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Ohr

WUNDERWERK HÖREN

Anregende Gespräche führen, bei Spaziergängen dem Vogelgezwitscher lauschen oder Musik hören – all das macht unser Ohr möglich. Erst wenn die Hörfähigkeit eingeschränkt ist, wird uns bewusst, was uns dadurch an Lebensqualität verloren geht.

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Schall ist der passende Reiz für das Hören. Schallwellen werden anhand der Frequenz und der Amplitude (Differenz zwischen maximalen und minimalen Druck) beschrieben. Der so genannte Schalldruckpegel wurde entwickelt, um den menschlichen Hörbereich in Zahlen ausdrücken zu können. Die Größe wird in der Einheit Dezibel (db) angegeben. Ein Gespräch entspricht beispielsweise einem Pegel von 60. Ab 140 Dezibel beginnen Geräusche zu schmerzen.

Aufbau Das Ohr wird in drei Bereiche eingeteilt: das Außen-, das Mittel- und das Innenohr. Ersteres besteht aus der Ohrmuschel und reicht bis zum Trommelfell. Hier beginnt das Mittelohr mit den drei Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel. Der Hammer ist mit dem Trommelfell verbunden, daran schließt der Amboss, wo wiederum der Steigbügel aufsetzt. Dieser endet am so genannten ovalen Fenster.

ORIENTIERUNG
Die Ortung von Schall im Raum geschieht durch verschiedene Prinzipien:
+ Intensitätsunterschiede zwischen beiden Ohren
+ Laufzeitunterschiede zwischen beiden Ohren
+ Die Verzerrungen durch die Gestalt der Ohrmuschel werden analysiert. Sie unterscheiden sich  
   durch die Lage der Geräuschquelle zum Ohr.

Dort beginnt das Innenohr. Die Gehörknöchelchen leiten Schallwellen, die auf das Trommelfell treffen, an das Innenohr weiter. Es besteht aus dem Gleichgewichtsorgan (Vestibularorgan) und dem Hörorgan (Hörschnecke, med.: Kochlea). Zusammen bilden diese beiden das so genannte Labyrinth. Das Gleichgewichtsorgan besteht aus drei Bogengängen und zwei Makulaorganen. Letztere erfassen die Informationen über die Lage und die Bewegung im Raum.

Die Bogengänge nehmen Informationen über Drehbewegungen des Kopfes auf. Reize werden über Auslenkungen ihrer Haarzellen und über Flüssigkeitsbewegungen aufgenommen. Die Haarzellen sind mit den Nervenzellen des Vestibularnervs verbunden. Von dort aus werden die Reize zu den unterschiedlichen Bereichen des Gehirns weitergeleitet.

Weiter ab der Schnecke Bei der Kochlea handelt es sich um einen eingerollten Schlauch mit zwei Gängen, die Flüssigkeit enthalten. In der Mitte der Gänge liegt die kochleäre Trennwand, in der sich ein weiterer Gang befindet, an den die Basilarmembran mit Corti-Organ grenzt. Dieses besteht aus Haarzellen mit feinen Härchen.

Trifft ein Reiz ein, lenken die Stereozilien der Haarzellen aus. Die Informationen wandern dann über Fasern des Hörnervs in das verlängerte Rückenmark (Medulla oblongata). Von dort gelangen sie über verschiedene Stationen in die Hörrinden des Gehirns, wo die Reize verarbeitet werden. Ein Beispiel ist das Wernickezentrum, welches in der sekundären Hörrinde liegt. Dort sind entscheidende Prozesse für das Sprachverständnis lokalisiert.

Mittelohrentzündung Die häufigste Erkrankung ist die Otitis media. Es handelt sich meist um eine Entzündung der Schleimhaut in der Paukenhöhle, ein luftgefüllter Hohlraum des Mittelohrs. Die Krankheit kann durch Viren, Streptokokken, Pneumokokken oder Staphylokokken ausgelöst werden. Symptome sind Ohrenschmerzen, Fieber und Schwerhörigkeit. Mittelohrentzündungen können Begleiterscheinungen von anderen Erkrankungen wie beispielsweise Grippe sein. Als Komplikationen treten in seltenen Fällen Hirnhautentzündungen auf.

Menière-Krankheit Ist die Signalübertragung an den Haarzellen des vestibulären Labyrinths gestört, kann es zur Menière-Krankheit kommen. Symptome sind Schwindelanfälle, die häufig gemeinsam mit Übelkeit und Erbrechen erscheinen. In manchen Fällen treten begleitend eine Verminderung der Hörfähigkeit oder ein Tinnitus (Ohrgeräusche) auf. Die Dauer dieser Attacken beträgt zwischen wenigen Minuten und mehreren Stunden.

Stress begünstigt die Anfälle der Menière-Erkrankung. Die genauen Ursachen sind jedoch nicht geklärt. Man vermutet eine Störung der Endolymphe (die Flüssigkeit, die sich im Inneren des Labyrinths befindet), welche eine funktionelle Einschränkung der Haarzellen zur Folge hat. Eine pharmakologische Therapie gibt es nicht. Entwässernde Substanzen sind gelegentlich erfolgreich. Ist das Volumen der Endolymphe chronisch erhöht, kann ein chirurgischer Eingriff Abhilfe schaffen.

Bewegungserkrankungen Befindet man sich auf einem Schiff auf hoher See, registriert das Innenohr die Bewegungen des Körpers, der sich denen des Schiffs anpasst. Die Augen der betroffenen Person sehen jedoch eine stabile Szene, da sich die Kabine ebenfalls beim Seegang auf und ab bewegt. Durch diese ambivalenten Informationen wird das Gehirn verwirrt und aktiviert die Produktion des Hormons Vasopressin und der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin. Die Kontraktion der Magenmuskeln wird dadurch beschleunigt, was zu Symptomen wie Übelkeit und Erbrechen führt. Die Seekrankheit klingt von alleine wieder ab. Die Wirkstoffe Scopolamin, Flunarizin sowie verschiedene Antihistaminika schaffen Abhilfe.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/12 ab Seite 82.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin (FJS)

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