Wissenschaftler fanden in einer Studie heraus, dass Menschen, die miteinander befreundet sind, ihre Umwelt und neue Erfahrungen auf eine ähnliche Weise verarbeiten. © dolgachov / 123rf.com

Hirnforschung

BEI EINER FREUNDSCHAFT TICKEN AUCH DIE GEHIRNE GLEICH

Wenn man sich mal in seinem eigenen Freundeskreis umschaut, stellt man des Öfteren fest, dass die Menschen, mit denen man engere Beziehungen hat, einem in bestimmten Eigenschaften ähnlich sind. Wissenschaftler haben nun aber auch noch festgestellt, dass auch die Gehirne von befreundeten Menschen sich stark ähneln.

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Wie auch bereits durch Studien belegt, hat man in seinem engsten Freundeskreis in der Regel Menschen um sich, die einem ähneln. Dies betrifft meist Eigenschaften wie Alter und Geschichte, Hobbies, Vorlieben oder auch den kulturellen Hintergrund. In der Forschung wird dies als Homophilie, die Vorliebe für Gleiches bei Freunden bezeichnet. Carolyn Parkinson von der University of California in Los Angeles und ihre Kollegen sind der Ansicht, dass die Vielzahl der Belege dafür spricht, dass sich hinter Homophilie ein sehr altes Organisationsprinzip verbirgt. „Eventuell handelt es sich hierbei um eines der auffälligsten Merkmale menschlicher Gesellschaften. Menschliche soziale Netzwerke neigen dazu, überwältigend homophil zu sein“, so die Wissenschaftler.

Da sich Freunde ja bereits in einigen Bereichen ähnlich sind, war es für die Forscher nun auch interessant herauszufinden, ob es auf der Ebene der Gefühle, Wahrnehmung und auch der Gedanken Übereinstimmungen gibt. Seniorautorin Thalia Wheatley vom Dartmouth College ist der Ansicht, dass, wenn man wissen möchte, wie ein menschliches Gehirn arbeitet, man auch verstehen sollte, wie Gehirne zusammenarbeiten, sich also gegenseitig prägen. Um dies herauszufinden, wurden in einem Experiment 279 Studenten nach den sozialen Beziehungen zu ihren Studienkollegen befragt. Unter anderem wurde gefragt, mit wem die Studenten eng befreundet und mit wem eher nur oberflächlich bekannt sind. Aus der Vielzahl von Antworten bildeten die Wissenschaftler in einem ersten Schritt ein Netzwerk der Beziehungen unter den Probanden heraus.

Nun ging es mit dem eigentlichen Versuch weiter. Hierfür wurden 42 Studenten verschiedene Videoclips gezeigt. Inhalt dieser Videos waren unter anderem Ausschnitte aus Komödien, Dokumentationen, Musikvideos, Spielfilmen oder auch politischen Diskussionen. Mit diesen Filmausschnitten wollten die Wissenschaftler unterschiedlichste neuronale Reaktionen bei den Probanden hervorrufen. Während sich die Studenten die Filme ansahen, wurde mit Hilfe einer funktionellen Magnetresonanz-Tomografie (fMRT) ihre Hirnaktivität aufgezeichnet. In einem weiteren Schritt analysierten die Forscher nun für 80 verschiedene Hirnareale die jeweilige Aktivität auf den verschiedenen Videos und zogen einen Vergleich, ob sich die neuronalen Muster bei eng befreundeten Teilnehmern stärker ähnelten als bei oberflächlichen Bekanntschaften.

Das Ergebnis war auch für die Forscher durchaus überraschend, denn je enger die Probanden miteinander befreundet waren, desto ähnlicher waren auch die jeweiligen neuronalen Reaktionen auf die verschiedenen Videos. Zudem konnte die Forschergruppe feststellen, dass aufgrund der Ähnlichkeit in der Hirnaktivität auch die Wahrscheinlichkeit für eine enge Freundschaft deutlich zunahm, selbst dann, wenn die Wissenschaftler die Ähnlichkeiten in demografischen Merkmalen berücksichtigten oder nicht. Nun wollten die Forscher noch mehr herausfinden und starteten eine weitere Untersuchung. In diesem zweiten Experiment gelang es den Wissenschaftlern, ausschließlich anhand der Hirnaktivität die Nähe zweier Personen innerhalb eines sozialen Netzwerks gut vorherzusagen. In den Hirnarealen, die für die Verarbeitung von Gefühlen, Erinnerungen und für die Motivation und Lernen zuständig sind, gab es unter den Freunden eine große Übereinstimmung. Aber auch die Areale, die für die Sprachverarbeitung, die Aufmerksamkeit und übergeordnete Denkprozesse wichtig sind, wurde eine hohe Übereinstimmung festgestellt.

Parkinson und seine Kollegen kommen zu dem Schluss, dass man bei dieser Untersuchung von einer neuralen Homophilie sprechen kann. Das heißt, Menschen, die ähnlich ticken, sind miteinander befreundet. Mit welchen Gleichgesinnten man demnach befreundet ist, könnte also davon abhängen, wie ähnlich die neuronalen und kognitiven Prozessen sind. Lediglich der Bereich nach Ursache und Wirkung konnte mit dem Experiment nicht beantwortet werden. Das Forscherteam stellt allerdings die Vermutung auf, dass wenn bereits Ähnlichkeiten existieren, sich auch die Wahrscheinlichkeit erhöht, sich mit denjenigen anzufreunden.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: www.wissenschaft.de

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