vermutung haben, dass Ihr Kunde süchtig ist, dann ist es besser seinen Arzt zu benachrichtigen und Ihrem Kunden auf obige Bemerkung wie folgt zu antworten: „Ja, so ähnlich könnte es werden. Daher spreche ich Sie an, um herauszufinden, welche Vorgehensweise ich Ihnen jetzt am besten empfehlen kann. Denn ich möchte Ihnen nichts wegnehmen – aber ich möchte Ihnen vor allem auch nicht schaden.“

Vielleicht fühlt er sich nur bevormundet Gängelung bedeutet, dass jemand sich zu stark in seiner persönlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt fühlt. Sicher haben Sie die Arzneimitteltherapiesicherheit im Blick, aber wie fühlt sich Ihr Kunde, wenn Sie ihn bei einem kleinen Betrug ertappen? Sicher nicht gut. Handeln Sie so, dass er sein Gesicht wahren kann, und machen Sie nicht zu viele Worte drum rum. Kommen Sie direkt zur Sache: „Herr Rotkopf, ich vermute, dass Sie nicht richtig eingestellt sind. Das betrifft viele unserer Kunden zu einem bestimmten Zeitpunkt ihrer Therapie, und ist nicht außergewöhnlich. Sie trifft sicher keine Schuld, handeln müssen Sie dennoch. Ich schlage vor, dass Sie einen Termin mit Ihrem Arzt vereinbaren. Dabei sollten Sie ihm auch von den anderen Verschreibungen berichten.“

Vielleicht ist es ein Missverständnis Wer weiß, wie es zu besagter Mehrfachverordnung kam? Solange man nicht in Ruhe darüber sprechen kann, wird man es nicht wirklich herausfinden. Hier kann es geeignet sein, einfach mal die Fakten auf den Tisch zu legen. Unaufgeregt, sachlich und gleichbleibend freundlich. Sorgen Sie mit Ihrer Körpersprache dafür, dass Ihr Kunde Sie als Helfer, und nicht als Feind ansieht.

Sie könnten zum Beispiel sagen: „Herr Rotkopf, ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen. Wie wäre es, wenn wir die Dinge einmal kurz besprechen, sodass Sie die Sicherheit bekommen, das Beste für sich und Ihre Gesundheit zu tun? Mir ist einfach aufgefallen, dass Sie dieses gleiche Medikament dreifach verordnet bekommen haben. Auch wenn ich nicht Ihr behandelnder Arzt bin, so ist es doch meine Pflicht, Sie vor Schaden zu schützen. Denn auch wenn ein Medikament in der richtigen Dosierung dazu geeignet ist, Ihre Gesundheit zu schützen, so kann es Ihnen doch in der falschen Dosierung sehr schaden. Und das ist mir gerade aufgefallen. Für welchen Zeitraum sind denn die Verordnungen vorgesehen?“

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER Apotheke Sonderheft „Kommunikation und Zusatzverkäufe" auf Seite 8.

Dr. Anna Laven, Apothekerin und Kommunikationstrainerin

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