Venenleiden
PTA-Fortbildung

Klappt’s oder klappt’s nicht?

Schwere, schmerzende Beine, Hautverfärbungen oder geschwollene, heiße Füße – welche Gemeinsamkeit ergibt sich trotz dieser unterschiedlichen Symptome? Auch bei Venenerkrankungen gelandet? Richtig! Und jetzt zu den Details.

17 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. Juli 2022

Operative Methoden Das Venenstripping gehört zu den minimal-invasiven Eingriffen, die unter Lokalanästhesie durchgeführt werden. Kranke Teile von Krampfadern lassen sich so entfernen und die gesunden Teile werden entlastet. Kurz: Das erkrankte Teilstück wird oben und unten einfach abgeschnitten und herausgezogen. Dazu wird eine flexible Sonde vom Chirurgen in das erkrankte Gefäß bis zur Verengung eingeführt und gelangt durch die Haut wieder heraus.

Das durchtrennte Teil der Krampfader wird daraufhin mithilfe der Sonde herausgezogen. Möglich ist auch die Verwendung einer Kältesonde, bei der die Krampfader an der Spezialsonde anfriert und sich somit ebenso problemlos entfernen lässt. Ebenfalls minimal-invasiv ist die Miniphlebektomie, bei der sich mit Hilfe eines häkchenartigen Instrumentes vorwiegend krankhafte Erweiterungen der Seitenäste von Stammvenen aus dem oberflächlichen Venensystem entfernen lassen.

Orale Venentherapeutika Die pflanzlichen Zubereitungen enthalten weitgehend Wirkstoffe aus den Gruppen der Saponine, Flavonoide und Gerbstoffe. Ihre Wirkungen sollen ödemprotektiv (Absenken der Kapillarmembrandurchlässigkeit), venentonisierend (Aktivierung der Muskeln in der Venenwand) und antiexsudativ, auch ödemprotektiv (Absenken des Ödemvolumens beziehungsweise vor Ödemen schützend) sein.

Phytopharmaka werden im Rahmen einer konservativen Venentherapie ergänzend eingesetzt. Die systemische Anwendung ist einer topischen vorzuziehen, da Topika ausschließlich traditionell und nicht evidenzbasiert angewendet werden. Die Vergleichbarkeit der einzelnen Präparate fällt nicht leicht, da nicht immer auf einen standardisierten Wirkstoff Bezug genommen wird. Möglich ist ihr Einsatz zur Dauer- und auch Intervalltherapie. Berücksichtigt werden muss, wie bei allen Phytopharmaka, dass die wirksamen Effekte erst nach etwa drei Wochen zu erwarten sind.

Am besten untersucht sind auf Aescin standardisierte Extrakte aus Rosskastaniensamen, Flavonoidderivate aus dem roten Weinrebenlaub sowie Rutin aus dem japanischen Schnurbaum. Die Samen und Samenschale der Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) enthalten Aescin, chemisch ein Triterpenglykosidgemisch mit dem Hauptbestandteil β-Aescin. Es ist im Arzneibuch monographiert und dient zur Standardisierung des Extraktes. Studien belegen die abdichtende Wirkung auf geschädigte Gefäßwände.

In der Folge tritt weniger Flüssigkeit aus den Venen in das Gewebe über, die Ödembildung wird vermindert und bereits vorhandene Ödeme bilden sich zurück. Dem standardisierten Extrakt von 250 bis 300 Milligramm (mg) entspricht eine zweimal tägliche Einnahme von 50 mg Aescin in retardierter Darreichungsform. Als unerwünschte Arzneimittelwirkungen stehen gastrointestinale Störungen (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall) ganz oben auf der Liste, deshalb ist die Retardtablette auch sehr von Vorteil.

Leider kommt es unter der Therapie häufig zu allergischen Hautreraktionen bis zur Ausbildung einer Urtikaria (Nesselsucht). Kontraindiziert sind Zubereitungen mit Aescin allerdings bei Nierenfunktionsstörungen und Niereninsuffizienz.

Der Extrakt aus den roten Weinrebenblättern (Vitis vinifera) enthält ein komplexes Flavonoid-Gemisch aus Quercetin- und Campherolglucosid beziehungsweise -glucuronid, das als standardisierter Gesamtextrakt den eigentlichen Wirkstoff darstellt. Zubereitungen mit einem definierten Extrakt aus rotem Weinlaub sollen einmal täglich unzerkaut vor dem Frühstück mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen werden, wobei eine Tagesdosis zwischen 360 bis 720 mg beträgt. Mehreren klinischen Studien zu Folge wirkt der Extrakt des roten Weinlaubes venenprotektiv, antiphlogistisch und ödemprotektiv.

Auch Rutin aus dem japanischen Schnurbaum (Sophora japonica), beziehungsweise Derivate des Rutins wie Oxerutin, gehören in die Flavonoidfamilie und können mit validem Studienmaterial aufwarten. Empfohlen wird eine Dosierung von zweimal 500 mg Oxerutin täglich, wobei Filmtabletten unzerkaut während oder nach einer Mahlzeit eingenommen werden sollen. Schwieriger fällt die Beurteilung von Präparaten wie Mäusedornwurzelstock, Steinkleekraut (Melilotus officinalis) oder Buchweizenkraut. Hier ist die verfügbare Datenlage noch wirklich dünn, weswegen sie eher traditionelle Verwendung finden.

Beim Mäusedornwurzelstock (Ruscus aculeatus) wird das unterirdische Rhizom zur Extraktgewinnung verwendet. Als wirksame Bestandteile sind die Ruscogenine enthalten, die in isolierter Form als standardisierte Extrakte zur Verfügung stehen. Der Extrakt aus Steinkleekraut (Melilotus officinalis) enthält neben Melilotin auch Cumarinderivate, die in ihrer Wirkung bei CVI als eher unbefriedigend eingestuft wurden. Leider ist der Einsatz von Phytopharmaka für Schwangere aus Mangel an Studienergebnissen keine Option.

Der kleine Unterschied Nicht verwechselt werden dürfen medizinische Kom­pressionsstrümpfe und Kompressionsverbände mit Stütz­ beziehungs­weise Reisestrümpfen, da diese einen wesentlich geringeren Druck aus­ üben. Sie werden nicht zur Therapie von Venenerkrankungen getragen, sondern zur Vorbeu­gung von Beschwerden wie schweren, müden Beinen.

Stützstrümpfe leisten hierbei venengesunden Menschen zum Beispiel während längerer Flugreisen und Autofahrten gute Dienste. Abzugrenzen sind klas­sische Hilfsmittel für die Kompressionstherapie auch von Anti­-Throm­bose-Strümpfen. Diese werden in Krankenhäu­sern und Pflegeeinrich­tungen von bettlägerigen und frisch operierten Patienten zur Thromboseprophylaxe im Liegen getragen.

Venengymnastik für alle Zehn Minuten – das ist alles an Zeit, was für ein kleines Trainingsprogramm für die Venen nötig ist. Manchmal belächelt, zeigt sich jedoch bei regelmäßiger Übung, dass die körpereigene Venen-Muskel-Pumpe in ihrer Funktion unterstützt und damit der Rückfluss des Blutes zum Herzen effektiv verbessert werden kann.

Zusätzliche Effekte stellen sich ebenfalls ein – nicht nur die persönliche Beweglichkeit erhöht sich, sondern das gesamte Wohlbefinden kann gesteigert werden. Zum Training gehören mindestens vier leichte Übungen, die sich ganz einfach in den Alltag eingebauen lassen. Die erste Übung wird im Stehen durchgeführt und zirka 20-mal wiederholt: Die Beine stehen parallel – nun abwechselnd auf die Zehenspitzen stellen und wieder langsam abrollen.

Im Sitzen geht’s weiter: Fußkreisen, Zehenspitzen anziehen oder Fußwippen, wobei abwechselnd Ferse und Zehenspitze hochgezogen werden, runden das einfache, aber sehr effektive Programm ab. Auch in der Schwangerschaft kann die Venengymnastik angewendet werden.

Alternative Homöopathie

Auf der Liste der homöopathischen Zube­reitungen werden Extraktionen von Carduus marianus (Mariendistel), Aesculus (Rosskas­ tanie), Acidum hydrofluoricum (Flusssäure), Melilotus officinalis und Flor de piedra (Steinblüte) erwähnt, die in verschiedenen Potenzen zur Verfügung stehen.

Venenmessaktion in der Apotheke Um auf das Thema Venenerkrankungen aufmerksam zu machen, können Sie in der Apotheke eine „Venenwoche“ organisieren. Einige Firmen bieten Materialien und Ausleihgeräte zur Vermessung der Venen an. Die Messungen werden mit einem Gerät auf Basis von Infrarotlicht durchgeführt. Die Licht-Reflexions-Rheografie (LRR) ermöglicht es, Erkrankungen der Venenklappen frühzeitig zu erkennen.

Dabei wird die Zeit gemessen, in der sich die Venen nach einer Muskelaktivität wieder mit Blutfüllen. Gibt es einen Defekt in der Venenklappe, fließt das Blut wieder zurück, das zuvor durch die Muskelleistung in Richtung des Herzens transportiert wurde. Je schneller das Blut zurück in die Venen fließt, desto wahrscheinlicher ist eine Veneninsuffizienz.

Diese Messungen sollen eher ein Screeningverfahren sein, mit dem Risikopatienten identifiziert und zum Arzt geschickt werden können. Sie ersetzen selbstverständlich nicht die Diagnosestellung durch einen Phlebologen.


Bärbel Meißner, Apothekerin


Die Autorin versichert, dass keine Interessenkonflikte im Sinne von finanziellen oder persönlichen Beziehungen zu Dritten bestehen, die von den Inhalten dieser Fortbildung positiv oder negativ betroffen sein könnten.

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