Zielgenaues Zurechtschneiden der DNA – doch nicht realistisch? © Natali_Mis / iStock / Getty Images Plus

Genetik | Genschere

CRISPR-CAS9 DOCH NICHT SO GENAU?

Sie ist die Revolution der Gentechnik: Die Genschere CRISPR-Cas9 wird als DAS Universalwerkzeug der Gentechnik gefeiert. Endlich ist es möglich, DNA zielgenau an bestimmten Stellen zu zerschneiden. Britische Forscher hinterfragen nun allerdings die Sicherheit des Verfahrens.

Seite 1/1 1 Minute

Seite 1/1 1 Minute

Eigentlich klingt es ja auch zu schön, um wahr zu sein. Denn was für den einen wie eine technische Spielerei für Genetiker anmutet, eröffnet in der Behandlung bislang schwer oder unheilbarer Erkrankungen ganz neue Möglichkeiten: Die Methode könnte zum Beispiel genutzt werden, um das PD-1-Gen, mit dem Krebszellen die Immunabwehr ausschalten, auszuschneiden und so den Tumor angreifbar zu machen. Oder die Entfernung des CCR5-Gens könnte zum Schutz CD4-positiver Zellen vor dem HI-Virus beitragen. Und dies alles, ohne das restliche Genom anzugreifen. Kein Wunder, dass sich bereits viele dieser Therapieansätze in der klinischen Erprobung befinden.

Die Präzision dieser Schere wird nun allerdings in Frage gestellt. Der britische Genetiker Allan Bradley vom Sanger Institute in Hinxton bei Cambridge hat bei seinen Versuchen mit der Genschere teilweise größere Genverluste oder komplexe Genumlagerungen festgestellt. Ein möglicher Erklärungsansatz: Die Zelle versucht, die Veränderungen, die durch CRISPR-Cas9 durchgeführt worden sind, wieder zu reparieren. Diese Reparaturversuche verlaufen nicht immer wie geplant. Gerade größere Umlagerungen bergen das Risiko einer Onkogen-Aktivierung, können also die Krebsentstehung fördern. Im Gegensatz zum bisherigen Verständnis, arbeitet die Genschere also nicht so präzise und vorausschaubar wie geplant. Die beobachteten Effekte werden daher als Off-Target-Effekte bezeichnet, also als unselektive Wirkungen an Nicht-Zielstrukturen. Dies wirft neue Sicherheitsfragen zu der Methodik auf.

Das Hauptproblem besteht laut Kevin Esvelt von der Harvard University in den durch die Schere verursachten Doppelstrangbrüche der DNA. Auf der Jahrestagung des Deutschen Ethikrats in Berlin wies er auf das Problem der Off-Target-Effekte hin. Weniger solcher Effekte zeigen sogenannte Basen-Editoren. Dabei werden punktgenau einzelne Basenpaare der DNA ausgetauscht. Durch diese Punktmutationen werden keine Doppelstrangbrüche ausgelöst, weshalb das Risiko geringer eingeschätzt wird. Außerdem kann das Verfahren auch bei RNA eingesetzt werden. Bei einigen genetisch bedingten Erkrankungen könnte dies zu neuen Therapieverfahren führen. Müssen allerdings größere Sequenzen verändert werden, kommt auch diese Methode an ihre Grenzen.

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: Ärzteblatt

×