Filmklappe © Fernando Gregory / 123rf.com
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Kino – Schon gesehen?

BENNY & JOON

Jeremiah S. Chechik gelang mit diesem Filmvon 1993 eine ungewöhnliche Mischung aus Drama und Komödie. Darin wird die Problematik von psychischen Erkrankungen vorsichtig und unverkrampft beleuchtet.

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Benny ist Joons (Mary Stuart Masterson) großer Bruder. Die beiden Geschwister leben zusammen unter einem Dach. Ihre Eltern sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen und so hat es sich ergeben, dass Benny als Elternersatz und Vormund für seine Schwester fungiert. Joon ist wunderschön, aber psychisch krank. Ihre Tage verbringt sie damit, darauf zu warten, dass Benny von seiner Arbeit in der Autowerkstatt heimkommt. Sie malt in der Zwischenzeit Bilder oder regelt mit Tischtennisschläger und Taucherbrille den Verkehr vor dem Haus.

Meist fühlt sie sich einsam, wie ein erwachsenes Kind in einer Welt von Vernünftigen. Viel zu oft geht sie ungehemmt ihren Impulsen nach, bekommt fürchterliche Wutanfälle und gerät immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt. Ihre Psychiaterin Dr. Garvey (Carol Christine Hilary Pounder) rät Benny daher, seine Schwester in ein Heim zu geben, doch das kommt für ihn nicht in Betracht. Er bewahrt sie vor einer Einweisung nach der anderen und tut einfach alles für Joon.

Eines Tages kippt das harmonische Zusammenleben der Geschwister: Beim Pokern lernt Joon den kauzigen Sam (Johnny Depp) kennen und bringt ihn kurzerhand mit nach Hause. Sam trägt einen altmodischen Hut, einen Anzug und spricht wenig. Trotzdem gelingt es ihm, Joon mit pantomimischen Zaubertricks und Rezitationen aus Horrorfilmen zu becircen. Die Außenseiter verlieben sich ineinander und Sam scheint Joon sogar gut zu tun. Die beiden unterschiedlichen Charaktere scheinen sich auf eine positive Art und Weise zu ergänzen.

Währenddessen lernt Benny Ruthie (Julianne Moore) kennen, die in einem nahegelegenen Café arbeitet. Zunächst freut er sich über den Kontakt von Sam und Joon, doch als er bemerkt, dass sich daraus eine ernste Liebe entwickelt, kommt es zum Konflikt: Benny bekommt es in Bezug auf die Verliebtheit seiner Schwester mit der Eifersucht zu tun, wird wütend und setzt Sam ohne Vorwarnung vor die Tür. Er ist nicht bereit dazu, nun auch noch für Joons Sexualleben Verantwortung zu tragen. Joon brennt daraufhin mit Sam durch, bekommt jedoch aufgrund der aufregenden Situation einen Nervenzusammenbruch und landet erst einmal in der Klinik.

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Sam und Benny machen sich nun große Sorgen um Joon und kommen sich darüber einander näher. Sam lernt Bennys Eifersucht und Angst um seine Schwester zu verstehen. Schließlich hecken die beiden einen Plan aus, wie sie Joon gemeinsam befreien können.

Mit Hilfe einer waghalsigen Kletterpartie von Sam schaffen sie es, Joon zurückzuholen. Benny gesteht dem Paar schließlich zu, gemeinsam eine Zukunft aufzubauen. Für ihn wird es nun erst einmal Zeit, sich um seine aussichtsreiche Verbindung zu Ruthie zu kümmern.

Abweichendes Verhalten Bei einer Neurose handelt es sich um eine allgemeine psychische Verhaltensstörung von längerer Dauer, die im Laufe der Entwicklung entsteht. Die Personen weisen keine Anzeichen einer Gehirnauffälligkeit auf, die Ursache des Leidens ist somit nicht organisch bedingt. Patienten verletzen keine grundlegenden gesellschaftlichen Normen, stehen jedoch unter einem subjektiven Leidensdruck und zeigen selbstschädigende Verhaltensweisen oder unangemessene Bewältigungsstrategien, über die sie keine Kontrolle haben.

An der Grenze zwischen krank und gesund Der Begriff Neurose basiert auf den Theorien der Psychoanalyse und wurde in den Klassifikationssystemen DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) und ICD-10 (International Classification of Diseases) durch deskriptiv neutrale Bezeichnungen ersetzt. Im DSM-IV ist von psychischen Störungen die Rede, während in der ICD-10 die Diagnosen unter die Bezeichnung „Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen“ fallen.

Aus verschiedenen Gründen wird der Ausdruck „Neurose“ heutzutage vermieden: Er lässt sich von einer Psychose und einem gesunden Verhalten nicht scharf abgrenzen. Außerdem beruht der Begriff auf der Psychoanalyse von Sigmund Freud und impliziert somit bestimmte theoretische Vorstellungen, die in anderen Richtungen der Psychologie nicht akzeptiert sind.

Verlust der Realität Psychotische Störungen ließen sich von Neurosen hinsichtlich des Schweregrades und der Art ihrer Merkmale abgrenzen. Man ging davon aus, dass psychotisches Verhalten stark von den gesellschaftlichen Normen abweicht und mit einer gravierenden Störung des rationalen Denkens und der Emotionen einhergeht.

Heutzutage fasst man unter einer Psychose verschiedene psychische Störungen zusammen, bei denen die Betroffenen an einem Realitätsverlust leiden. Bei dem vielfältigen Krankheitsbild haben Patienten typischerweise Wahnvorstellungen sowie erhebliche Denkstörungen. Zusätzlich treten Ängste, Einschränkungen des Antriebs oder sogenannte Ich-Störungen auf.

Zwei Arten Man unterteilt Psychosen in primäre und sekundäre Formen, die sich danach unterscheiden lassen, ob eine direkte Ursache feststellbar ist. Die häufigste primäre Psychose ist die Schizophrenie. Sie beschreibt keine einzelne, eng umschriebene Erkrankung, sondern ist ein Oberbegriff für eine Reihe von Störungen, die mit Veränderungen im Bereich der Wahrnehmung und des Denkens einhergehen. Menschen mit einer schizophrenen Erkrankung nehmen ihre Umwelt abweichend wahr, haben einen veränderten Gefühlsausdruck und ein spezielles emotionales Erleben.

In manchen Phasen ist ihr Denken ungeordnet und es kommt zu ungewöhnlichen sprachlichen Äußerungen. Bei sekundären Psychosen ist das Gehirn durch einen bestimmten Auslöser unmittelbar oder indirekt beeinträchtigt. Gründe hierfür sind beispielsweise organische Erkrankungen, Nebenwirkungen von Medikamenten oder der Konsum von Psychostimulanzien (wie Drogen oder Alkohol).

Effektive Hilfe Unabhängig von der Entstehung der Erkrankung lässt sich eine Psychose mit antipsychotischen Medikamenten (typische und atypische Antipsychotika) behandeln, sodass der Verlauf und die Prognose deutlich verbessert werden. Auch psychotherapeutische Verfahren leisten einen wichtigen Beitrag zur Krankheitsbewältigung und haben einen positiven Effekt auf den Verlauf.

ÜBERBLICK
In unserer Serie „Kino – Schon gesehen?“ stellen wir Ihnen demnächst folgende verfilmte Krankheitsthemen vor:
+ Durchgeknallt (Borderline)
+ Vertigo (Höhenangst)
+ Reine Nervensache (Panikattacken)

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/14 ab Seite 102.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin (FJS)

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