© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Einfach gut essen

DAS ULTIMATIVE RESTEESSEN

Ich möchte hier doch mal eine Lanze brechen. Zum einen für das unspektakuläre Wort „Resteessen“. Zum anderen für ein verkanntes Gemüse: die dicke Bohne. Sie glauben gar nicht, was man daraus alles zaubern kann.

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Sie hat es nicht leicht, die Bohne. Die Hülsenfrucht aus der Ordnung der Schmetterlingsblütenartigen ist wuchstechnisch hart im Nehmen, sehr nahrhaft und sie kann in derart rauen Mengen angebaut werden, dass auch das Vieh mit ihr dick und rund gefüttert wird. Fotomodelle fallen wahrscheinlich in Ohnmacht, wenn ihnen ein Teller vorgesetzt wird (die essen ja nix mit Kalorien) und Otto Normalverbraucher denkt gern an die im Rheinland verbreitete Abart „Dicke Bohnen mit Speck“, während dem Norddeutschen eher „Birnen, Bohnen und Speck“ durchs Hirn schießt, auch so ein vergessenes ehemaliges Arme- Leute-Essen, so wie Steckrüben oder geschmorter Kohl.

Aber was kann sie dafür, dass die Pferdebohne, Saubohne, Puffbohne (alles volkstümliche Namen dafür) aus dem Gemüse- Proletariat stammt! Sie ist ein nahezu vollwertiges Nahrungsmittel und ich kann Ihnen sagen, sie nimmt die Aromen in ihren stärkehaltigen Bauch auf wie keine zweite. Kombiniert mit den richtigen Zutaten zaubern Sie aus der gemeinen Ackerbohne ein sterneverdächtiges Essen, von dem sehr viele Menschen in Ihrem Haushalt satt werden können. Dieses Essen hat überhaupt nur Vorteile: a) Sie können es schon am Abend vorher zubereiten, b) Sie können alle Fleischreste hineintun c) Sie können alle Käsereste reintun d) die fünf übrigen Kartoffeln dazutun und e) den ollen, schrumpligen Apfel, den keiner mehr essen will, auch noch. Ein Wunderessen also.

Der Sonntagsbraten war echt spitze, aber da ist dieses eine Endstück übriggeblieben, dunkelbraun und gut gewürzt. Und ein bisschen Soße ist auch noch da. Zu schade, um es wegzuwerfen! Ich hole in solchen Fällen meinen Römertopf aus dem Schrank (ohne den geh ich gar nicht aus dem Haus), aber es reicht auch ein geräumiger Schmortopf mit dickem Bauch, den man in den Ofen stellen kann. Man braucht für dieses tolle Essen: eine (oder mehrere) Dose(n) Bohnen mit Abtropfgewicht um die 500 Gramm, Bratenreste, einen großen Apfel, zwei Zwiebeln, 500 Gramm Kartoffeln, geriebenen Käse, Bratensoße oder ähnliches, Sahne, Butter – und ein paar Kräuter wären auch noch ganz schön.

Sie merken schon, das ist nichts für Leute, die gerade eine Low-Carb-Diät machen. Den Bratenrest schneiden Sie in mundgerechte Stücke, tröpfeln ein bisschen Sahne auf den Schmortopfboden, dann backt es nicht an. Sie geben die gehackten Zwiebeln drauf, dann den kleingeschnippelten Apfel ohne Schale. Darauf das Fleisch. Sie spülen die Bohnen unterm Wasserhahn in einem Sieb ab und tun sie auf die Zwiebel-Apfel-Braten- Mischung, zusammen mit den in dünne Scheiben geschnittenen rohen Kartoffeln. Darüber kommt die Bratensoße und die Sahne, gewürzt mit Salz und Pfeffer, gemischt mit dem geraspelten Käse. Ganz obendrüber werden dann noch ein paar Kleckse Butter gegeben.

Kleiner Tipp: Wenn keine Bratensoße vorhanden ist, dann tut es auch ein Tütchen Rahmchampignon-Soße oder Zwiebelsuppe aus dem Supermarktregal mit den bekannten Trockenzubereitungen. So, jetzt den Deckel drauf. Wenn Sie es erst morgen in den Backofen schieben wollen, dann stellen Sie es bis dahin kühl. Am nächsten Tag oder auch gleich im Anschluss stellen Sie den Schmortopf in den kalten Backofen und stellen diesen auf 180 Grad. Dann setzen Sie sich in Ihren Lieblingssessel und lesen für zwei Stunden in Ihrem Lieblingsbuch, gucken Ihre Lieblingsserie oder gehen shoppen, stricken Strümpfe oder was Ihnen sonst noch einfällt.

Alles, was Sie zum Mittag- oder Abendessen brauchen, ist in diesem Topf, der durch die geschlossene Ofentür seine Aromen abgibt, was sämtliche Verdauungssäfte auf den Plan ruft. Ich weiß das, ich habe es ausprobiert. Wenn die Zeit rum ist, sitzen schon alle freiwillig am Tisch und wetzen die Messer. Die sie aber gar nicht brauchen. Die dicken Bohnen haben sich mit dem Geschmack des Fleisches und der Soße vollgesogen; die Kartoffeln sind mürbe und zerfallen im Mund, der Apfel hat dem Ganzen noch eine überraschend wohlschmeckende süßliche Note gegeben. Man kann das Gericht löffeln. Es ist so lecker, dass dieses Resteessen eigentlich einen eigenen Namen verdient hat. Wie wäre es mit Pot-au-feu à la fèves? Klingt irgendwie besser als „Schmortopf mit Bohnen“… 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 06/2020 ab Seite 124. 

Alexandra Regner, PTA und Journalistin
Fragen an die Autorin unter a.regner@uzv.de 

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