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Krebs

ZERSTÖREN ODER KONTROLLIEREN – TEIL 2

Die verschiedenen zur Verfügung stehenden Therapien in der Krebsbehandlung zielen darauf ab, das Tumorgewebe möglichst komplett zu entfernen und/oder zu eliminieren.

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Ärzte planen je nach Tumorcharakteristika und Allgemeinzustand des Patienten entweder eine Therapie, die in kurativer Absicht, das heißt, mit dem Ziel der Heilung, durchgeführt wird, oder streben eine Palliation, das heißt, die Linderung der Leiden, an. Dieser Weg wird eingeschlagen, wenn beispielsweise der Tumor ein Organ so stark befallen hat oder gar über Organgrenzen hinweg wuchert, dass er nicht mehr operabel ist oder die Krebszellen bereits stark gestreut haben.

In solchen Fällen wählt man möglichst nicht zu sehr belastende Methoden, um dem Patienten zusätzliches Leid beziehungsweise Risiken durch Nebenwirkungen zu ersparen. Welche Behandlungsform und -intensität am besten geeignet ist, wird vor allem in Abhängigkeit vom Tumorstadium entschieden.

DAS KONZEPT DES WÄCHTER-LYMPHKNOTENS
Da die chirurgische Entfernung sämtlicher Lymphknoten der betroffenen Lymphregion oft mit erheblichen Problemen wie schmerzhaften Lymphödemen verbunden ist, wird heute in der Regel zunächst der so genannte Sentinel- oder Wächter-Lymphknoten identifiziert, entnommen und untersucht. So wird jeweils der erste Lymphknoten im Abflussgebiet der Lymphe aus dem betreffenden Organ bezeichnet. Ist er negativ, also tumorfrei, kann man dem Patienten die belastende komplette „Ausräumung” beispielsweise der Leiste oder der Achsel ersparen.

Tumorstadium und Differenzierungsgrad In die Stadienbestimmung, das Staging, fließt ein, wie weit sich der Tumor schon im Körper ausgebreitet hat. Neben der Größe des Primärtumors sind vor allem der Befall der Lymphknoten sowie das Vorhandensein von Metastasen wichtige prognostische Faktoren. Weitere wichtige Informationen über den Krebs liefert das Grading, die mikroskopische Beurteilung des Differenzierungsgrads der Zellen, wobei Grad 1 (G1) bedeutet „gut differenziert”, das Tumorgewebe ist dem Ursprungsgewebe noch relativ ähnlich, G4 dagegen „undifferenziert”. Je höher die Ziffer, umso bösartiger ist der Krebs meist.

Stahl, Strahl und Chemo Bei soliden Tumoren steht am Anfang in der Regel die Operation. Die Schnittränder des entnommenen Materials werden histologisch genau geprüft, um auszuschließen, dass sich dort noch Tumorzellen befinden. Prinzipiell sollten auch befallene Lymphknoten entfernt werden. Bei der Strahlentherapie nutzt man die Tatsache, dass Tumoren strahlenempfindlicher sind als das umgebende Gewebe. Durch zielgenaue Lenkung des Strahlengangs gelingt es, gesundes Gewebe weitgehend zu schonen. Normale Zellen sind besser in der Lage, Schäden zu reparieren als Tumorzellen.

Durch fraktionierte Bestrahlung, also viele Einzelsitzungen, in denen relativ kleine Dosen gegeben werden, und mehrstündige Intervalle, gibt man ihnen die Möglichkeit zur Erholung. Die Chemotherapie soll in erster Linie eventuell verbliebene Krebszellen zerstören. Als systemisches Verfahren wirkt sie überall im Körper und trifft damit auch bereits gestreute Metastasen. Da sie unterstützend zur chirurgischen Entfernung wirken soll, spricht man von einer adjuvanten Therapie.

Wird die Medikation als erste Maßnahme eingesetzt, bevor operiert wird, handelt es sich um eine neoadjuvante Chemotherapie. Man nutzt dabei die Chance, den Tumor zunächst zu verkleinern, was den Eingriff vereinfachen kann. Meist werden Zytostatika kombiniert (Polychemotherapie) und in mehreren Zyklen gegeben. So versucht man, eine möglichst starke Wirkung bei möglichst geringen Nebeneffekten zu erzielen; der Körper soll zwischenzeitlich Pausen zur Regeneration erhalten.

Tumorspezifischer molekularbiologischer Ansatz Von der klassischen Chemotherapie unterscheidet man Therapien, die gezielter wirken (Targeted Therapy): Dies sind beispielsweise monoklonale Antikörper oder so genannte „small molecules”, die an Strukturen oder Prozessen angreifen, die (mit) verantwortlich für das Krebswachstum sind. Diese Stoffe hemmen beispielsweise die Übertragung von Wachstumssignalen in Krebszellen. Oder sie blockieren die Neubildung von Blutgefäßen, wodurch der Tumor „ausgehungert” werden soll (Antiangiogenese).

Ein Beispiel dafür ist der Angiogenesehemmer Bevacizumab. Ein weiterer Vertreter dieser Medikamentenklasse ist der Antikörper Trastuzumab, der den Wachstumsrezeptor HER2 blockiert. HER2 wird zum Beispiel bei einem Teil der Mammakarzinome verstärkt durch die Krebszellen gebildet, oder auch beim Magenkarzinom. Diese Therapeutika sind zwar gegen Angriffspunkte gerichtet, die hauptsächlich in Tumorzellen vorkommen, dennoch kann auch der Zellstoffwechsel in gesunden Geweben durch sie beeinträchtigt werden. Insbesondere unangenehme bis quälende Veränderungen an Haut oder Nägeln kommen vor.

Anti-Hormontherapie und Immuntherapie Durch Erstere schaltet man bei Krebserkrankungen der Brust oder der Prostata einen wichtigen Wachstumsreiz aus – sofern Hormonrezeptoren auf den Tumorzellen nachweisbar sind. Beim Estrogenrezeptor-positiven Mammakarzinom beispielsweise wird je nach Menopausenstatus über mehrere Jahre entweder ein Anti-Estrogen verschrieben, das die spezifischen Rezeptoren blockiert (wie Tamoxifen), oder Aromatase-Inhibitoren, welche die Synthese von Estrogen unterbinden (wie Anastrozol). Nebenwirkungen sind hier oft die typischen Wechseljahresbeschwerden.

Komplementärmedizinische Maßnahmen Weisen Sie Patienten darauf hin, grundsätzlich jede Supplementierung auch mit naturheilkundlichen oder pflanzlichen Präparaten vorab mit dem behandelnden Arzt abzusprechen: Interaktionen können hier kritisch sein, wenn dadurch die Wirkung einer Krebstherapie vermindert wird. Umgekehrt kann es sich ebenfalls ungünstig auswirken, wenn die Begleitmedikation den Wirkspiegel eines Chemotherapeutikums erhöht und schwerere Nebenwirkungen auftreten.

Von der gezielten, regelmäßigen Einnahme sekundärer Pflanzenstoffe aus der Sojabohne oder aus Rotklee (Isoflavone) in isolierter Form und hoher Dosierung wird bei hormonabhängigen Tumoren (Brustkrebs) abgeraten, da noch nicht geklärt ist, ob die Phytoestrogene nicht die Wirksamkeit der Therapie mindern.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/12 ab Seite 102.

Waltraud Paukstadt, Dipl. Biologin

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