Steckbrief

BIOLOGICALS

Die biotechnologisch hergestellten Eiweißsubstanzen wirken gegen inflammatorische Botenstoffe wie Tumornekrosefaktor-alpha oder Interleukine. Sie unterbrechen das Entzündungsgeschehen bei Rheuma.

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Die Erkrankungen des rheumatoiden Formenkreises werden von entzündungsfördernden Transmittern des Immunsystems, den Zytokinen unterhalten. Zu den originalen Biologicals zählen die TNF-alpha-Antagonisten und andere, die entweder andere Zytokine oder deren Rezeptoren oder eine Hemmung der Leukozytenaktivierung zum Ziel haben. Sie sind indiziert zur Behandlung der schweren rheumatoiden Arthritis und der aktiven Psoriasis-Arthritis. Biologicals greifen in die Entzündungsprozesse ein, indem sie gezielt diese Botenstoffe abfangen oder die entsprechenden Rezeptoren an ihren Bindungsstellen besetzen oder abschirmen, sodass die Effekte von TNF-alpha oder Interleukinen unterbrochen werden.

Vertreter der Biologicals bei rheumatoiden Erkrankungen sind zum Beispiel Adalimumab, Etanercept, Infliximab, Golimumab und Certolizumab, die die durch TNF-alpha gesteuerte Prozesse hemmen. Weitere Antikörper haben andere Angriffspunkte, wie zum Beispiel Anakinra und Canakinumab gegen Interleukin-1, Tocilizumab gegen Interleukin-6 und Rituximab gegen B-Lymphozyten. Obwohl die Biologicals nun schon fast 20 Jahre auf dem Markt sind, fehlen Langzeitstudien, die die verschiedenen Substanzen untereinander vergleichen, sodass das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nur geringe Unterschiede in der Wirksamkeit zwischen den Biologicals bescheinigt.

Biologicals sind dann indiziert, wenn die üblichen Basismedikamente nicht ausreichend wirken, sowie bei schweren Verläufen oder wenn die konventionelle Basistherapie kontraindiziert ist. Es sind hochwirksame Substanzen, die nur von spezialisierten Rheumatologen verordnet werden. Der Wirkungseintritt kann rasch bereits nach zwei bis vier Wochen eintreten, weil die Entzündungsprozesse in der Signalkette unterbrochen werden. Unter der Therapie ist eine Linderung bis hin zur Remission der Erkrankung möglich. Biologicals werden eher bei Erwachsenen und nur bei schweren Krankheitsverläufen einer juvenilen idiopathischen Arthritis bei Kindern eingesetzt.

Die meisten der Biologicals werden zusammen mit Methotrexat verordnet. Tocilizumab kann sowohl direkt zu Neubeginn einer Biological-Therapie als auch für einen Wechsel innerhalb der Substanzgruppe verwendet werden. Verschiedene Biologicals werden nicht miteinander kombiniert, weil dann das Risiko für Neutropenien und schwerwiegende Infektionen ansteigt. Die Arzneistoffe werden teilweise als Infusion, zum Beispiel wie bei Tocilizumab oder subcutan, beispielsweise Adalimumab appliziert. Die Darreichungsintervalle variieren zwischen der täglichen, wöchentlichen bis zur monatlichen Gabe.

Nach etwa drei bis sechs Monaten sollte eine Bewertung der Therapie vorgenommen werden. Bei Wirkungslosigkeit wird die Therapie gewechselt oder abgebrochen. Gegenanzeigen sind schwere Infektionen sowie eine aktive Tuberkulose und Herzinsuffizienz NYHA III bis IV. Generell sollten vor dem Behandlungsbeginn schwere chronische Infektionen, wie zum Beispiel eine Hepatitis-B-Erkrankung ausgeschlossen werden. In Schwangerschaft und Stillzeit werden Biologicals aufgrund der unzureichenden Datenlage nicht angewendet.

Alle Biologicals greifen in die Prozesse des Immunsystems ein. Sie senken die Immunreaktion und so sollten Impfungen eher vor Beginn der Therapie durchgeführt werden, um die gewünschte Antikörperbildung nicht zu gefährden. Impfungen mit Lebendimpfstoffen sollten unter der Therapie generell vermieden werden. Typische Nebenwirkungen sind Schmerzen an der Einstichstelle, Kopfschmerzen, gastrointestinale Beschwerden sowie virale und bakterielle Infektionen der oberen Atemwege oder des Urogenitaltraktes. Ferner können Blutbildveränderungen auftreten, sodass regelmäßige Blutbildkontrollen sinnvoll sind. Das C-reaktive Protein (CRP) gilt als zuverlässiger Marker von Infektionen. Dieser normalisiert sich unter Tocilizumab und kann ein falsches diagnostisches Ergebnis vortäuschen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/2021 ab Seite 140.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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