Lerrer Luftballon © Ilya_Starikov / iStock / Getty Images
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Erektile Dysfunktion

WENN EIN MANN NICHT KANN

Oft tut sich das starke Geschlecht schwer, über ein Tabuthema wie Potenzstörungen zu sprechen. Doch Abwarten kann lebensgefährlich sein, denn die Problematik deutet auf verschiedene Erkrankungen hin.

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Die Beratung rund um das Thema erektile Dysfunktion kann für PTA und Apotheker eine Herausforderung im Apothekenalltag sein, denn welcher Mann spricht schon gerne darüber, wenn es im Bett nicht mehr klappt? Und mangelnde Potenz ist nicht nur ein schambesetztes Thema, sondern auch eng mit dem Selbstwertgefühl des Mannes verknüpft. Diskretion im Umgang mit den Kunden ist daher von herausragender Bedeutung.

Das Schweigen der Männer Definitionsgemäß handelt es sich bei Impotenz um das Unvermögen, eine Erektion zu erreichen und aufrechtzuerhalten. Man geht von einer erektilen Dysfunktion (ED) aus, wenn der Mann in mehr als zwei Dritteln aller Fälle keine ausreichende Erektion für den Geschlechtsverkehr bekommt. Bestehen die Beschwerden über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten, ist es ratsam, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Mehrphasiger Prozess Durch Fantasien, optische und akustische Reize oder durch Berührungen kann eine Erektion hervorgerufen werden. Dieser Vorgang ist äußerst komplex und besteht aus verschiedenen Phasen: In der Ruhephase ist der arterielle und venöse Blutfluss gering. Dies ändert sich in der folgenden Füllungsphase, indem durch die Relaxation der zuführenden Arterien die Durchblutung erhöht wird. Hinzu kommt, dass sich die glatte Muskulatur des Penis entspannt und sich das Penisvolumen erhöht. In der Tumeszenzphase entsteht ein Druck, der die Venen komprimiert und den venösen Abfluss verhindert. Der Druck im Schwellkörper wird normalerweise weiter aufrechterhalten (Rigiditätsphase). Schließlich erschlafft der Penis in der Detumeszenzphase, indem die abklingende Kompression der Venen den venösen Abfluss erleichtert und der reduzierte arterielle Einstrom zum Druckabbau führt.

Alarmzeichen ernst nehmen! Hinter einer erektilen Dysfunktion stecken entweder physische oder psychische Ursachen. Neben Stress, Erfolgsdruck, Konflikten oder Beziehungsproblemen schränken mitunter auch körperliche Ursachen das Liebesvergnügen ein. Das sexuelle Unvermögen stellt auch ein wichtiges Frühwarnsystem dar, wenn es etwa um Herz-Kreislauf-Erkrankungen geht. Unter anderem können Diabetes Typ 2, Herzinfarkte, Schlaganfälle oder ein Ungleichgewicht im Fettstoffwechsel mit Erektionsproblemen in Verbindung stehen. Hormonstörungen, wie eine zu geringe Produktion von Testosteron, gehen unter Umständen ebenfalls mit Erektionsstörungen einher.

Risikofaktoren sind zum Beispiel Übergewicht, Rauchen, ein hoher Alkoholkonsum sowie das fortgeschrittene Lebensalter. Ferner kann die Funktionsstörung als Begleiterscheinung einiger Medikamente wie Neuroleptika, Antiandrogenen, Antidepressiva, Diuretika oder Herz-Kreislauf-Mitteln auftreten. Hinter der erektilen Dysfunktion können ebenso psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Psychosen stecken. Doch auch bei gesunden Menschen treten während des Geschlechtsakt möglicherweise bestimmte Denkmuster auf, die eine Sympathikus-Überaktivität und somit eine Blockade hervorrufen.

Zwei Arten Potenzstörung äußern sich auf unterschiedliche Weise: Die Impotentia coeundi ist dadurch gekennzeichnet, dass sich das Glied für den Geschlechtsakt aufgrund mangelnder Steifheit nicht eignet und der Mann Schwierigkeiten hat, einen Samenerguss zu bekommen. Bei der Impotentia generandi können mangels Spermien keine Kinder gezeugt werden, Erektionsprobleme bestehen bei dieser Variante nicht.

Diagnostik vor Therapie Der Arzt erhebt bei dem Verdacht auf eine erektile Dysfunktion zunächst eine gründliche Sexualanamnese und befragt den Patienten zu verschiedenen Risikofaktoren, die als Auslöser der Potenzstörung in Betracht kommen. Im Rahmen der körperlichen Untersuchung beurteilt er Veränderungen der Prostata und des Genitals, die Bindegewebsstränge im Bereich der Schwellkörper sowie das Volumen der Hoden. Durch eine Ultraschalluntersuchung lassen sich die Blutgefäße kontrollieren.

Auch verschiedene Blutwerte werden untersucht, darunter die Hormone Testosteron und Prolaktin, die Schilddrüsenhormone, Blutfettwerte, Cholesterin, Glukose und das prostataspezifische Antigen. Mit Hilfe einer NPTR-Messung (nächtliche penile Tumeszenz- und Rigiditätsmessung) können nächtliche Erektionen aufgezeichnet werden, die bei einem gesunden Mann drei bis sechs Mal pro Nacht für etwa zehn Minuten stattfinden. Die Durchblutungsfähigkeit des Gliedes überprüft der Arzt durch den Schwellkörperinjektionstest, indem er gefäßerweiternde Prostaglandine in die Schwellkörper appliziert.

Standhaft bleiben Erektionsstörungen können mit Phosphodiesterase-Typ-5-Hemmern, wie den verschreibungspflichtigen Wirkstoffen Sildenafil, Tadalafil und Vardenafil behandelt werden. Das Wirkprinzip beruht auf einer Blockade des Enzyms PDE-5, wodurch der Abbau des cyclischen Guanosinmonophoshat (cGMP), einer Substanz, die unter anderem bei sexueller Erregung entsteht, gehemmt wird. Folglich entspannt sich die glatte Muskulatur, das Blut fließt wieder in die Schwellkörper und der Penis kann sich versteifen.

Der Wirkstoff Apomorphin wurde früher gegen Impotenz verordnet: Der Dopamin-D2-Agonist stimuliert die für das Zustandekommen der Erektion verantwortlichen Regionen im ZNS und förderte auf diese Weise die Reaktionen auf erogene Stimuli. Allerdings stellte das Arzneimittel nur ein kurzes Intermezzo auf dem deutschen Markt dar und wurde aufgrund zu geringer Marktanteile zurückgezogen. Das Prostaglandin Alprostadil ist ein Wirkstoff, der über eine Injektion in den Schwellkörper des Penis appliziert wird und dort lokal wirkt. Testosteronhaltige Medikamente sind indiziert, wenn die Störung auf einem hormonellen Ungleichgewicht beruht.

Manche Kunden setzen auf homöopathische Mittel wie Acidum phosphoricum oder Vitex Agnus castus. Die lokale Vakuumtherapie gehört ebenfalls zu den Maßnahmen der Bekämpfung einer erektilen Dysfunktion. Die Penispumpe wird über das Glied gestülpt, erzeugt dort einen Unterdruck mit Hilfe einer Handpumpe, sodass durch die passive Befüllung des Schwellkörpers eine Erektion entsteht. Sind die Probleme psychischen Ursprungs, hilft meist eine Sexualtherapie, die zusammen mit dem Partner oder der Partnerin angegangen wird.

Längeres Vergnügen Es gibt auch ein Spray mit den Wirkstoffen Lidocain und Prilocain zur Behandlung von lebenslanger vorzeitiger Ejakulation bei erwachsenen Männern. Bei den Substanzen handelt es sich um lokale Betäubungsmittel, welche die Signalübertragung in den Nerven reversibel blockieren. Dadurch reduziert die Arzneistoffkombination die Sensibilität der Eichel, sodass sich die Zeit bis zum Samenerguss verlängert. Vor dem Geschlechtsverkehr werden drei Sprühstöße des Sprays auf die Eichel appliziert.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/18 ab Seite 96.

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin

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