Um eine Glastasse mit Espresso darin liegen einige Kaffeebohnen.
In Espresso steckt Koffein - doch nicht nur das! Wissenschaftler untersuchen das feine Zusammenspiel verschiedener Bitterstoffe. © limpido / iStock / Getty Images Plus

Espresso und Co. | Rezeptoren

BITTERSTOFFE IM KAFFEE KONKURRIEREN UM UNSERE REZEPTOREN

Wer Kaffee mag, mag auch bitter – und meint damit wahrscheinlich Koffein. Dabei sind im braunen Sud, der aus dem gerösteten Samen des Kaffeestrauches gewonnen wird, auch noch ganz andere medizinisch relevante Bitterstoffe enthalten.

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Mozambiozid, Bengalensol, Vafestol, Kahweol und Koffein, das sind die fünf Namen, die sich ein jeder Kaffeefan merken sollte, denn ihr unterschiedliches Zusammenspiel macht den Lieblingskaffee aus. Alle fünf Bitterstoffe wirken anregend, und deswegen trinkt man ihn ja meist. Zwei körpereigene Rezeptoren namens TAS2R46 und TAS2R43 sind dafür verantwortlich, dass wir auf sie reagieren. Das Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie und die Technische Universität München (TUM) untersuchten nun das molekulare Zusammenspiel zwischen Bitterstoffen und Bitterrezeptoren, denn das ist nicht nur für unsere Geschmackswahrnehmung relevant.

Koffein braucht übrigens die höchste Konzentration, damit unsere Rezeptoren in Fahrt kommen. Von den anderen sind nur vergleichsweise geringe Dosen nötig. So sei etwa im Vergleich zu Mosambiozid oder Bengalensol eine etwa 30- bis 300-fach höhere Koffein-Konzentration erforderlich, um den Bitterrezeptor TAS2R43 in gleichem Maß zu aktivieren, berichtet Tatjana Lang vom Leibniz-Institut. Dabei verhalten sich die Substanzen auch noch unterschiedlich. Kahweol aktiviert den Rezeptor nur schwach, dafür Mozambiozid umso stärker. Kahweol hat aber einen Trick auf Lager – es schwächt den Bittergeschmack ab, indem es effektivere Bitterstoffe (wie Mozambiozid) vom Rezeptor verdrängt. Dieser Effekt könnte bei filterlosen Kaffeezubereitungen wie Espresso oder türkischem Kaffee eine Rolle spielen, bei denen Kahweol ins Getränk gelangt, spekulierten die Wissenschaftler über diese spannende Frage weiter.

Doch damit nicht genug. „All unsere bisher gewonnenen Erkenntnisse weisen darauf hin, dass Bitterstoffe aus Kaffee relativ spezifisch zwei der 25 Bitterrezeptortypen aktivieren“, sagte Studienleiter Mark Behrens von der Arbeitsgruppe Taste Systems Reception & Biosignals. „Zudem wissen wir, dass sich beide Rezeptorarten nicht nur in Geschmackszellen finden. So findet sich der TAS2R43 auch im Magen und ist im Zusammenspiel mit Koffein an der Regulation der Magensäureausschüttung beteiligt. Nun stellt sich die Frage, welche Rolle Kaffeeinhaltsstoffe wie Bengalensol hierbei spielen, die den Rezeptor viel stärker aktivieren.“

Interessant findet der Forscher überdies, dass vielen Menschen der Bitterrezeptor TAS2R43 aufgrund einer Erbgutvariation fehlt – ein Umstand, der zu individuellen Unterschieden hinsichtlich der Geschmackswahrnehmung von Kaffee oder dessen Verträglichkeit beitragen könne. Es bestehe daher immer noch viel Forschungsbedarf, um das komplizierte Zusammenspiel von Bitterstoffen, Bitterrezeptoren sowie deren Effekte auf den menschlichen Organismus aufzuklären.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft

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